Abschluss der Sanierungsmaßnahme für die Dominikanerkirche St. Blasius in Regensburg
Meisterwerk des Mittelalters
Regensburg, 16. Mai 2023
Der mächtige und zugleich schlanke Bau der Dominikanerkirche St. Blasius in Regensburg geht durch die Umbauungen in der Altstadt fast ein wenig unter. Gehört er doch zu einer der größten und bedeutendsten Kirchen des Ordens in Deutschland. Seit April 2017 läuft die Instandsetzung des staatseigenen Gebäudekomplexes in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Sie umfasste die Bereiche Dach- und Gewölbesanierung, Fassadensanierung sowie die Konservierung und Restaurierung des Innenraums. Nun, sechs Jahre später, wird das beeindruckende Baudenkmal ab dem Herbst für die Öffentlichkeit wieder zugänglich sein. Karl Stock, Leiter des Staatlichen Bauamts Regensburg, sowie Projektleiter Erhard Winklmann erläuterten am gestrigen Dienstag Bischof Rudolf Voderholzer und Vertreter des Bischöflichen Ordinariates in einer ersten Führung die Sanierungsmaßnahmen der vergangenen Jahre.
Dach- und Gewölbesanierung
Das Hauptaugenmerk der Maßnahmen lag auf der Sanierung von Dach und Gewölbe: Im Vorfeld der Instandsetzungsmaßnahme (2005-2010) fand eine umfangreiche Bauforschung sowie Konzeptionsphase statt. Auf Grund der sehr schlanken Proportionen des Baukörpers mit einer relativ geringen Wandstärke, traten in den vergangenen Jahrhunderten wiederholt gravierende statisch-konstruktive Mängel auf. Im Bereich des Dachstuhls haben Verformungen mit Auswirkung auf die Obergadenwände stattgefunden. Im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung zur Sanierung der Kirche wurden auch die Raumschale, das Chor- und Laiengestühl sowie die Nebenräume mit Sakristei und Albertus-Magnus-Kapelle restauriert. Bereits im 17. und 19. Jahrhundert haben Reparaturen im Dachstuhl und im Innenraum stattgefunden.
Anhand der Bauskizzen erläuterte der verantwortliche Projektleiter, Erwin Winklmann, die einzelnen Sanierungsmaßnahmen.
„Im Zuge der Maßnahme wurden die Dachstühle fachgerecht saniert. Durch Ergänzen fehlender, maroder Dachstuhlelemente erfolgte eine zimmermannsmäßige und querschnittsgleiche Sanierung des Dachstuhles. Geschädigte, vorhandene Mauerschwellen wurden in Teilbereichen ausgebessert, fehlende durch neue Mauerschwellen aus Eichenholz ergänzt“, erklärt der verantwortliche Architekt Erwin Winklmann. In Anlehnung an die historischen Verschlauderungen zwischen Dachkonstruktion, Zerrbalkenebene und aufgehendem Mauerwerk wurden elastisch federnde Stahlträger zur anteiligen Aufnahme horizontaler Kräfte eingebaut. Durch kraftschlüssige Dreiecke aus Stahlprofilen und Zugstangen – jeweils in den Gewölbekämpferachsen – sollen die statischen Probleme des Wegknickens der Obergadenwände künftig verhindert werden. Beim Dachreiter wurden die Mauerlatten aus Eichenholz und die Dachhaut erneuert, sowie das Turmkreuz restauriert, erklärte der verantwortliche Projektleiter.
Bischof Rudolf zeigte sich fasziniert von der Leistung der damaligen, wie auch heutigen Baumeister, Ingenieure und Restauratoren: „Man kann einfach nur den Hut ziehen, wie berechnet werden kann, was erneuert werden muss, damit der Dachstuhl die Wände nicht auseinanderdrückt. Es war ein Privileg, die eigentliche Baustelle, den Dachstuhl, zu begutachten, um zu sehen, mit welchen Methoden man den Schub auffangen kann. Unsere Regensburger Altstadt ist reich an Zeugnissen der mittelalterlichen Zeit. Das sieht man so oft kein zweites Mal.“ Die jährliche Rosenkranzprozession durch die Regensburger Altstadt führt traditionell hin zur Schutzmantelmadonna in der Dominikanerkirche. Der Regensburger Oberhirte hofft, dass die Prozession im Oktober wieder St. Blasius als ihren Zielpunkt miteinplanen kann.
Das Hauptaugenmerk lag auf der Sanierung des Dachstuhls.
