Von Speisenweihe, Butterlamm und Weichbrunn: Die Feier des Osterfestes
Seit dem Konzil von Nicäa im Jahr 325 feiert die katholische Kirche am ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond das Osterfest - das höchste Kirchenfest im Jahreskreis. Alle Trauer der Kartage ist vergessen, wenn in der Osternacht die Glocken die Auferstehung verkünden. Doch zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche ist es für die Gläubigen nicht möglich, die feierliche Osternacht gemeinsam in den Gotteshäusern zu feiern. In Zeiten der Corona-Pandemie dürfen keine öffentlichen Gottesdienste abgehalten werden - aber Ostern fällt nicht aus! Das Osterfest kann von allen gefeiert werden - am Bildschirm oder im Internet mit Bischof Rudolf Voderholzer und daheim mit der Familie. Vielleicht auch mit einem Blick auf Ostern, "wie es früher war".
Die Osternacht
Bis heute beginnt die Feier der Osternacht mit dem Entfachen des Osterfeuers vor der Kirche, an dem der Pfarrer dann feierlich die Osterkerze entzündet. Die Kraft des Osterfeuers galt als segenspendend. Und so wetteiferten in einigen Gegenden die Buben darum, das Feuer nach der Messe in die Häuser zu tragen und dann mit einem Geldstück oder zumindest einigen Ostereiern entlohnt zu werden. Zu diesem Zweck hatten sie in manchen Gegenden getrocknete Baumschwämme dabei, mit denen sich die Glut lange halten ließ. Andernorts wurden im Osterfeuer Späne angebrannt und geweiht, die dann kreuzförmig mit Palmzweigen besteckt und auf die Felder gebracht wurden. Mit der Weihe des Osterfestes versehen galten sie als ähnlich Segen bringend wie die geweihten Palmkätzchen und wurden bei drohendem Unwetter ins Herdfeuer geworfen oder auf die Felder gebracht.
Auch in Laternen trugen die Gläubigen das Osterfeuer nach Hause. In manchen Häusern ließ man das Tag und Nacht sorgsam gehütete Herdfeuer am Gründonnerstag mit Beginn der Kartage erlöschen. Zwei Tage lang gab es kein warmes Essen, erst mit dem aus der Kirche mitgebrachten Osterfeuer wurde der Herd neu entzündet. Noch heute nehmen die Gläubigen das Osterlicht mit nach Hause. Und auch wenn in diesem Jahr keine öffentliche Feier der Osternacht stattfinden kann, das geweihte Osterlicht brennt in allen Gotteshäusern. In vielen Kirchen stehen kleine Osterkerzen bereit, damit man das Licht mitnehmen kann um damit daheim seine - vielleicht selbst verzierte - Osterkerze anzuzünden.
"Osterwasser" für den "Weichbrunn"
Früher hatte jede Familie ein besonderes Gefäß, mit dem das Weihwasser das ganze Jahr über aus der Kirche geholt wurde. Ganz besondere Gnade versprach man sich auch vom Osterwasser. Es wurde daheim in den "Weichbrunn" - das Weihwasserkesselchen - gefüllt, das Vieh im Stall wurde mit Osterwasser besprengt, ebenso wie Garten und Felder. Mit einem ganz besonderen Ritus wird in der Osternacht das Taufwasser geweiht. Im Lauf der Zeit hat sich dann im Volksmund der Begriff "Osterwasser" eingebürgert. Schon in der Urkirche war es üblich, dass Taufbewerber in der Osternacht in die Kirche aufgenommen wurden. Und bis heute gilt es als etwas Besonderes, Kinder in der Osternacht taufen zu lassen.
