Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen legt Tätigkeitsbericht 2023 vor
Anerkennungsleistungen von über 56 Millionen Euro entschieden
Bonn, 15. März 2024
Am 15. März 2024 hat die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) gemeinsam mit ihrer Geschäftsstelle den Tätigkeitsbericht 2023 vorgestellt. Der Bericht enthält einerseits alle Zahlen für das Berichtsjahr 2023, zeigt aber gleichzeitig alle Daten über die Entwicklung seit Beginn des Verfahrens am 1. Januar 2021 in den Jahren 2021 und 2022 auf.
Nachdem Ende 2022 nur noch 271 Anträge zur Entscheidung anstanden, stieg die Zahl der offenen Vorgänge auf 807 an, unter anderem auch durch Anträge, mit denen Betroffene neue Informationen vorlegten (Ziffer 12 (2) der Ordnung für das Verfahren zur Anerkennung des Leids, VerfOA), sowie durch die seit dem 1. März 2023 geltende Möglichkeit, einmalig Widerspruch gegen eine Entscheidung der UKA einzulegen.
Im Berichtsjahr hat die Kommission in 47 Sitzungen durch 762 Einzelentscheidungen Anerkennungsleistungen von insgesamt 16.102.100 Euro beschlossen. Dies betraf Leistungshöhen von 10.913.400 Euro bei 439 Erst- und Folgeanträgen sowie Erhöhungsbeträge von 2.208.000 Euro bei 107 Anträgen nach Vorlage neuer Informationen (Ziffer 12 (2) der VerfOA) und Erhöhungsbeträge von 2.980.700 Euro im Fall von 216 Widersprüchen. Die Gesamtsumme aller Entscheidungen der UKA beläuft sich seit dem Start am 1. Januar 2021 auf insgesamt 56.982.000 Euro.
Die Vorsitzende der Kommission, die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht a. D., Margarete Reske, erinnerte daran, dass die Kommission sich seit Beginn ihrer Tätigkeit an den geltenden Schmerzensgeldtabellen orientiert hat, aber aufgrund der Schwere der Fälle auch zum Teil weit über bisherige Gerichtsentscheidungen hinausgegangen ist. So liegen seit Beginn der Arbeit am 1. Januar 2021 inzwischen 228 Entscheidungen zum Teil weit über dem Betrag, bei dem in besonders schweren Fällen die kirchlichen Institutionen (Diözesen, Orden, Caritas) um Zustimmung gebeten werden müssen. Diese Zustimmung wurde bisher in allen Fällen erteilt.
Der Bericht zeigt auch die Entwicklungen seit dem Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Juni 2023 auf, das seit seiner Rechtskraft bei den Entscheidungen der Kommission berücksichtigt wurde, sodass mittlerweile einige Entscheidungen in vergleichbarer Höhe ergangen sind. Margarete Reske: „Allerdings hat die UKA von Anfang an – und schon vor dem Kölner Urteil – auch Anerkennungsleistungen festgesetzt, die die in der damaligen Schmerzensgeldtabelle dargestellten Entscheidungen überschritten. In den ersten beiden Jahren überstiegen 148 Entscheidungen der UKA die bis dahin höchsten Entscheidungen deutscher Gerichte in diesem Feld, die bei 65.000 Euro lagen.“
„Die Entwicklung zeigt, dass die Erst- und Folgeanträge bei etwa 30–40 Eingängen pro Monat verbleiben, derzeit aber eine größere Zahl von Ziffer 12-(2)-Anträgen und Widersprüchen eingehen, die zusätzlich zu bearbeiten sind. Unser Engagement ist ungebrochen, auf der Basis der Verfahrensordnung in diesem betroffenenorientierten freiwilligen Verfahren angemessene Leistungshöhen zu entscheiden“, so der stellvertretende Vorsitzende der UKA, der Vorsitzende Richter am Bundessozialgericht a. D., Prof. Dr. Ernst Hauck.
Sylke Schruff, Referentin in der Geschäftsstelle merkt an, dass man „eine ähnliche Zahl von Widersprüchen erwartet habe. Von insgesamt 2.287 bereits ergangenen Entscheidungen wurde in 618 Fällen Widerspruch eingelegt. Das ist eine Quote von 27,02 Prozent. Das einmalige Einlegen eines Widerspruchs steht allen Betroffenen offen“. Erneut würdigte Margarete Reske insbesondere die Unterstützung durch die unabhängigen Ansprechpersonen in den Diözesen und Ordensgemeinschaften, die die Betroffenen bei der Antragstellung begleiten und unterstützen.
Hinweis:
Der Tätigkeitsbericht 2023 der UKA ist als PDF-Datei zum Herunterladen unter https://www.anerkennung-kirche.de/wir-fuer-sie/taetigkeitsbericht verfügbar.
Hintergrund:
Die Mitglieder der UKA stehen in keinem Anstellungs- und Abhängigkeitsverhältnis zu der katholischen Kirche und arbeiten weisungsunabhängig.
Die UKA nimmt grundsätzlich nur von kirchlichen Institutionen oder den dort benannten Ansprechpersonen übersandte Anträge auf Leistungen in Anerkennung des Leids von sexuellem Missbrauch Betroffener entgegen und entscheidet über die Höhe der Leistungen, die ausgezahlt werden. Die UKA ist bundesweit tätig, sodass es bundesweit im Sinne einer Gleichbehandlung zu vergleichbaren Entscheidungen kommt. Der Begriff des sexuellen Missbrauchs im Sinne der Ordnung umfasst dabei sowohl strafbare als auch nicht strafbare sexualbezogene Handlungen und Grenzverletzungen. Leistungsanträge sind auch für Betroffene möglich, die bereits auf Empfehlung der Zentralen Koordinierungsstelle und auf der Basis damals niedrigerer vorgesehener Anerkennungsbeträge Zahlungen erhalten haben (sogenannte Altanträge). Die aktuelle Ordnung des Verfahrens ermöglicht der UKA zusätzlich, einstimmig in kleineren Spruchkörpern (sogenannten Kammern) zu entscheiden. Bei grundsätzlichen Fragen oder strittigen Entscheidungen müssen wie bisher weiter mindestens fünf Mitglieder der UKA zusammenkommen, um beschlussfähig zu sein. In den Sitzungen der Kommission ist eine interdisziplinäre Beratung und gründliche Prüfung jedes Antrags auch weiterhin die Grundvoraussetzung für eine angemessene und ausgewogene Entscheidung der UKA.
Herausgeberin
Margarete Reske
Vorsitzende der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen