Regensburg, 8. Oktober 2024
In der Basilika St. Emmeram konnte der Kirchenhistoriker der Universität Regensburg, Professor Dr. Klaus Unterburger, am Dienstagabend interessierte Gläubige zum 5. Vortragsabend in der Reihe: „Stark durch Bescheidenheit – Ein Bischof Zwischen Regensburg und Prag“ willkommen heißen.
Dieses Gemeinschaftsprojekt von Katholischer Erwachsenenbildung, der Dompfarreiengemeinschaft St. Emmeram - St. Ulrich und dem Verein für Regensburger Bistumsgeschichte soll das Leben und Werk des heiligen Wolfgang den Gläubigen im Bistum näherbringen. An diesem Dienstagabend standen die beiden Vorträge unter dem Motto: „Von Pilgerschaft und geistlicher Erneuerung“. Domvikar Msgr. Dr. Werner Schrüfer referierte über die Wallfahrt nach St. Wolfgang am Wolfgangsee in der Neuzeit, die Bischöfliche Archiv- und Bibliotheksdirektorin Dr. Camilla Weber nahm die Gäste mit auf eine Reise in die Bistumsgeschichte unter dem Titel: „Das Wolfgangsjahr 1964 – 2024 – Die Geschichte eines neuen pastoralen Formates.“
Pilgern nach St. Wolfgang in der Frühen Neuzeit
Domvikar Msgr. Dr. Werner Schrüfer zeichnete die Wallfahrtsgeschichte von St. Wolfgang am Wolfgangsee im Salzkammergut an Hand des dort aufbewahrten „Zelebrationsbuches“, das von 1755 bis 2021 geführt wurde, aber aus unterschiedlichen Gründen auch Lücken aufweist, nach. Darin verewigten sich über Jahrhunderte Priester, die in St. Wolfgang die Heilige Messe feierten. Die Statistik ist ein Spiegelbild der Kirchen- und Weltgeschichte. So ließ z.B. die Kirchenreform unter Kaiser Joseph II., dem Sohn von Maria Theresia, die Wallfahrerzahlen und damit auch die der Zelebranten zurückgehen. Wallfahrten, die eine Übernachtung nötig machten, waren untersagt. Ebenso machte von 1933 bis 1936 unter den Nationalsozialisten die Gebühr von 1.000 Reichsmark bei Reisen zwischen Deutschland und Österreich die Wallfahrt unmöglich. Die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils veränderten die Wallfahrtspraxis auch, nun waren es nicht nur Priester, die St. Wolfgang zum Ziel hatten und im Zelebrationsbuch verewigt wurden, sondern auch unterschiedliche Gruppen von Weltchristen, deren Glaubenszeugnis der Wallfahrt im Buch dokumentiert wurden. Aus dem Bistum waren vor allem die Orte Gangkofen, Egglkofen, Eggenfelden, Ruhmannsfelden, Oberdietfurt und Reisbach sehr stark als Wallfahrt in St. Wolfgang vertreten. Rund 11.000 Einträge hat Domvikar Dr. Schrüfer von den Anfängen des Buches bis zum Jahr 2000 gesichtet und ausgewertet. Unter den Bistumspriestern, die dort häufig in Erscheinung treten, ist besonders Prälat Dr. Johann Baptist Mehler (1860-1930) aus Tirschenreuth zu nennen, der im Auftrag von Erzbischof Ignatius von Senestrey (1818–1906) sich schriftstellerisch mit dem heiligen Wolfgang beschäftigte: „Der heilige Wolfgang, Bischof von Regensburg; historische Festschrift zum neunhundertjährigen Gedächtnisse seines Todes“ (1894) war das richtungsweisende Ergebnis dieser Tätigkeit. Dieses Jubiläum wirkte sich auch positiv auf die Wallfahrerzahlen am Wolfgangsee aus. Was bei ihm und vielen anderen Priestern die Motivation zur Wolfgangsverehrung war, lässt sich aus den Quellen nicht belegen. Überliefert ist der Satz von Pfarrer Sebastian Werner: „Nichts ist lebendiger, als ein toter Heiliger!“
„Wir rufen Dich St. Wolfgang an“
Dr. Camilla Weber, Bischöfliche Archiv- und Bibliotheksdirektorin, zeigte die erst kurze, aber doch sehr wechselhafte Geschichte der Regensburger Wolfgangswoche auf, die in Bayern eher zu den jüngeren Gedenkwochen für einen Bistumspatron zählt. Der Gedenktag des Heiligen, der Ende Oktober liegt, war aus unterschiedlichen Gründen eher ungeeignet, eine vertiefte Verehrung des Bistumspatrons einzuleiten. Einer Befragung der Dekane des Bistums durch Bischof Dr. Rudolf Graber (1903-1992) folgte 1964 die erste Wolfgangswoche in der neueren Bistumsgeschichte. Dabei wechselte die Richtung der Verehrungspraxis immer wieder in den Jahren. Entweder kamen die Gläubigen zur Wolfgangswoche nach Regensburg oder der Schrein des Heiligen besuchte die unterschiedlichen Regionen. Besondere Wallfahrtstage sprachen besondere Zielgruppen an: Geistliche Gemeinschaften, Schulkinder oder Mitarbeiter der Bischöflichen Verwaltung. Prominente Gastprediger kamen, darunter auch Joseph Kardinal Ratzinger. Die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils wurden in den Predigten vertieft und die Ökumene mit der orthodoxen Kirche in Vespergottesdiensten gepflegt. Bischof Graber war die innere Erneuerung der Kirche wichtig, nicht durch strukturelle Reformen, sondern durch eine Vertiefung des Glaubenslebens. Zuletzt war es die Coronapandemie, die Aktivitäten rund um die Wolfgangswoche, die immer in die Priesterweihe rund um Peter und Paul mündet, einschränkte.