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Bettbrunn im Köschinger Forst

Eine besondere Christuswallfahrt im Bistum Regensburg

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Regensburg, 11. Juli 2023

Im Jahr 2025 begeht der Wallfahrtsort Bettbrunn im Köschinger Forst bei Ingolstadt sein 900-jähriges Bestehen.

In seiner Predigt in der St.-Salvator-Wallfahrtskirche Bettbrunn im Jahr 1975 hat der damalige Bischof von Regensburg, Dr. Rudolf Graber (1903–1992), darauf hingewiesen, dass sich im Jahr 1125 an diesem Ort jene „eigenartige Begebenheit“ (R. Graber, „Juwel im Köschinger Forst“. 850 Jahre St.-Salvator-Wallfahrt Bettbrunn. Predigt beim Pontifikalamt in Bettbrunn – 19. Mai 1975, in: ders., Froher Glaube. Predigten – Ansprachen – Vorträge, Regensburg 1976, 250-254, hier 250) abspielte, die Bettbrunn zur ältesten bayerischen Hostienwallfahrt machte.

Der Bau einer Sühnekapelle

Was war damals geschehen? Ein Hirte entwendete bei der heiligen Kommunion die heilige Hostie und verschloss sie in seinem Hirtenstab, um seinen Herrn im heiligsten Sakrament auch auf der Weide verehren zu können. Als er dann bei einem Gewitter die erschreckten Tiere zusammentreiben wollte und mit seinem Stecken nach ihnen warf, fiel die heilige Hostie heraus, „und sie konnte nicht eher aufgehoben werden, als bis Bischof Hartwig von Regensburg herbeikam und dies tat“ (ebd.). Dieser gelobte, eine Sühnekapelle zu bauen, aus der sich dann die Wallfahrt entwickelte. Heute müssten – so Bischof Graber – an vielen Orten solche Sühnekapellen errichtet werden „bei der so vielfachen Verunehrung des Allerheiligsten“ (ebd.). Der äußere Anlass für den Pontifikalgottesdienst mit Bischof Dr. Rudolf Graber in Bettbrunn war der Abschluss „der glänzend gelungenen Renovierung“, die Bettbrunn schon allein vom Künstlerischen her zu einer „Sehenswürdigkeit ersten Ranges“ macht – zu einem „Juwel im Köschinger Forst“ (vgl. ebd.).

Wallfahrten gehen auf das Grab Christi zurück

Die Wallfahrt in Bettbrunn ist eine ausgesprochene Christuswallfahrt. Diese Tatsache führt zu der Frage, wo eigentlich der Ursprung des Wallfahrens liegt. Ein verdienstvoller Forscher hat – so der Bischof – die Antwort gegeben, dass alle christlichen Wallfahrten auf das Grab Christi zurückgehen. Es ist sehr aufschlussreich, dass bei vielen solchen Wallfahrten Gruben oder Vertiefungen in Felsen den Ausgangspunkt bilden – wie in Bettbrunn. Diese Vertiefungen werden als Gruben, Grüfte, Grab (wie im niederbayerischen Deggendorf) oder auch Brunnen bezeichnet. Dieses letztere Motiv ist auch in Bettbrunn belegt. Alle diese Aspekte sind Anklänge an das Grab Christi in Jerusalem (vgl. Romuald Bauerreiß, Pie Jesu, München 1931, 83). Insofern sind diese Christuswallfahrten viel älter als die marianischen Wallfahrten. Das Salvator-Patrozinium führt uns sogar zurück in die karolingische Zeit und bedeutet „eine sieghaft aufsteigende Frömmigkeitsäußerung“ (Max Ziegelbauer, Der Kirche auf der Spur, Augsburg 1971, 255) der damaligen Zeit.

Der Erlöser als Weltenkönig

Die hölzerne Statue in Bettbrunn zeigt Christus mit den Insignien seines Königtums. In der Romanik wurde der Erlöser nicht als Schmerzensmann mit der Dornenkrone, sondern als Weltenkönig mit der Herrscherkrone auf dem Haupt dargestellt. Sieben Jahre nach dem Sturz der meisten europäischen Kaiser und Könige hat Papst Pius XI. in seiner Enzyklika „Quas primas“ vom 11. Dezember 1925 das Königtum Christi feierlich proklamiert. Er hat damit im Grunde nichts Neues eingeführt, sondern nur eine biblische Wahrheit erneut ins Gedächtnis gerufen. Gerade die Jugend hat damals diese Idee mit Begeisterung aufgegriffen und zum „Zentralgedanken ihres Lebens“ (R. Graber, Juwel im Köschinger Forst, 251) gemacht.

