Wertschätzung und gegenseitiger Respekt – Bischof Rudolf besucht Häftlinge in JVA Straubing
"`Dieser ist mein geliebter Sohn. An ihm habe ich Gefallen gefunden`. Das Wort des Vaters zum Sohn bei der Taufe im Jordan ist auch uns zugesagt. Es sei uns Quelle von Trost und Zuversicht, von "(Selbst-) Wertschätzung und gegenseitigem Respekt" schrieb Bischof Rudolf Voderholzer am Fest der Taufe Jesu in das Gästebuch der Justizvollzugsanstalt (JVA) Straubing. Er war zu seinem zweiten Pastoralbesuch gekommen, um mit den Gefangenen und Bediensteten den Sonntagsgottesdienst zu feiern. Anschließend wurde der Diözesanbischof bei einem Rundgang durch den Leitenden Regierungsdirektor Hans Jürgen Amannsberger über verschiedene Betriebe und Einrichtungen innerhalb der fünftgrößten JVA in Bayern informiert.
Im Gutes sagen, Gutes meinen und einander Segen sein
"Denkt an die Gefangenen, als wäret ihr mitgefangen" zitierte Pater Michael Schlemmer aus dem Hebräerbrief (13,3) bei seinem Willkommensgruß beim Pastoralbesuch zu Beginn des Gottesdienstes. Und Bischof Rudolf erklärte diesen Besuch als Zeichen seiner Sorge und seines Respektes. In seiner Predigt erinnerte der Bischof an seine vorangegangenen Besuche beim Gottesdienst, Rundgang durch die Anstalt und die beiden Theateraufführungen. Gerade dabei würden die Gefangenen Leistung zeigen und dabei Erfolg haben. Der Lohn sei dann der Applaus. Und das gebe Wertschätzung und Respekt. "Jeder braucht ein gutes Wort, eine Bejahung, das Bewußtsein, akzeptiert zu sein und zwar unabhängig davon, was ich mir geleistet habe" resümierte der Bischof. Die Taufe Jesu zeige uns, dass am Beginn seines Lebens die Zusage steht: "Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe." So habe Jesus Rückenwind von seinem himmlischen Vater erhalten, eine bedingungslose Zusage seiner Liebe. "Und auch für uns gilt: Noch bevor wir etwas leisten, sagt Gott sein Ja zu uns" betonte der Bischof. Den Respekt Gottes, sein Wohlwollen müsse sich niemand verdienen, sondern bekomme es zugesagt. "Und das muss man annehmen können" meinte der Bischof und erinnerte an das sich selber etwas verzeihen, sich selber vergeben können, das auch gelte, wenn ich mir Schlimmes geleistet habe. Sein Wunsch war, dieses bedingungslose Ja Gottes zu uns annehmen zu können und auch Respekt vor den anderen zu haben, einander gut sein. Zusammengefasst werde dies im lateinischen Benedicere, im Gutes sagen, Gutes meinen, einander Segen sein.
Gefangenenchor singt "Lied der Freiheit"
Den Gottesdienst am Altar feierten mit Bischof Rudolf Voderholzer auch Abt Wolfgang M. Hagl OSB und P. Michael Schlemmer OPraem. Den musikalischen Bestandteil der Liturgiefeier gestaltete der Kirchenchor der Gefangenen, sowie das Solo eines Südamerikaners mit dem "Ave Maria". An Instrumenten kamen Orgel, Klarinette, Flöte und Gitarre zum Einsatz. Nach dem Gottesdienst berührte alle Zuhörer der Gefangenenchor mit dem "Lied der Freiheit" in einer deutschen Fassung von "Va, pensiero, sull'ali dorate" aus der weltberühmten Oper Nabucco von Verdi. Diese brillante Darbietung in der herrlichen Akustik der JVA-Kirche wurde mit langanhaltendem Applaus belohnt. Regierungsdirektor Hans Jürgen Amannsberger drückte seine Freude über den erneuten Bischofsbesuch aus, der nicht nur zum zweiten Pastoralbesuch, sondern auch bereits bei zwei Theateraufführungen gerngesehener Gast war. Begeistert zeigte sich der Leiter der JVA darüber, dass zwei Bilder aus der Kirche und Sakristei in der Regensburger Sonntagsbibel aufgenommen wurden. Besonders das Bild vom guten Hirten bei der Rettung eines verlorenen Schafes vor mächtiger Bergkulisse aus der Feder des englischen Malers Alfred Soord (1868 - 1915) findet viel Beachtung.
Oft sind die inneren Gitterstäbe größer als die äußeren
Im weiteren Gesprächsverlauf betonte Amannsberger, dass Gefangene ausgegrenzt aus der Gesellschaft sind. Deshalb beeindrucke Papst Franziskus, wie er in die Gefängnisse geht und beispielsweise auch am Gründonnerstag dort die Fußwaschung feiert. Bischof Rudolf betonte, dass er sich gerne an den Pastoralbesuch und die beiden Theateraufführungen erinnert: "Die Charismen der Gefangenen werden hier gefördert und herausgestellt". Es sei wichtig, dass diese Menschen an sich selbst glauben, ihre Stärken entdecken und trotz aller Schuld, die sie auf sich geladen haben, angenommen werden. Dieses Angenommensein habe Jesus vorgelebt. Dazu gehöre auch, die Schuld zu erkennen und die Vergebung anzunehmen. "Oft sind die inneren Gitterstäbe größer als die äußeren" resümierte der Bischof und meinte, dass die innere Freiheit aus dem Glauben heraus gewonnen werden kann. Sehr dankbar zeigte er sich für die Seelsorger an diesem Ort, lobte die sehr schön ausgestattete Kirche, in der einmal wöchentlich Gottesdienst gefeiert wird und die Einzelgespräche mit den Seelsorgern sehr begehrt sind. Gemeinsam müsse man Zusammenhelfen, dass diese Sorgenkinder nicht aus der Gesellschaft herausfallen. "Natürlich dürfen wir aber auch den Blick auf die Opfer nicht vergessen, die praktisch schier Unverzeihliches vergeben sollen" betonte der Bischof. Viel Zeit nahm sich der diözesane Oberhirte für einen Rundgang durch die JVA, bei der er auch kurze Gespräche mit den Gefangenen und Bediensteten führte.
Die JVA ist bekannt als Haftort für Kapitalverbrecher mit einer Freiheitsstraße ab sechs Jahren. Sie bietet insgesamt Platz für 845 Gefangene im Regelvollzug sowie rund 80 Plätze in der Sicherungsverwahrung. Derzeit sind rund 700 Gefangene in der JVA und 49 in der Sicherungsverwahrung, wie Hans Jürgen Amannsberger berichtete. Der Weg führte dabei durch verschiedene Stationen im Haus, insbesondere auch zu den Arbeitsbereichen von Medizinaldirektor Hans Zeller. Hier wurden dem Bischof und allen anderen Besuchern die medizinische und zahnmedizinische Behandlung der Gefangenen erläutert, die Krankenstation besucht und auch auf die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Klinikum Sankt Elisabeth hingewiesen.