Zehn Gebote statt leeres Zitieren von „Werten“ - 800 Jahre Dominikaner: Prof. P. Wolfgang Spindler zeigte, wie Wirtschaft beleben kann
„Diese Wirtschaft tötet“ ist eines der Worte von Papst Franziskus, an die sich die Öffentlichkeit später noch erinnern wird. Die Sicht des Oberhauptes der katholischen Kirche auf die Wirtschaft ist deutlich von der Erfahrung des US-geprägten ungezügelten Kapitalismus beeinflusst, der in Lateinamerika grasiert. Eine Einordnung ökonomischer Zusammenhänge aus einer stärker europäisch geprägten Perspektive hat kürzlich der Dominikanerpater Wolfgang H. Spindler vorgenommen. Dazu hatten die katholischen Akademikerverbände Regensburgs sowie das Akademische Forum Albertus magnus der Diözese in den Showroom von Micaela Sabatier, Organisatorin von fashion events („The Show“), ins Haus Heuport am Domplatz in Regensburg eingeladen.
1216 bestätigte Honorius III. den Orden des heiligen Dominikus
Der Bund katholischer Unternehmer (BKU) mit seinem Vorsitzenden Dr. Michael Scherm, Straubing, sowie Unternehmer Martin Schmack, Regensburg, sponsorten den folgenden Empfang, der in kreativer Atmosphäre stattfand. Die Veranstaltung war Teil des Jubiläums, das die Dominikaner 2016 in Regensburg anlässlich der Anerkennung des Predigerordens vor 800 Jahren veranstalten. 1216 hatte Papst Honorius III. den Orden des heiligen Dominikus bestätigt, der sich in der Folge als Gemeinschaft von „Predigerbrüdern“ rasch über ganz Europa ausbreitete, auch im niederbayerischen Donauraum. Dort waren sie vor allem in Seelsorge und Predigt eingesetzt. In und um Regensburg gibt es – einzigartig in Deutschland – drei Dominikanerkirchen: St. Blasius im Zentrum, Heilig Kreuz im Westen der Altstadt sowie die Dominikanerinnenkirche auf dem Adlersberg.
Kritischer Sozialethiker und Ratgeber
In den Räumen der Event-Organisatorin Micaela Sabatier ging es allerdings um die Gegenwart und damit um die unmittelbar bevorstehende Zukunft: „Macht oder Moral? Zur Verantwortung von Unternehmern“ lautete das Thema des Professors für Politische Philosophie Spindler, der an der Philosophisch-Theologischen Hochschule im niederösterreichischen St. Pölten lehrt. Spindler ist Jurist und Seelsorger in der Theatinerkirche am Odeonsplatz in München und ist außerdem als Ratgeber gefragt. Gekommen waren rund 70 Personen, um dem kritischen Sozialethiker zu lauschen.
Menschen verwirklicht sich als Abbild des Schöpfers durch sein Tun
Dr. Spindler ging dabei weniger von weltanschaulichen Vorgaben, vielmehr von der Lebenswirklichkeit der Menschen aus. Nicht so sehr geißelte er die Auswüchse eines Raubtier-Kapitalismus, sondern hob die Vorzüge der Ausgewogenheit der sozialen Marktwirtschaft praktisch hervor. Die allerdings von verschiedenen Seiten her bedroht wird: etwa von einer juristischen Überregulierung, die stets für ein abnehmendes Vertrauen steht. Auch wandte sich Spindler gegen einen einseitig weltanschaulich aufgeladenen Begriff von Armut, der Menschen, die in Armut leben, einen höheren moralischen Status zuschreibt. Gleichermaßen relativierte der mit einer Arbeit über das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) promovierte Predigerbruder Spindler das Bild der Armut, das in der veröffentlichten Meinung verbreitet wird. Er verwies etwa darauf, dass Länder, die lange Jahrzehnte der Dritten Welt zugerechnet wurden, zwischenzeitlich für gewisse Schichten einen beachtlichen Wohlstand bereithalten. Überhaupt ging Spindler von der Eigenverantwortung des Menschen aus, der sich als Abbild des Schöpfers durch sein eigenes Tun verwirklicht.
Ganz handgreiflich: die exzessive staatliche Abgabenlast
An einem entscheidenden Punkt kritisierte der Sozialethiker die häufig zu vernehmende, aber letztlich inhaltslose Bezugnahme auf „die Werte“. Stattdessen wandte er konkret die Zehn Gebote auf die Wirtschaft heute an; brachte ganz handgreiflich eine exzessive staatliche Abgabenlast mit dem siebten Gebot in Verbindung: „Du sollst nicht stehlen.“ Allerdings sind in der Wirtschaft durchaus auch Fortschritte zu erkennen – die Zeiten seien vorbei, so sein Beispiel, in denen manch ein Unternehmer eine angestellte Sekretärin als zur sexuellen Ausbeutung freigegeben wahrgenommen habe (sechstes Gebot). Dabei lag Prof. Spindler Moralisieren fern. Er nutzte dominikanische Rede, um komplexe Sachverhalte eingängig zu vermitteln, zum gesunden Menschenverstand war es nie weit.
Empfang: Die Themen wurden mit Gewinn vertieft
Moderator Prof. Veit Neumann dankte dem Pater für die kurzweiligen Einsichten, die die Aktualität der Zehn Gebote gezeigt hatten, die auch für Menschen von Interesse sind, die keinen eigentlich religiösen Glauben – sei es den jüdischen, sei es den christlichen – teilen. Außerdem hob er die bemerkenswerte Unabhängigkeit des Ordensmannes hervor, der der Funktion der Orden, ein kritisches Korrektiv innerhalb der Kirche und innerhalb der Welt zu bilden, kundig nachgekommen sei. Beim Empfang wurden die Themen mit Gewinn vertieft – bei Sekt und Selters!