Berlin/Regensburg, 6. Juli 2023
CDL-Vorsitzende Susanne Wenzel äußert sich zur Abstimmung im Bundestag über die Suizidbeihilfe, die am Donnerstag, 6. Juli, geplant ist.
Am Donnerstag will der Bundestag ein Gesetz zur Suizidbeihilfe beschließen, das mehr oder weniger restriktiv – je nach Gesetzentwurf – ist. Medizinische Fachkreise kritisieren, dass die Abstimmung zu früh und ohne angemessene Diskussion komme und fordern, dass vor einer gesetzlichen Regelung der Suizidbeihilfe ein Präventionskonzept gesetzlich verankert werden sollte. Dieser Auffassung ist zuzustimmen.
Grundlage für die bevorstehende Abstimmung ist das fatale Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus 2020, mit dem die Richter in Karlsruhe die Selbstbestimmung zum Maß aller Dinge erklärt haben. Darüber hinaus haben die Richter auch ein Recht definiert, die Hilfe eines Dritten zum Suizid in Anspruch zu nehmen.
Jegliche Beihilfe zum Suizid ist aber ausnahmslos abzulehnen und muss verboten werden. Beide Gesetzentwürfe überzeugen hier also nicht, da sie Ausnahmen vom Tötungsverbot festlegen. Das Tötungsverbot aber gehört zu den Säulen unserer Gesellschafts- und Rechtsordnung. Zur Realität gehört, dass der Einzelne zwar nicht am Suizid gehindert werden kann durch den Staat, aber die Rechtsordnung muss die Tat als solche klar ablehnen und darf sie nicht auch noch fördern. Gerade am Lebensende, bei schwerer Erkrankung oder Depressionen sind wir alle auf Solidarität, Unterstützung und medizinische Betreuung angewiesen.
Wir dürfen Menschen mit Suizidwünschen nicht allein lassen und müssen auch der Tatsache Rechnung tragen, dass Suizidwünsche bis zum Ende ambivalent sind, die „freie Entscheidung“, von der allenthalben die Rede ist in diesem Zusammenhang, so also nicht existiert. Insofern kommt der Suizidprävention eine entscheidende Bedeutung zu. Präventive Maßnahmen sind gesetzlich zu verankern. Die Palliativ- und Hospizversorgung ist auszubauen und es muss viel mehr über diese Möglichkeiten informiert werden. Angebote zur Krisenintervention müssen rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres niedrigschwellig erreichbar sein. Das ist keine abschließende Aufzählung.
Alternative Konzepte liegen vor
Die Fachgesellschaften haben hierzu sehr gute Konzepte vorgelegt. Wie Menschen in derartigen Krisensituationen schnell und adäquat Hilfe bekommen und vor dem Druck durch Dritte geschützt werden, sollte zu allererst geregelt werden. Die Debatte ist bisher aber scheinbar nur auf die Durchsetzung eines angeblichen „Rechtes“ auf Suizid, die Durchsetzung einer „totalen“ Autonomie ausgerichtet. Das aber kann nicht Aufgabe des Staates sein und es wird der Sachlage nicht gerecht.
Der Bundestag sollte die Abstimmung tatsächlich verschieben und mit Experten ein „Suizidverhinderungskonzept“ erarbeiten. Dann sollte er noch einmal in einer gesonderten Debatte die Frage erörtern, wie er den Zusammenhalt der Menschen in unserem Land stärken und Rahmenbedingungen für eine solidarische und sich umeinander sorgende Gesellschaft schaffen will. Eine solche Debatte wäre wirklich einmal eine „Sternstunde des Parlaments“, wie es bei diesen ethischen Fragestellungen gerne heißt.
Text: Susanne Wenzel/Die Tagespost
(kw)