Bischof Dr. Rudolf Voderholzer besucht Expositur Döllnitz zum Kirchenpatrozinium
„Neue Brotvermehrung“ fixiert Menschen auf den Wohlstand
Döllnitz, den 28. Juli 2024
„Das Wunder der Brotvermehrung am See Genezareth enthält auch für uns eine aktuelle Botschaft“, so Diözesanbischof Dr. Rudolf Voderholzer bei seinem Pastoralbesuch zum Patroziniumsfest der Jakobuskirche in der Expositur in Döllnitz im Landkreis Neustadt an der Waldnaab. Mit diesem Besuch löste der Diözesanbischof das vor einem Jahr in Leuchtenberg gegebene Versprechen ein, auch einmal in die Expositur Döllnitz zu kommen.
Alle Dorfbewohner brachten sich in den Festtag ein
Die gesamte Pfarrgemeinde war seit dem frühen Morgen auf den Beinen, und die weißgelben Kirchenfahnen wehten und begrüßten alle Gäste. Viele ehemalige Döllnitzer kamen zu diesem besonderen Tag in ihren Heimatort zurück. Schon beim ersten Blick in die Kirche erkannte Bischof Rudolf, über welchen Schatz die Expositur hier verfügt. St. Jakobus ist sowohl ein Ort des Glaubens als auch ein wichtiger Bestandteil der lokalen Geschichte und Kultur. Die Kirche wurde vor 95 Jahren von Pfarrer Josef Hofmann erbaut, besonders erwähnenswert sind die Freskomalereien der Kreuzwegstationen von Erich Glette (1896-1980). Sie gewähren dem Besucher bis heute einen Einblick in die künstlerische Gestaltung der Vergangenheit.
In der Ortsmitte wurde Bischof Rudolf mit dem Leuchtenberger Pfarrer Adam Nieciecki, Professor Dr. Stanislaw Fel aus Polen, dem Bischöflichen Kaplan, Domvikar Claudio Alves Pereira, sowie den Messdienern freudig willkommen geheißen. Nach dem Ständchen des Männergesangvereins „Liederkranz“ aus Leuchtenberg unter Leitung von Holger Scheufler und der Kapelle „Bayrisch Blech“ mit Johann Reitinger an der Spitze, formierte sich ein langer Kirchenzug mit Fahnenabordnungen der kirchlichen und weltlichen Verbände sowie den Markträten und dem zweitem Bürgermeister Karl Liegl. Die Zwillinge und diesjährigen Erstkommunikanten, Jeremias und Konstantin Wittmann, durften Mitra und Bischofsstab tragen.
St. Jakobus ist ein Schatzkästchen
Mit dem Kirchenlied „Ein Haus voll Glorie schauet“ wurde der feierliche Pontifikalgottesdienst eröffnet. Michaela Simon trug die Lesungen vor. In seiner Predigt legte Bischof Dr. Voderholzer das Sonntagsevangelium (Joh 6, 1–15) aus. Bereits im Alten Testament darf der Prophet in Gottes Gnade aus einer kleinen Mahlzeit eine Fülle bereitstellen, die viele Menschen satt macht. Dies wird, so Bischof Rudolf, im Neuen Testament von Jesus noch einmal überboten. „Es sind nur ein paar Brote und zwei Fische vorhanden, aber es bleiben letztlich zwölf Körbe über.“ Dieses Evangelium ist mit einer wichtigen Botschaft für uns heute verknüpft. Am See Genezareth predigte Jesu und hat Zeichen und Wunder getan. Dann fährt er an das andere Ufer in eine einsame Gegend, wo ihm viele Menschen in die Einsamkeit der um die Hügellandschaft des Sees folgen. Sie alle haben gespürt, so der Regensburger Oberhirte: hier ist jemand, der hat „Worte ewigen Lebens“, jemand, an dem man sich orientieren kann. Dieser Jesus hat etwas zu bieten, was es sonst nirgendwo auf der Welt gibt. Wer einem solchen Prediger und Heiland nahe sein kann, der verzichtet schon mal auf ein gewöhnliches Abendessen, wenn er auf andere Weise eine nahrhafte Speise „für das Herz geschenkt bekommt“. Jesus ist es, der sie darauf anspricht, dass es Zeit zum Abendessen ist. Damit wird deutlich, so der Diözesanbischof, dass er sich sogar um das Essen der Menschen sorgt und sich nicht nur um die Bedürfnisse der Seele kümmert. „Er setzt damit ein Zeichen, das die Menschen verstehen sollen, dass er der Heiland für Leib und Seele ist.“ Dann segnet er und spricht das Dankgebet – und er teilt aus. Am Schluss bleiben zwölf Körbe übrig. Dann aber, so der Bischof in seiner Predigt weiter, ereignet sich etwas Erstaunliches: Die Menschen, die ihm gefolgt sind, die die wundersame Brotvermehrung erlebt haben und gespeist wurden, reagieren anders als erhofft – und Jesus spürt das. Die Menschen, die gar nicht an das Abendessen gedacht haben, jetzt aber satt geworden sind, denken sich: Dieser Jesus kann aus wenigen Broten und Fischen viele machen – ihn wollen wir zum König machen, zum Brotkönig, denn dann müssen wir nicht mehr so viel arbeiten. Jesus erkennt, dass sie seine Botschaft falsch verstanden haben. Er wollte sie mit einem Zeichen auf die Eucharistie vorbereiten. Sie aber denken nur noch an die irdische Speise.
