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Adventsmoment zum 23. Dezember

Jemand muss doch…

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Regensburg, 23. Dezember 2023

Vor einem halben Jahr bin ich umgezogen. Ich wohne jetzt in einer privaten Mietwohnung mitten in einem neu hochgezogenen Stadtviertel. Jung, modern, urban. Hohe Fluktuation, viele Nationen. Hier lebt ein bunter Querschnitt der Stadtbevölkerung: Junge Familien, Studenten, IT-Fachleute aus Indien, viele Singles, viele Akademiker. Unter mir wohnt eine ukrainische Flüchtlingsfamilie, weiter drüben ein älteres Ehepaar, dem das Haus mit Garten zu groß geworden ist. Die Atmosphäre ist etwas anonym, aber eher diskret als desinteressiert.

Für mich persönlich ist diese Art zu wohnen eine neue Erfahrung. Seit meinem Studium habe ich immer in kirchlichen Häusern gelebt. Bei Priestern ist das meistens so: Dienst und Wohnen gehen fließend ineinander über. Es gab immer eine Wohngemeinschaft um mich herum, die teils auch Tisch und geistliches Leben miteinander teilte. Das ganze Leben spielte sich von früh bis spät in einem kirchlichen Ambiente ab. Jetzt lebe ich in einem gänzlich säkularen Umfeld.

Ich fand von Anfang an den Gedanken reizvoll, als Mann der Kirche in diesem Umfeld zu leben und still und unaufdringlich den Gedanken an Gott in dieser ganz und gar „weltlichen Welt“ wach zu halten. Der Gedanke ist mir vertraut aus dem „Gebet des Klosters am Rande der Stadt“ der Schweizer Ordensfrau und Schriftstellerin Silja Walter. Ich trage diesen Text seit vielen Jahren als Datei auf dem Handy mit mir herum. Er ist mir wichtig geworden in der Frage, was Kirche sein kann und wie es gehen kann in den Veränderungen, die wir erleben. „Jemand muss zuhause sein, Herr, wenn du kommst“, heißt es da. „Jemand muss dich erwarten.“ Und weiter unten: „Wachen ist unser Dienst, wachen. Auch für die Welt. Sie ist so leichtsinnig, läuft draußen herum und nachts ist sie auch nicht zuhause. Denkt sie daran, dass du kommst? Dass du ihr Herr bist und sicher kommst?“

Daran muss ich oft denken, wenn ich die Vesper bete an meinem Küchentisch und meinen Blick über die vielen erleuchteten Fenster um mich herum schweifen lasse. Bei der Diakonenweihe hat der Bischof uns Weihekandidaten gefragt: „Seid ihr bereit, aus dem Geist der Inner­lichkeit zu leben, Männer des Gebets zu werden und in diesem Geist das Stundengebet als euren Dienst zusammen mit dem Volk Gottes und für dieses Volk, ja für die ganze Welt zu verrichten?“ Dieses Weiheversprechen hat für mich in meiner neuen Umgebung noch einmal eine ganz andere Qualität bekommen. Die Welt um uns herum interessiert es vielleicht nicht, dass wir Christen sind, dass wir als glaubende Menschen danken und bitten und segnen, wach­sam sind und den Herrn erwarten.

Aber wer weiß, was es bewirkt…

Text: Martin Priller ist Domkapitular und Schulreferent im Bischöflichen Ordinariat Regensburg.

(SSC)

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Im Online-Adventskalender der bayerischen Diözesen berichten Seelsorgerinnen und Seelsorger über Erfahrungen, die schon einen Hauch von Advent und Weihnachten in sich tragen.

Einen gesegneten Advent...

…und bald frohe Weihnachten!



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