Zuwendung zu Gott oder innerer Zerfall

Bischof Graber äußerte in seiner Predigt in Bettbrunn den Wunsch, diese Gesichtspunkte am Christkönigsfest 1975 verstärkt in Betracht zu ziehen. Was Papst Pius XI. zur Begründung des Christkönigsfestes angeführt hat, „gilt auch heute noch im vollen Umfang“ (ebd.). Wenn der Papst davon spricht, dass von Gott abgewendete Menschen und Staaten „in gegenseitigem Hass und inneren Zerwürfnissen dem Zerfall und dem Untergang entgegengehen“ (zitiert nach: ebd.), so hat sich dies seit 1925 nicht zum Besseren gewendet. Auch das abschließende Wort von Papst Pius XI. hat heute noch seine volle Gültigkeit: Christus soll „herrschen über den Verstand des Menschen, der … den geoffenbarten Wahrheiten, den Lehren Christi fest und beständig beipflichten muss; herrschen soll Christus über den Willen, der den göttlichen Gesetzen … folgen muss; herrschen soll er über das Herz, das … Gott über alles lieben und ihm allein anhangen muss; herrschen soll er im Leib und in seinen Gliedern, die … zur inneren Heiligung der Seele dienen sollen. Wenn alle diese Gedanken den Gläubigen zur Betrachtung und Beherzigung vorgelegt werden, so werden sie umso leichter zur höchsten Vollkommenheit gelangen“ (zitiert nach: ebd., 251 f).

Heil – allein in Christus

Das Wort „Salvator“ leitet sich von „salus“ ab und bedeutet Heil. „Wir haben es zwölf Jahre lang erlebt, dass man von einem Menschen das Heil erwartete und dieses Wort zum Gruß eines Menschen gebrauchte“ (R. Graber, Juwel, 252). Die Katastrophe von 1945 hat – so Bischof Graber – die Menschen aber nicht eines Besseren belehrt. Millionen Menschen erwarten heute wiederum das Heil von Menschen, z. B. in China. Millionen erwarten sich das Heil „von einer Gesellschaftsordnung, von der Befreiung und Revolution, wo aber nur der Träger, nicht die Gesinnung sich ändert, wo die Reichen arm und Arme reich werden sollen; … viele erwarten sich das Heil von gefüllter Brieftasche und Aktienpaketen, von Sex und vom Bauch“ (ebd.). Das wirkliche Heil für den Menschen kann allein Jesus Christus bringen. Vor dem Hohen Rat hat Petrus ausdrücklich versichert: „In keinem anderen ist das Heil zu finden“ (Apg 4,12).

Hilfe – allein im Gebet

Bei der Beisetzung des Primas von Ungarn, József Kardinal Mindszenty (1892-1975), im österreichischen Mariazell hat der Prediger 1975 verschiedene Unternehmungen zur Erhaltung des Weltfriedens aufgezählt: diplomatische Bemühungen von Politikern, das System der Abschreckung durch die Bereithaltung von Atomwaffen usw. Doch mehrmals wiederholte er: „Helfen kann uns nur das Gebet.“ In einer Ausgabe der Zeitschrift „Betendes Gottesvolk“ aus dem Jahr 1975 hat ein Leser geschrieben: „Seit ich Mitglied des Sühnekreuzzuges bin und täglich den Rosenkranz bete, lebe ich ein neues Leben. Jeder Tag hat nun einen Sinn. Ein Mensch ohne Gebet ist leer. Ich bin evangelisch-lutherisch, doch kann mir meine Kirche das nicht geben, was mir der Rosenkranz-Sühnekreuzzug um den Frieden der Welt gibt. Übrigens bin ich 28 Jahre alt“ (zitiert nach: ebd.).

Das Salvator-Gnadenbild: ein Hinweis auf den verklärten Christus

Das Salvator-Gnadenbild von Bettbrunn hat eine besondere Prägung, weil es auf den verklärten Christus des Berges Tabor hinweist. Am 6. August, dem Fest der Verklärung Christi, wird das Titelfest der Kirche gefeiert. Es ist – so Bischof Graber – besonders notwendig, den Blick nach oben auf den Berg der Verklärung zu richten. Die Situation auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet scheint den Pessimisten recht zu geben. Wenn alle Menschen, die verängstigt sind oder unter irgendeiner Not leiden, den Blick nach oben auf den Berg der Verklärung richten würden, gäbe es nicht so viel Verzweiflung. Dann würden wir die Opfer des Lebens viel leichter tragen.