Bei der Weihe des Taufwassers wird nach den Anrufungen der Allerheiligenlitanei die Osterkerze vom Priester dreimal in das Wasser eingesenkt, während er ein ganz besonderes Segensgebet mit der Bitte um Herabkunft des Heiligen Geistes singt. Da in diesem Jahr in der Osternacht keine Taufen gespendet werden können, geschieht die Segnung des Wassers in einfacher Form ohne Eintauchen der Kerze. Das frisch gesegnete Weihwasser kann natürlich auch an diesem Ostersonntag in den Kirchen abgeholt werden. Manche Pfarreien bieten bereits abgefüllte Fläschchen an. Viele Familien haben ihre eigenen Weihwassergefäße zum Hausgebrauch. So ein besonderes Weihwasserflascherl lässt sich auch mit einfachen Mitteln selbst gestalten, vor allem die Kinder sind bestimmt mit Begeisterung dabei. Man braucht nur eine saubere Flasche und verschiedenen Farben zum bemalen. Am besten eignen sich Acryl- oder Glasfarben, aber auch einfache Fingerfarben können gut auf Glas eingesetzt werden. Besonders schön ist auch ein mit einem Osterlamm besticktes Stoffband als Banderole.
Speisenweihe
Noch heute bringen die Gläubigen an Ostern ein Körbchen mit Speisen zur Weihe in die Kirche. Die Speisenweihe schließt sich an die Osternachtsfeier und die Ostergottesdienste an. In vielen Familien ist es Tradition, den Osterkorb mit den Speisen besonders festlich herzurichten. Dazu wird er mit einer feinen Leinenserviette ausgelegt, die mit österlichen Motiven bestickt ist. Mancherorts werden die Speisen auch mit einem speziellen Tuch abgedeckt. Auf oder unter das Tuch kommen dann der Osterfladen, Brot, Schinken oder Geräuchertes, manchmal ein Stück Kren (Meerrettich), gefärbte Ostereier und natürlich das gebackene Osterlamm mit der Osterfahne. Früher wurde die Schale der Eier vor der Weihe oft "angepeckt", also angeschlagen, "damit die Weihe auch hineinkann". Und noch heute macht sich vor der Speisenweihe oft eine leichte Unruhe in der Kirche breit, wenn die Körbe und Taschen unter den Bänken hervorgeholt und Reißverschlüsse der Taschen geöffnet werden, damit der Segen auch wirklichen eindringt. Beim Osterfrühstück - das erste üppige Frühstück nach der langen Fastenzeit - werden die geweihten Speisen mit Genuss verzehrt.
Ostern daheim
Auch wenn in diesem Jahr keine Körbe zur Weihe in die Kirche gebracht werden können, muss niemand auf die "geweihten" Speisen zum Osterfrühstück verzichten. Denn obwohl sich im Volksmund der Begriff Speisenweihe eingebürgert hat, werden die Speisen vom Priester an Ostern gesegnet, da eine Weihe nur für Gegenstände im liturgischen Gebrauch möglich ist. Ein Segen kann von jedem Gläubigen ausgesprochen werden. So war früher der Elternsegen, bei dem Vaters und Mutter bei der Hochzeit ihren Kindern die Hände auflegten, ein fester Bestandteil der kirchlichen Trauung. Ein spezielles Segensgebet für die häusliche Speisensegnung liegt in zahlreichen Kirchen im Bistum aus.
In diesem Jahr ist Ostern anders. Geplante Reisen können nicht unternommen werden, die Kinder sind daheim, alles geht einen ruhigeren Gang. Es ist die Gelegenheit, die Zeit und Muße zu nutzen, um sich gemeinsam mit der Familie auf das Fest vorzubereiten. Da kann das - schon beschriebene - Weihwasserfläschchen bemalt werden, oder man holt die Sticknadel aus dem Nähkästchen und versucht sich an dem gestickten Osterlämmchen. Das Osterfähnchen auf dem Bild lässt sich leicht nachsticken. Und es ist vielleicht eine gute Gelegenheit, den Kindern die Technik des Kreuzstiches näherbringen. Das Motiv kann auch auf eine Banderole für das Weihwasserfläschchen gestickt werden. Auch das abgebildete Butterlamm erfordert kein außergewöhnliches künstlerisches Geschick. Und etwas Kümmel für die Nase und Nelken für die Augen hat sicher jeder im Haus. So steht dem festlichen Osterfrühstück mit den "geweihten" Speisen nichts mehr im Weg.
Text: Judith Kumpfmüller