Regensburg, 25. April 2025
Während des offiziellen Gedenkmarsches der Stadt Regensburg für die Opfer des Nationalsozialismus am Abend des 23. April 2025 ergriff Weihbischof Dr. Josef Graf für die Diözese sowie als offizieller Vertreter der katholischen Kirche das Wort. Er würdigte die Gradlinigkeit, die Unerschrockenheit und auch den Opfergang des Dompredigers Johann Maier, der vor genau 80 Jahren von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Überraschend viele Bürger nahmen an diesem Gedenkmarsch für den Frieden und gegen jede Form von Diktatur teil.
Weihbischof Dr. Graf führte den Gedenkmarschierern zunächst die Situation in der Stadt im Morgengrauen des 23. April 1945 vor Augen: „In den frühen Morgenstunden dieses Tages waren im Gebiet in und um die Stadt Regensburg bis auf die Steinerne Brücke alle Donaubrücken gesprengt worden. Druckwellen ließen Fensterscheiben zersplittern, auch Teile der eingesetzten Notverglasung des Doms gingen dabei zu Bruch. Im Dom kehrt ein Mann mit anderen die Scherben zusammen. Es ist Dr. Johann Maier, der seit 1939 das Amt des Dompredigers innehat. Einen Tag zuvor hatte er noch auf der Kanzel des Doms gestanden und zu Menschen gepredigt, die den Schrecken des Krieges immer näher auf ihre Stadt zukommen sahen.“
Dramatisch dann, so Graf, die Ereignisse im Verlauf des 23. April 1945, denn an diesem denkwürdigen Tag „waren um 18 Uhr zwischen 800 und 1000 Personen, vor allem Frauen, auf dem damaligen Moltke - unserem heutigem Dachauplatz versammelt. Viele schwenkten weiße Taschentücher und manche riefen ‚Gebt die Stadt frei!’ – angesichts der kurz zuvor von den nationalsozialistischen Machthabern herausgegebenen Durchhalteparolen und der Androhung von Verhaftung bei Nichtbeachtung.“ Das sei ein mutiger Schritt und ein „bemerkenswerter Akt kollektiver Widerständigkeit“ gewesen. Domprediger Johann Maier gehörte, so der Weihbischof, ebenso wie die Regensburger Bürger Josef Zirkl und Michael Lottner, zu den Teilnehmern dieser Demonstration — und alle drei sollten dafür mit ihrem Leben bezahlen. „Domprediger Maier (wurde) in den frühen Morgenstunden des 24. April an einem provisorischen Galgen auf dem heutigen Dachauplatz gehängt und einen Tag lang öffentlich zur Schau gestellt.“
Dr. Graf weiter: „Heute, 80 Jahre nach diesen furchtbaren Ereignissen, erinnern wir uns an den Mut vieler Regensburger und vor allem Regensburgerinnen, die sich um das Wohl ihrer Kinder und ihrer Stadt mit den vielen Verwundeten und Kriegsversehrten in den Lazaretten sorgten, und auch an den Mut jener ermordeten drei Männer. Unter ihnen Domprediger Johann Maier, der in der aufgeheizten Situation versuchte, eigentlich beruhigend auf die zur Demonstration versammelten Menschen einzuwirken. Er wollte zur Mäßigung aufrufen und vorschlagen, die Behörden darum zu bitten, die Stadt kampflos den anrückenden amerikanischen Truppen zu übergeben.“ Das sei es gewesen, was seitens der Gestapo und der SS als sogenanntes „hochverräterisches Vergehen“ ausgelegt wurde, wofür der Domprediger sein Leben lassen musste.
Abschließend zitierte der Weihbischof vor dem Regensburger Dom St. Peter die Worte, die auf dem Gedenkstein für Domprediger Maier zu lesen sind: „Eine größere Liebe hat niemand als diese, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde — sein Mund ist zwar verstummt, aber seine Tat und sein Tod werden weiterpredigen.“ Dr. Graf rief die Versammelten auf: „Lassen wir uns vom Beispiel der vielen, die damals für die kampflose Übergabe der Stadt auf die Straße gingen, wie auch Domprediger Maier, Josef Zirkl und Michael Lottner, inspirieren, auch heute nicht zu schweigen, wenn die Menschenrechte mit Füßen getreten werden.“
(sig)