Was könnte dieses Zeichen für uns heute bedeuten, fragte der Bischof. Eine erste Antwort lautet: Von den „zwölf Körben leben wir hier in der Eucharistie. Jesus hat damit die Menschen auf seine besondere Gegenwart im Brot des Lebens in der Feier der Eucharistie vorbereitet.“
„Neue Brotvermehrung“ fixiert Menschen auf den Wohlstand
Von der Vergangenheit spannte der Bischof den Bogen in das 20. Jahrhundert. Wie er betonte, ist es erstaunlich, dass sich in unseren Breitengraden in den vergangenen Jahrzehnten etwas Ähnliches abgespielt hat. „Die Brotvermehrung durch die Technik.“ Noch vor gut 90 Jahren, in der Zeit, wo dieses Gotteshaus erbaut wurde, hatten die Menschen hier in der Gegend kein einfaches Leben. Aus Erzählungen der Großeltern und Eltern sei bekannt, wie schwer und mühsam es war, das tägliche Brot bereitzustellen und eine Familie satt zu bekommen. Alle Mitglieder einer Bauersfamilie mussten in der Erntezeit anpacken, und man half sich gegenseitig aus. Vergleichsweise bescheidene Ernten kosteten unendliche Mühen. Am Ende hat man sich über die Ernte gefreut und dem Schöpfer gedankt. Die moderne Technik hat das Arbeiten verändert. Durch verbessertes Saatgut, neue Methoden der Düngung und moderne Erntemethoden wird heute eine Brotvermehrung „unglaublichen Ausmaßes“ erreicht. Während es immer noch viele Gegenden auf dieser Welt gibt, in denen Menschen kriegs- oder klimatisch bedingt hungern müssen, brauchen wir uns „keine Sorgen machen, um satt zu werden, sondern unsere größere Sorge besteht darin, nicht zu dick zu werden, weil wir eine Brotvermehrung ungeahnten Ausmaßes haben. Ein Blick in die Bäckerläden zeigt: hier gibt es ein Riesenangebot. Man weiß nicht gar, was man kaufen soll. Vor diesem Hintergrund stellte Bischof Rudolf die Frage: „Was machen wir angesichts der gewonnenen Freizeit und dem Wohlstand, der uns durch die Technik geschenkt wurde? Nutzen wir die Zeit, uns intensiver mit Jesus zu befassen?“ Die Menschen spüren doch, dass sie weit mehr brauchen, als volle Regale und ein Überangebot an Lebensmitteln. Vielleicht machen wir es genauso wie die Menschen damals am See Genezareth. „Wir fixieren uns auf den Wohlstand und denken nicht darüber nach, woher er kommt? Danken wir auch dafür?“
„Wohlstand lehrt danken, lehrt Gott loben und preisen.“
Eine Lebensweisheit besagt: „Not lehrt beten.“ Doch das Beten muss zuvor auch gelernt und eine Beziehung zu Gott aufgebaut werden, gab Bischof Rudolf zu bedenken. Wo das nicht der Fall ist, kann es sein, dass die Not nicht Beten lehrt, sondern Fluchen. Not kann beten lehren. Wäre es nicht ein schöner Erfolg, fragte der ehemalige Professor für Dogmatik, wenn sich durch unser christliches Verhalten ein ganz neues Sprichwort verbreitet, das lauten würde: „Wohlstand lehrt danken, lehrt Gott loben und preisen.“ Das wäre doch die richtige Reaktion. Doch wir erleben es alle: „Je mehr Wohlstand, je mehr Brotangebote und volle Regale, desto weniger wird gedankt. Je voller die Regale sind, desto leerer die Kirchen“. Dies sei eine gewisse Spannung, die auch die Kirche betrifft, resümierte der Diözesanbischof, der gekommen war, um den Gläubigen die Augen, Ohren und Sinne für diese wunderbare Brotvermehrung zu schärfen. „Wir haben allen Grund, jeden Sonntag den Schöpfergott zu loben und zu preisen.