Bischof Rudolf nimmt an Podiumsdiskussion zu „100 Jahre Bayerisches Konkordat“ teil
Aktuelle Bedeutung und Perspektiven
Regensburg, 21. November 2024
Den Abschluss des zweitägigen Symposiums zum Jubiläum „100 Jahre Bayerisches Konkordat“ mit vielen hochkarätigen Wissenschaftlern im Vielberth-Gebäude der Universität Regensburg bildete eine Podiumsdiskussion mit drei namhaften Teilnehmern. Aus Berlin war der Apostolische Nuntius Erzbischof Dr. Nikola Eterović nach Regensburg gekommen, aus der Bayerischen Staatskanzlei in München kam Dr. Florian Herrmann MdL, Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien. Der dritte in der Runde war Regensburgs Diözesanbischof Dr. Rudolf Voderholzer, der von Beginn des Symposiums am Freitagvormittag interessiert daran teilgenommen hatte und viel gelernt habe, wie er dankend gegenüber den Organisatoren betonte. Es sei eine Veranstaltung gewesen, die er all seinen bischöflichen Mitbrüdern hätte empfehlen können.
Vom Gestern und der Vorgeschichte ins heute
Organisiert wurde die Veranstaltung vom Regensburger Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht, Prof. Dr. Yves Kingata, mit Unterstützung des Münchener Kirchenhistorikers Prof. Dr. Klaus Unterburger, Prof. Dr. Dr. Stefan Mückl aus Rom und Prof. Dr. Rainald Becker aus Augsburg. Die Katholische Akademie in Bayern und die Katholische Erwachsenenbildung Regensburg Stadt unterstützten die Veranstaltung, das Bistum finanzierte das Projekt. Wurden am Freitag „Entstehung, kirchliche und politische Wirkungen“ sowie „Die Aus- und Fortwirkung des Bayerischen Konkordats im 20. Jahrhundert“ in den Blick genommen, lag der Fokus am gesamten Samstag auf „Aktuelle Bedeutung und Perspektiven“. Prof. Dr. Yves Kingata führte durch das Programm und konnte als Vortragende begrüßen: aus Trier den Kirchenrechtler Prof. Dr. Dr. Noach Heckel OSB mit dem Vortrag „Das Bayerische Konkordat und die Bischofsbestellung“ und von der Kölner Hochschule für Katholische Theologie Prof. Dr. Christoph Ohly mit einem Vortrag zum Thema „Das Bayerische Konkordat und die Kirchenfinanzierung“. Von der Ludwig-Maximilians-Universität München kam Prof. Dr. Martin Rehak und sprach über „Regelungslücken im Bayerischen Konkordat?“ Der Rechtswissenschaftler und Staatskirchenrechtler Prof. Dr. Dr. Stefan Mückl von der Pontificia Università della Santa Croce in Rom zeigte „Aktuelle Tendenzen des Heiligen Stuhls im Staat-Kirchen-Verhältnis und die Zukunft des Konkordatsrechts“ auf.
„Gut, dass es das Konkordat gibt“
Prof. Dr. Martin Löhnig, Professor für Bürgerliches Recht, deutsche und europäische Rechtsgeschichte und Kirchenrecht an der Universität Regensburg, moderierte dann den abschließenden Programmpunkt, die Podiumsdiskussion zu aktuellen Aspekten des Bayerischen Konkordates in seiner konkreten Umsetzung. Staatsminister Dr. Herrmann betonte direkt zu Beginn, dass das Konkordat auch ein Garant für den Erhalt des christlichen Wertekodexes in unserer Gesellschaft sei. Heute, so bemerkte er, wäre das Konkordat in all seinen Punkten nicht mehr zu Stande gekommen, „Nuntius Pacelli war schon ein Fuchs“. Nuntius Dr. Eterović gab einführend einen Überblick über die weltweite Situation: Mit 79 Staaten der Erde hat der Heilige Stuhl Konkordate abgeschlossen, davon allein 14 in der Bundesrepublik Deutschland (Bayern, Baden, Preußen, Reichskonkordat 1933 sowie ab 1949 mit verschiedenen Bundesländern). Er erlebt das Konkordatswesen als ein lebendiges Modell des Verhältnisses von Kirche und Staat. Bischof Dr. Voderholzer, der sich selbst als „Nutznießer und Gegenstand des Bayernkonkordates“ bezeichnet, zeigt sich sehr zufrieden mit der aktuellen Situation, allein die Existenz eines solchen Vertrages sei schon ein Zeichen des Guten Miteinanders.
Ein heikles Thema?
