Weiße Taube am Himmel

Brauchtum in Ostbayern: am Auffahrtstag

Wassergüsse und fliegendes Fleisch an Himmelfahrt


Regensburg, 28. Mai 2025

Genau 40 Tage nach Ostern – also an einem Donnerstag – wird in der katholischen Kirche das Fest Christi Himmelfahrt gefeiert. Die Menschen in Bayern liebten es, das biblische Geschehen an Festtagen möglichst anschaulich darzustellen.

In dieser Vorliebe liegt der Ursprung der Karfreitagsprozessionen, der Palmeselumzüge oder der Passionsspiele. Doch kein Fest verdeutlicht das Bemühen, die biblische Geschichte „begreiflich“ zu machen, so anschaulich wie Christi Himmelfahrt.

Blumen und Backwerk

Noch heute ist in vielen Kirchen im Deckengewölbe eine Öffnung zu sehen, das sogenannte Heilig-Geist-Loch. Hier versuchte man, die Himmelfahrt Christi realistisch nachzustellen. Durch dieses Loch wurde mancherorts am Himmelfahrtstag unter Orgelklängen eine Christusfigur in das Gewölbe hinaufgezogen. Sobald die Figur den Blicken der Gläubigen entschwunden war, regnete es Blumen, Heiligenbildchen und manchmal sogar Backwerk von der Kirchendecke. Natürlich war es nach diesem Spektakel vorbei mit der nötigen Andacht. Die Kinder stürzten sich auf Bilder und Gebäck, die Erwachsenen sammelten eifrig Blumen vom Kirchenboden auf. Sie wurden mit nach Hause genommen und sollten Haus und Hof vor Blitzschlag schützen. Vereinzelt wurden sogar künstliche Gewitter erzeugt und kräftige Wassergüsse auf die Gottesdienstbesucher herabgeschüttet. 

Der Auffahrtstag

Wie so oft in früherer Zeit lagen auch am Himmelfahrtstag Glaube und Aberglaube eng beieinander. Die Blicke der Bauern verfolgten gespannt den hinaufschwebenden Christus. Denn wohin die Figur zuletzt schaute, von dort würden im Sommer die schweren Gewitter kommen. Am Himmelfahrtstag durften keine eisernen Ackergeräte auf dem Feld stehen, denn sie würden für das ganze Jahr Blitz und Unwetter anziehen. Weit verbreitet war auch die Angst vor Gewittern am „Auffahrtstag“ selbst. „Der Himmel öffnet sich bei der Auffahrt Christi“, hieß es in der Oberpfalz. Deshalb wurde hier aus Angst vor einem Blitzschlag an diesem Tag nicht im Freien gearbeitet und man vermied es, über eine Brücke zu gehen. 

Auffahrts- und Brotvögel

Dass die Schriften der Bibel früher recht wörtlich genommen wurden, zeigt auch der alte Brauch, am Himmelfahrtstag nur „fliegendes Fleisch“ auf den Tisch zu bringen. Das waren in erster Linie Hühner, Gänse und vor allem Tauben. Sie sollten die Auffahrt des Herrn symbolisieren, aus diesem Grund hießen sie auch Auffahrts- oder Himmelfahrtsvögel. Wer sich kein Geflügel leisten konnte, der behalf sich mit „Brotvögeln“, vogelartig geformten Brotlaiben, die aus einem mit Rosinen gespickten Teig hergestellt wurden. Oder es gab die sogenannten falschen Tauben – mit Fleisch gefüllte Semmeln oder in Brotteig eingebackene Fleischknödel.

Mit dem Himmelfahrtstag sind auch einige Wetterregeln verbunden: „Am Himmelfahrtstag kommen die Gewitter zurück“ oder „Wie das Wetter am Himmelfahrtstag, so der ganze Herbst sein mag“ und  „Wie Christus in den Himmel fährt, zehn Sonntag so das Wetter währt“.

Text: Judith Kumpfmüller

Weitere Infos

Mehr Beiträge aus der Reihe Brauchtum und Geschichte in Ostbayern



Nachrichten