Eine grundsätzliche Entscheidung: Christus nachfolgen oder nicht

Weil es sich in Bettbrunn um eine Christuswallfahrt handelt, sollen – so Bischof Graber – einige Worte von Papst Paul VI. in Erinnerung gerufen werden, die er bei der Ankündigung des Heiligen Jahres 1975 den Gläubigen mit Nachdruck ans Herz gelegt hat: „Der Zeitpunkt ist gekommen, an dem wir uns Rechenschaft geben müssen über unsere Verbundenheit mit Christus. … Die Zeit ist reif dafür, sich grundsätzlich darüber klar zu werden, welche die höchsten und welche die untergeordneten Werte sind. Es ist Zeit für eine Entscheidung, die nicht bloß pragmatisch ist und einen sonst unberührt lässt, sondern wohl überlegt und innerlich engagiert ist, und zwar über den grundsätzlichen Charakter, den wir unserer Existenz geben wollen: Christ oder nicht? Wollen wir glaubwürdige, echte Anhänger Christi sein oder nur Taufscheinchristen? Wollen wir Gott und Christus zum Mittelpunkt machen, der unser Leben bestimmt, … oder wollen wir in uns selbst, in unserem trügerischen, alles aufsaugenden Egoismus den Angelpunkt für all unser Verhalten erblicken? … Es geht um die Theologie des Lebens, die das Konzil aufgewiesen hat. Zehn Jahre nach dessen Abschluss sind wir gefragt nach unserer Treue zu seinem Wort der Erneuerung“ (zitiert nach: ebd., 253). Bettbrunn mit seinem Salvator-Gnadenbild ist nicht nur eine Stätte des Gebets, sondern auch der Entscheidung. Dieser Wallfahrtsort ist berühmt durch seine Votivkerzen, deren älteste aus dem Jahr 1378 stammt. Diese Kerzen beweisen die Treue unserer Ahnen und ihre Entscheidung für Christus. „In diesem Sinn bringt das Bistum Regensburg als Zeichen seiner Entscheidung für Christus und seiner Treue zur Kirche eine Opferkerze dar“ (ebd.).

Kurfürst Maximilian I. als Wallfahrer in Bettbrunn

Es ist bekannt, dass Bayerns großer Kurfürst Maximilian I. während des Dreißigjährigen Krieges wechselvolle Schicksalsschläge erlebt hat (vgl. Florian Trenner, Kurfürst Maximilian I., in: J. Kreiml / V. Neumann [Hg.], 100 Jahre Patrona Bavariae. Marienverehrung in Bayern, Regensburg 2017, 39-43). Als 79-Jähriger reiste er im September 1651 mit seiner Gattin und seinem Sohn nach Ingolstadt, an den Ort seiner glücklichen Studienjahre. Diese Stadt ist die Festung, die allen Stürmen des Dreißigjährigen Krieges getrotzt hat. Von da aus unternahm der Kurfürst eine Wallfahrt nach Bettbrunn, von der er mit einer schweren Erkältung zurückkehrte. Neben seinem Krankenlager im Ingolstädter Schloss wurde ein Altar errichtet, und mit einem Gebet auf den Lippen starb der große Marienverehrer, gefasst und ohne Todeskampf am 27. September 1651 morgens gegen 3.30 Uhr. Sein Herz wurde in die Gnadenkapelle zu Altötting gebracht, an die Stätte, an der er so oft geweilt hat, um für das Heil der eigenen Seele und für die Wohlfahrt Bayerns zu beten. Er hat das Wort erfüllt, das er seinem Sohn als Mahnung hinterließ: „Der Fürst muss einer Kerze gleichen, die sich selbst verzehrt, indem sie anderen leuchtet“ (zitiert nach: Karl Pfister, Kurfürst Maximilian I. und sein Jahrhundert, München 1948, 390 f).

Wie eine Kerze, die sich selbst verzehrt

Greifen wir dieses wunderschöne Wort auf und formulieren wir es so: „Der Christ muss einer Kerze gleichen, die sich selbst verzehrt, indem sie anderen leuchtet.“ Kehren wir zurück zum Gnadenbild: Wie David einst die Bundeslade im Heiligen Zelt aufstellte und einen Lobgesang anstimmte, so beten auch wir vor dem Salvator-Gnadenbild von Bettbrunn in den Bedrängnissen und Nöten unserer Tage: „Hilf uns, Gott, unser Retter, errette uns, damit wir deinen heiligen Namen preisen und dir in Lobgesängen zujauchzen.“

Text: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml

Bild: Papiermond

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