Rehburg, 26. August 2022
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat sich kritisch zu einem im Verlag der Deutschen Bibelgesellschaft erschienenen Buch geäußert. Voderholzer sprach am 12. August auf dem 9. Ökumenischen Bekenntniskongress der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften (IKBG). Der Kongress tagte in der Evangelischen Akademie Loccum (Rehburg-Loccum) und stand unter dem Thema „Die Frage nach der Wahrheit und nach Christus im 21. Jahrhundert“.
Das ursprünglich 2011 in den USA veröffentlichte Buch trägt in der deutschen Übersetzung den Titel „Das Neue Testament: Jüdisch erklärt“. In dem Vorwort heißt es: „Jüdische Bibelwissenschaft und christliche Bibelwissenschaft begegnen sich heute auf der Ebene von Personen und Sachfragen, die frei ist von konfessionellen Zwängen. Die wissenschaftliche Methodik der Bibelexegese ist inzwischen konfessionsübergreifend. Unterschiede in der Auslegung verlaufen nicht mehr entlang den Grenzen einer Religion, sondern haben sachlich bedingte Ursachen, die sich aufgrund unterschiedlicher philologischer oder historischer Erkenntnisse quer zu den Religionsgemeinschaften ergeben.“ Voderholzer betonte, dass das Interesse jüdischer Autoren an Jesus vielen Christen geholfen habe, den jüdischen Hintergrund Jesu wahrzunehmen sowie die „Spannungseinheit“ vom Alten und Neuen Testament neu zu bedenken.
Religionspluralismus bildete den Rahmen
Die jüdischen Sichtweisen hätten aber ihre Grenzen dort, wo es um das Bekenntnis gehe – „also um die Frage, wer dieser Jesus aus Nazareth nun wirklich war und ist“. Und da zeige sich, wie problematisch die hermeneutische Grundausrichtung – die Biblische Hermeneutik bezeichnet die Wissenschaft vom Verstehen biblischer Texte – des bei der Deutschen Bibelgesellschaft erschienenen Buches sei.
Die zuvor zitierte Einleitung zeige, dass ein Religionspluralismus den Rahmen für hermeneutische Vorentscheidungen gebildet habe. Vor dem Hintergrund kritisierte Voderholzer den Gebrauch des Begriffes „Konfession“ im Vorwort: Ihm zufolge verschwindet die Unterscheidung zwischen dem interreligiösen Dialog auf der einen Seite und den ökumenischen Bemühungen um die Wiedergewinnung der Einheit der Kirche auf der Basis des gemeinsamen Christusbekenntnisses auf der anderen Seite.
Ferner äußerte er sich kritisch zu der Formulierung „frei von konfessionellen Zwängen“. Voderholzer: „Die Konfession, das Bekenntnis, stellt also eine Fessel da, die uns scheinbar hindert, der Wahrheit auf die Spur zu kommen.“ Grundsätzlich sei dieser im Rahmen der pluralistischen Religionstheorie vertretene Relativismus weit verbreitet und nicht nur im evangelischen Bereich, sondern auch an katholischen theologischen Fakultäten anzutreffen, betonte Voderholzer.
An dem viertägigen IKBG-Treffen in der Evangelischen Akademie Loccum nahmen 80 Besucher aus fünf Ländern teil. Die IKBG ist nach eigenen Angaben ein weltweiter Zusammenschluss von Christen verschiedener Konfessionen, die sich als „bekennend“ verstehen: „Sie nehmen die Bibel mit Altem und Neuem Testament als verbindliche Grundlage für Glauben und Ethik an und bekennen sich mit dem Apostolischen und dem Nizänischen Glaubensbekenntnis zum Dreieinigen Gott.“ Präsident der IKBG ist Pastor Ulrich Rüß (Hamburg), sein Stellvertreter Andreas Späth (Sachsen bei Ansbach).
Text: IDEA
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