“ Von den zwölf Körben der Eucharistie uns nähren zu lassen, dies sei der zentrale Gedanke, der uns leiten soll. Wir wissen doch darum, dass uns der Wohlstand, das ganze Materielle, nicht satt macht. Dies vermag allein das Brot des Himmels, das Jesus selbst ist, der uns im Herzen und der Seele stärkt. Darum sind wir auf das Kommen des großen und heiligen Gottes angewiesen. Diese Gedanken wollte der Bischof allen Gläubigen mitgeben, verbunden mit einem großen Dank für die Sorge um diese Jakobus-Kirche. Eine Expositur mit etwa 300 Katholiken und einer Kirche mit 300 Sitzplätzen, die mit außergewöhnlich interessanten und schönen Fresken und wunderbarem Bildprogramm aufwartet, ist ein richtiger Schatz. „Seien Sie dankbar dafür.“ Der Bischof dankte allen, die für diese Kirche Sorge tragen und für das gute Miteinander zwischen den Vereinen. Ebenso richtete er sein Dankeschön an die Vertreter der Verbände, den Marktgemeinderäten und dem Bürgermeister.
Kirchliche Umstrukturierungen können nur im gegenseitigen Miteinander gelöst werden
Zum Abschluss seiner Predigt kam Bischof Rudolf auf die kirchlichen Umstrukturierungen zu sprechen. „Ich würde Ihnen gerne einen eigenen Pfarrer schicken, aber ich habe keinen, jedenfalls nicht genug für alle.“ Deswegen appellierte er an alle, miteinander zusammen zu arbeiten und zu helfen, um mit der Personalsituation gut zurecht zu kommen. Er bat die Gläubigen zu beten, damit sich mehr junge Menschen in den Dienst der Kirche stellen. Wir haben Grund zur Hoffnung, sagte er und verwies auf das hoffnungsvolle Zeichen, dass zum neuen Studienjahr eine schöne Gruppe von Seminaristen das Theologie-Studium aufnehmen wird. Darüber hinaus bat Bischof Rudolf bei der Zusammenführung der Seelsorgeeinheiten ruhig und vernünftig zu agieren. Der Regensburger Oberhirte möchte auch kleine Einheit erhalten, auch wenn nicht jeden Sonntag die Heilige Messe gefeiert werden können und der Weg in eine Nachbarpfarrei auf sich genommen werden muss. Der Rosenkranz, die Kreuzandachten und Maiandachten könnten auch ohne Pfarrer vor Ort gebetet werden, unterstrich der Bischof und machte damit Mut. „Tun Sie es auch, damit der Lobpreis Gottes in dieser Kirche nicht verstummt.“
Miteinander gut zu arbeiten – dies war der große Wunsch des Bischofs. Wo sich jeder und jede für die Kirche einsetzt, brauche man sich keine Sorgen um die Zukunft der Kirche zu machen. Dann steht auch einem 100-jährigen Jubiläum dieser Kirche nichts im Weg.
Kirchenpfleger Josef Kleber und Pfarrgemeinderatssprecherin Maria Bodensteiner bedankten sich beim Bischof für den Besuch in der Expositur. Der Besuch sei Motivation und Wertschätzung für alle Döllnitzer zugleich. Nach dem Segensgebet und dem „Großer Gott wir loben dich“, welches Organistin Christa Bayerl an der Orgel mit dem Kirchenchor Leuchtenberg begleiteten, segnete der Bischof alle Kinder auf dem Dorfplatz. Anschließend begann dort das Pfarrfest. Bischof Rudolf freute sich über viele Begegnungen mit den Dorfbewohnern und Gästen. Da noch etwas Zeit verblieb, ehe der Bischof Richtung Regensburg und dann Richtung Rom aufbrechen musste, stattete der Bischof auch der Filiale Woppenrieth sowie den Kapellen in Wittschau und Preppach einen Kurzbesuch ab.
Text und Bilder: Elisabeth Dobmayer (SG und jas)