Sich in der Öffentlichkeit gegen Abtreibung zu positionieren, ist mutig. Aber auch im privaten Gespräch unter Kollegen beispielsweise, ist es gar nicht so einfach, die eigene Haltung gut zu vermitteln. Was ist Ihr Tipp, wenn’s um Gespräche über Abtreibung geht?
Man kann den Gesprächspartner immer konkretisieren lassen, wie er bestimmte Aussagen meint. Indem man fragt, wie meinst du das, oder was meinst du damit konkret? Oder indem man auch einfach fragt, wie er zu dieser Überzeugung gekommen ist. Dann wird der Gesprächspartner die Argumente für seine Haltung erklären und dann kann man den Gesprächspartner schon gleich viel besser verstehen. Es ist wichtig, dass der andere merkt, ich habe wirkliches Interesse an seiner Meinung und nehme ihn ernst. Es geht nicht darum, dem anderen die eigene Meinung aufzudrücken. Zuerst einmal geht es darum, eine gemeinsame Basis zu finden. Der Gesprächspartner muss erkennen können, dass wir die Umstände, in denen eine Frau eine Abtreibung erwägt, ernst nehmen und nicht herunterspielen. Dann empfehle ich natürlich das Buch „Genug Geschwiegen!“ von Justina van Manen. Da geht es genau darum, wie man in Gesprächen über Abtreibung kompetent und einfühlsam bleibt. Das Buch ist ein Nachschlagewerk für Lebensschützer. Nach meiner ersten Erfahrung bei einer Straßenaktion in Berlin dachte ich mir, eigentlich müsste man mal ein Buch schreiben, in dem alle Argumente ausführlich darstellt sind. Dann habe ich herausgefunden, dass es so ein Buch bereits gibt, nur noch nicht in deutscher Sprache. Mit der Unterstützung von ProLife Europe, der Stiftung Ja zum Leben und dem Bernardus Verlag habe ich mich an die Übersetzungsarbeiten gemacht und nun gibt es das Buch auch in Deutsch zu kaufen.
Was hat Sie an dem Buch so fasziniert, dass Sie es sogar übersetzt haben?
Die Autorin engagiert sich selbst seit Jahren im Lebensschutz, war bei zahlreichen Straßenaktionen dabei. Im Prinzip hat sie in ihrem Buch die ganze apologetische Literatur, die es zu diesem Thema schon gibt, geordnet und zusammengetragen. Die Überblicke, die daraus entstanden sind, hat sie dann angereichert mit den Erfahrungen, die sie und ihre Kollegen bei den Gesprächen auf der Straße gesammelt haben. Das Buch führt einmal durch alle Argumente und Gegenargumente durch und zu jedem Argument gibt es ein Gesprächsbeispiel aus der Praxis, was sich wirklich so zugetragen hat. Konkret kann der Leser vorne im Buch im Verzeichnis schauen, an welchem Punkt man beispielsweise im Gespräch ins Stocken gekommen ist und auf welche Weise man beim nächsten Mal besser antworten kann.
Zum Schluss: Was würden Sie Menschen raten, die sich wie Sie für das Leben einsetzen wollen?
Ich würde sagen, dass es sicher viele Menschen gibt, die sich für das Leben einsetzen möchten, aber vielleicht Angst haben, sich nicht genug auszukennen, das Falsche zu sagen, nicht antworten zu können oder Verurteilung und Beschimpfungen fürchten, wenn sie dazu den Mund aufmachen. Meine Erfahrung ist, dass das Sprechen über die Lebensschutzposition leicht erlernbar ist und dass man mit ein wenig Übung viele Gespräche mit positivem Ausgang führen kann. Wie mit jeder neuen Fähigkeit gibt es einige Grundregeln und -fakten, die man kennen sollte. Und dann gilt es, sich die ersten Male aus der eigenen Komfortzone zu trauen, Menschen einfach anzusprechen, sich beim Lernen Fehler zuzugestehen, aus diesen zu lernen und immer einfühlsamer und präziser in der Argumentation zu werden. Mit dem Buch von Justina van Manen und unseren Gesprächsschulungen von ProLife Europe wollen wir den Menschen die Möglichkeit bieten, einen einfachen Einstieg in das Thema zu schaffen. Wenn jeder Mensch, der sich für die ungeborenen Menschen einsetzen möchte, lernt, gute Gespräche zu führen, können wir vielen Frauen Abtreibungen ersparen und viele Menschenleben retten.
Fotos: ProLife Europe
Fragen: Jacinta Fink