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Wie der Christbaum in die Wohnzimmer kam

`S kommt halt eine neue Mod auf

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Egal ob Tanne, Fichte oder doch aus Plastik – der Christbaum, geschmückt mit Lichterketten, Strohsternen, bunten Glaskugeln und vielleicht ein bisschen Lametta gehört zu Weihnachten einfach dazu. Die Brauchtumsexpertin Dorothea Steinbacher erklärt, warum das ein recht junger Brauch ist und was Goethe damit zu tun hat.

Der Christbaum ist der weihnachtliche Exportschlager Deutschlands schlechthin: In Schanghai oder Tokio, in Monrovia oder in Seattle – überall ist er zu finden. Dabei war der Brauch Ende des 19. Jahrhunderts auch bei uns noch nicht sehr verbreitet. Von Peter Rosegger gibt es eine Anekdote, wie er im 19. Jahrhundert als Student den Christbaum an den väterlichen Hof in der Steiermark gebracht hat, weil er seinem jüngeren Bruder, dem „Nickerl“, eine Freude machen wollte. Ob das funktioniert hat? Nickerls Reaktion spricht für sich: „Der schöne, bräunliche Wecken, mit Weinberln gespickt – weil es Weihnachtsgebäck war – , wurde dem Kleinen in die Hand gegeben. Er hielt ihn ganz hilflos vor sich. Die Freude wurde nicht größer, weil sie nicht mehr größer werden konnte. Der Christbaum allein hatte sein ganzes Herzlein ausgefüllt.“

„Die Freude wurde nicht größer, weil sie nicht mehr größer werden konnte. Der Christbaum allein hatte sein ganzes Herzlein ausgefüllt.“ (aus Peter Roseggers Waldheimat)

Die Christbäume verbreiteten sich allmählich von den Königs-und Fürstenhöfen in die bürgerlichen Familien in den Städten und dann sogar aufs Dorf. Vor allem in protestantischen Gebieten waren sie beliebt. Dafür gibt es der Brauchtumsexpertin Dorothea Steinbacher zufolge einen ganz bestimmten Grund: Die Lutheraner lehnten bildliche Darstellungen von biblischen Geschehen, wie sie bei den Katholiken durch Krippen und Hirtenspiele verbreitet waren, ab. Außerdem war Luther die Heiligenverehrung ein Dorn im Auge. Für ihn war der einzige Vermittler zwischen Gott und den Menschen Christus, weshalb er die Anrufung von Heiligen und die damit verbundenen Bräuche ablehnte. Das hatte auch Auswirkungen auf den heiligen Nikolaus, so Steinbacher. Der durfte keine Geschenke mehr bringen, denn für die Lutheraner standen das Christkind und seine Geburt, also das Weihnachtsfest, im Mittelpunkt.

Das führte dazu, dass es im Lauf der Zeit eine katholische und eine evangelische Art gab, Weihnachten zu feiern, erklärt die Brauchtumsexpertin Steinbacher. Die Katholiken haben an ihrem Krippenspiel festgehalten und der Nikolaus brachte immer noch die Geschenke, während die evangelischen Christen an Heiligabend die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium vorlasen und einen Christbaum aufstellten.

„‚`s kommt halt eine neue Mod auf,‘ wusste der Junge aus dem Tal zu sagen. ‚Der lutherisch Verwalter in Mitterdorf hat in ganz Mürzthal den Christbaum aufgebracht.‘“ (aus Peter Roseggers Waldheimat)

Anfangs gab es öffentliche Christbäume, an denen bunte Schleckereien und Äpfel hingen, die sich die Kinder dann abzupfen durften. Für den Christbaum, wie wir ihn heute kennen, finden sich die ersten Zeugnisse in Berlin Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Zeit der Romantik machte die Menschen empfänglich für eine „weihnachtliche Stimmung“. Zudem hat sich seitdem der Lebensstandard in breiten Bevölkerungskreisen so weit gehoben, dass für sie weihnachtlicher Schmuck erschwinglich wurde. Der Christbaum fand seinen Weg in die ganze Welt, auch an Orte, die für Tannen oder Fichten ungewöhnlich sind, weiß Dorothea Steinbacher: „Von Berlin aus gelangte der Christbaum über Wien durch König Otto nach Griechenland.“

Und was war nochmal mit Goethe? Der hat dem Christbaum in seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ als erster einen Platz in der Weltliteratur gesichert.



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