Fassadensanierung und Barrierefreiheit
Die Westfassade dominiert das große Mittelschifffenster, sechsteilig mit reichem Maßwerk. Das Westportal ist mit einer großen Rundbogenblende überfangen. Der Bogen ist mit ungewöhnlichen Dreipassketten verziert. In einer Nische im Bogenfeld steht die Steinskulptur des Hl. Dominikus um 1410/20. Der Dachreiter (Turm) bezeichnet das Ende des Chores und den Beginn des Langhauses. Die durchgeführte Fassadensanierung beinhaltete die Restaurierung der Kirchenfenster, die Instandsetzung des Fassadenputzes als Teilerneuerung sowie die Sanierung und Reinigung der Natursteinelemente. Dabei wurde das gesamte Spektrum der Steinrestaurierung – vom Setzen von Vierungen, über die Anwendung von Steinergänzungsmaterialien bis hin zum Austausch einzelner Natursteinzierelemente der Kirchenfenster – zum Einsatz gebracht. Ebenso wurden schadhafte Steinquader erneuert, Risse verpresst und Fugen neu angelegt. Nach Abschluss der Reinigung wurde das Westfenster genauer in Augenschein genommen. Dabei wurde festgestellt, dass strukturelle Schwächen in der Verankerung der Maßwerkfelder die Ursache für Schäden sind und durch konservierende Maßnahmen alleine, eine funktionsfähige Statik nicht erreicht werden kann. Eine zusätzliche Aussteifung der mittleren Maßwerkfelder wurde für dringend erforderlich erachtet. Aufgrund der Lage der geschädigten Rippen mussten in den unteren 5 Ebenen die mittleren drei Rippenstränge ausgebaut werden. Nach sorgfältiger restauratorischer und statischer Prüfung, war die Erneuerung von 8 der insgesamt 35 Fensterrippen unumgänglich. Beim neu Aufsetzen der Rippen wurden diese Fugen mit Flüssigblei ausgegossen.
Zur Stabilisierung des Dachstuhls wurden zahlreiche, flexible Stahlstreben verbaut.
Sanierung des Innenraums
Die Raumschalenrestaurierung umfasste die Konsolidierung und Reinigung der überkommenen Raumschale von 1972, die Instandsetzung der Nebenräume und der Hauskapelle. Große Aufmerksamkeit wurde der Gewölbeuntersicht gewidmet. Wegen der Bewegungen der Obergadenwände musste hier eine Vielzahl von Rissen und Putzabplatzungen geschlossen und retuschiert werden. Die Sanierung der Holzelemente, allen voran des Laiengestühls, wurde parallel dazu durchgeführt. Abschließende Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit, Maßnahmen zur Verbesserung des baulichen Brandschutzes, bilden nach dem Abbau der Gerüste den Abschluss der Maßnahme.
Die Fresken im Innenraum wurden lediglich gereinigt, lose Farbpartikel gefestigt.
Die Dominikanerkirche in Regensburg
Der Orden der Dominikaner wurde 1217 vom Hl. Dominikus als Gemeinschaft von Predigern gegründet. Mit dem Bau der Dominikanerkirche St. Blasius wurde vermutlich um 1246 begonnen. In den Jahren 1383/84 wurde die Kirche nach ca. 150-jähriger Bauzeit fertig gestellt. Sie gehört zu den größten und bedeutendsten Kirchen des Ordens in Deutschland und ist eine dreischiffige, kreuzrippengewölbte Basilika ohne Querhaus mit einem Dreiapsidenabschluss. Im Grundriss besteht eine deutliche Zweiteilung zwischen Chor und Hauptschiff. Der hohe, elegante Innenraum mit seinen schmalen Proportionen kommt ohne Strebewerk zurecht. Die Schlichtheit und das puristische Erscheinungsbild des Gebäudes tragen dem asketischen Ideal des Bettelordens Rechnung.
Nun wird der Innenraum noch gereinigt, Stromleitungen verdeckt und der barrierefreie Zugang angebracht - dann ist das gotische Monument wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.
Die erste überlieferte Nutzung der Dominikanerkirche ist die Altarweihe und geht auf das Jahr 1254 zurück. Der Dachstuhl wurde in mehreren Abschnitten errichtet. Der erste Teil über dem Chorraum stammt aus dem Jahr 1279 und stellt damit, neben der Ulrichskirche und der Minoritenkirche – noch vor dem Regensburger Dom, den ältesten sakralen Dachstuhl in Regensburg dar. Kirche und Klostergebäude gingen im Jahr 1956 aus dem Besitz des Erzbischöflichen Instituts St. Paul an den Freistaat Bayern über. Die Instandsetzung der staatseigenen Dominikanerkirche St. Blasius in Regensburg wird seit April 2017 in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, unter Beteiligung einer Vielzahl von Fachplanern, als große Baumaßnahme durchgeführt. Ein Nutzungsvertrag vom 15.02.1960, zwischen dem Freistaat Bayern und dem Bistum Regensburg, regelt das uneingeschränkte Nutzungsrecht des Domkapitels für dieses hochrangige Einzeldenkmal.
Text: Erhard Winklmann, Staatliches Bauamt Regensburg, Jakob Schötz, Fotos: Jakob Schötz