Zur Sprache kam auch die von politischen Gruppen geforderte „Ablösung der Staatsleistungen“ – also die Zahlungen des Staates an die katholische Kirche in Deutschland, die auf die enormen Enteignungen während der Säkularisation vor gut 200 Jahren zurückgehen. Bischof Dr. Voderholzer sieht darin keine Verletzung des Konkordates. Bayern und Baden-Württemberg hatten sich in der bundesweiten Diskussion dagegen ausgesprochen. Staatsminister Dr. Herrmann sieht dieses Thema sehr pragmatisch, bei einer Ablösung handele es sich um Milliarden-Beträge, die auf einen Schlag nicht zu zahlen wären. Die bayerische Staatsregierung spreche sich dagegen aus. Ebenso sei es mit der mancherorts geforderten Reform des Kirchensteuerwesens. Der Staat könne den Unterhalt so vieler sozialer Einrichtungen nicht im Alleingang stemmen. Dem konnte Bischof Dr. Voderholzer nur zustimmen, er bedauert, dass in der öffentlichen Diskussion die Leistung der Kirche in den Bereichen Soziales, Caritas und Bildung oft nicht wahrgenommen werde. Den Aspekt „Kirche als Arbeitgeber“ steuerte der Nuntius der Diskussion noch bei.
Schule und Universität
Auch im Punkt katholischer Religionsunterricht spricht sich die bayerische Staatsregierung deutlich dafür aus, „bei uns wird nicht am Religionsunterricht herumgedoktert“. Bischof Dr. Voderholzer zeigte sich erfreut über die gute Personalsituation im Bistum bezüglich der Lehrerinnen und Lehrer für den Religionsunterricht. Er betonte die Bereitschaft der Deutschen Bischofskonferenz zur Zusammenarbeit im Religionsunterricht, wenn Katholiken in der Minderheit seien. Wichtig sei aber, dass jede christliche Konfession ihre Besonderheiten hervorhebe und man auch auf das Gemeinsame blicke. Beim Angebot eines islamischen Religionsunterrichts, so Regensburgs Bischof, bestehe das Problem im fehlenden Ansprechpartner für den Staat. Bei Katholiken, Protestanten und jüdischen Gläubigen gibt es ein ganz konkretes Gegenüber. Dies sei im Islam nicht so. Da seien die Ansprechpartner oft nur politisch oder staatlich gelenkte Einrichtungen. Muslimische Schülerinnen und Schüler sollten reflektiert ihren Glauben kennenlernen. Im Blick auf die Universitäten und die Frage der Lehrstuhlbesetzungen, die in der Vergangenheit in Regensburg für Diskussionsstoff gesorgt haben, bemerkte Bischof Dr. Voderholzer: „Wo Priester ausgebildet werden, sollen auch Priester lehren“. Zurzeit ist das an der Fakultät für Katholische Theologie in Regensburg nur ein einziger, nämlich der Kirchenrechtler Professor Kingata. Er sprach sich auch deutlich für die theologische Kompetenz an Volluniversitäten aus, da sie zusammen mit der Philosophie jene „letzten Fragen des Menschen“ in den Blick nähmen, was auch dem Staatswesen diene. Das Procedere der Bischofsernennungen, das in Deutschland allein durch drei Konkordate geregelt ist, so der Nuntius, war das abschließende Thema der Podiumsdiskussion. Der Wunsch des Staatsministers, „die Kirche muss den Menschen von der guten Botschaft des Glaubens überzeugen“, hätte man als Schlusswort und Auftrag verstehen können. Denn alle kirchenrechtlichen Überlegungen und Aktionen dienen letztendlich nur diesem einen Zweck.
Stichwort: Bayerisches Konkordat
Am 29. März 1924 schlossen der Heilige Stuhl, vertreten durch Papst Pius XI. und der Freistaat Bayern, einen Staatskirchenvertrag – im Fachbegriff „Konkordat“ genannt. Unterzeichnet wurde er auf Kirchenseite vom päpstlichen Gesandten in Bayern, Nuntius Erzbischof Eugenio Pacelli (später Papst Pius XII.), und auf Staatsseite vom bayerischen Ministerpräsidenten Eugen Ritter von Knilling, dem Kultusminister Franz Matt und Finanzminister Dr. Wilhelm Venanz Krausneck. Der Ort der Unterzeichnung, das Bayerische Außenministerium, war im Palais Montgelas untergebracht, dessen Namensgeber maßgeblich für die Einziehung der kirchlichen Güter (Säkularisation) in Bayern zu Beginn des 19. Jahrhunderts zuständig war. Bereits 1817 war zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Königreich Bayern ein Konkordat geschlossen worden. Nach Ende der Monarchie 1918 hatte sich die Frage gestellt, ob dies nun noch Gültigkeit habe. Einer längeren Diskussion auf politischer Ebene folgte dann 1924 der Abschluss desselben. Hauptthemen des heute noch gültigen Konkordates sind die Themenbereiche kollektive Glaubensfreiheit, Hochschulen, Schulen, Fortgeltung des Konkordats von 1817 sowie Ernennung von Geistlichen.
Text und Fotos: Carl B. Prämaßing
(jas und SG)