Thomas Becket: Kämpfer für die Freiheit der Kirche
Kirche und Staat – Kirche oder Staat? Jahrhundertelang war die Kirchengeschichte in Europa von Machtkämpfen zwischen Kirche und Staat geprägt. Die Streitfelder waren vielfältig: Wer darf Bischöfe ernennen? Wer hat die höhere Macht – Kaiser oder Papst? Beide Seiten konnten Siege davontragen. So konnte sich der Papst im Investiturstreit gegen den Kaiser durchsetzen, der daraufhin im berühmten Gang nach Canossa Abbitte leisten musste. Aber auch die staatlichen Machthaber konnten immer wieder siegen und immer wieder auch in die Wahl des Papstes erfolgreich eingreifen.
Gute Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat
Heute dürfen wir in einer guten Situation leben: Im religiös weltanschaulich neutralen Staat sind Kirche und Staat Partner. Die Religionsfreiheit als bedeutendes Grundrecht steht nicht nur dem einzelnen Gläubigen zu, sondern in gewissem Umfang auch einer ganzen Glaubensgemeinschaft. Die Kirchen dürfen beim Religionsunterricht mitentscheiden; im Bereich von Caritas und Diakonie sind Kirche und Staat auch finanziell gute Partner. So war das nicht immer – ein Zeugnis davon legt der heilige Thomas Becket ab.
Steile Karriere von Thomas Becket
Becket, geboren 1118, war als Sohn eines erfolgreichen Londoner Kaufmanns privilegiert: Er konnte an den bedeutendsten Universitäten Europas studieren. Zurück in der Heimat, wurde er ein wichtiger Vertrauter von König Heinrich II., dessen Lordkanzler er wurde. Obwohl Thomas Becket Diakon und sogar Archidiakon von Canterbury war, setzte er sich vehement für die Rechte und Interessen des Königs ein. Wie der König selbst, führte auch Becket einen ausschweifenden Lebensstil mit viel Luxus. Das alles änderte sich schlagartig. Der König ernannte ihn zum Erzbischof von Canterbury. Dadurch versprach er sich einen erheblichen Einfluss auf die Kirche.
Becket ändert sein Leben schlagartig
Doch mit Thomas Becket geschah etwas. Er nahm sein neues Amt sehr ernst und änderte den Lebensstil schlagartig. Kein Luxus mehr, keine teuren Gewänder – Thomas kleidete sich nur noch in das einfache Gewand eines Benediktiners, seine Einkünfte soll er unter den Armen verteilt haben. Auch inhaltlich änderte sich seine Position: So vehement er für den König gekämpft hatte, so unnachgiebig vertrat er nun die Rechte der Kirche. König und Erzbischof entfremdeten sich voneinander, Becket gab das Amt des Lordkanzlers auf.
Showdown: Kleriker und Gerichte
Zum Showdown kam es bei der Frage, welcher Gerichtsbarkeit straffällig gewordene Kleriker unterworfen seien: Durfte hier das königliche Gericht Strafen verhängen oder war das die Kompetenz kirchlicher Gerichte? Die Bischöfe Englands lenkten um des Friedens willens ein, der König solle die Gerichte durchführen dürfen. Thomas weigerte sich, floh nach Frankreich. Nachdem sich die Wogen scheinbar geglättet hatten, kehrte Becket zurück nach England – aber schon auf der Überfahrt sorgte er für den nächsten Eklat. Der Thronfolger war gekrönt worden, die übrigen Bischöfe hatten bei der Krönung mitgewirkt. Daraufhin exkommunizierten sie Thomas Becket kurzerhand.
Ein Mord in der Weihnachtszeit
Was nun folgte, ist umstritten. Klar ist: Der König wurde zornig. Die erste Möglichkeit wäre, dass Ritter im Umfeld des Königs einige Aussagen falsch verstanden oder überbewertet haben. Die andere Möglichkeit ist, dass der König tatsächlich den Auftrag gab, den Erzbischof von Canterbury zu ermorden. Fakt ist, dass Thomas Beckett am 29. Dezember 1170 in seiner eigenen Kathedrale getötet wurde. Die Ritter schlugen ihm die Schädeldecke ab. Schon bald wurde Thomas als Heiliger verehrt, nur drei Jahre nach seinem Tod wurde er vom Papst als Märtyrer heiliggesprochen.
Die Kirche gedenkt des heiligen Thomas Becket am 29. Dezember.