Regensburg, 10. Juni 2025
Wer zuhören kann, ist hier richtig: Bei der Telefonseelsorge Ostbayern beginnt im Herbst ein neuer Ausbildungskurs. Was es dafür braucht? Zwei Mitarbeiterinnen klären im Interview auf.
Michaela Fröhlich ist hauptamtliche Mitarbeiterin im Büro der Telefonseelsorge und unter anderem dafür zuständig, den Erstkontakt mit ehrenamtlich Interessierten herzustellen. Charlotte Wagner (Name aus Anonymitätsgründen geändert) ist seit fast einem Jahrzehnt ehrenamtliche Mitarbeiterin. Mit beiden sprechen wir über Voraussetzungen und Erfahrungen des Dienstes.
Welche Fähigkeiten muss jemand mitbringen, der bei der Telefonseelsorge arbeiten möchte?
Michaela Fröhlich: Man sollte empathisch sein, sich gut in andere hineinversetzen können sowie hilfsbereit und kontaktfreudig sein. Und einfach ehrliches Interesse am Menschen haben. Man sollte auch verlässlich sein und die Zeit für dieses Ehrenamt haben. Belastbarkeit und Abgrenzung sind auch wichtige Fähigkeiten, um nicht alle Gespräche mit nach Hause zu nehmen, wobei man darauf in unserem Ausbildungskurs gut vorbereitet wird.
Kommt es oft vor, dass Gespräche einen derart belasten?
Charlotte Wagner: Richtig belastende Gespräche sind selten. Solche Krisengespräche, bei denen jemand zum Beispiel akut suizidgefährdet ist, nehmen einen natürlich schon mit. Wir haben aber immer die Möglichkeit, das mit jemandem zu besprechen, etwa beim Schichtwechsel mit dem Nachfolger, mit den Hauptamtlichen und später in der Gruppe bei der Supervision.
Was ist die Supervision?
Fröhlich: Zu der Arbeit am Telefon kommt die Verpflichtung, einer Supervisionsgruppe anzugehören. Diese Gruppe dient der eigenen Entlastung, der Weiterführung der Qualifikation für den Dienst und der Einbindung in die Arbeitsgemeinschaft. Die Gruppen treffen sich etwa alle vier Wochen.
Wagner: In der Gruppe können wir Themen aus dem Dienst besprechen, alles, was uns beschäftigt. Das bleibt aber alles innerhalb der Supervisionsgruppen.
Bevor man überhaupt ans Telefon darf, muss man eine Ausbildung machen. Wie läuft diese ab?
Fröhlich: Der Ausbildungskurs dauert acht Monate. In diesem Jahr startet er am 17. und 18. Oktober mit einem gemeinsamen Wochenende. Er beinhaltet zwei weitere Wochenenden, nächstes Jahr im Januar und Juni. Außerdem insgesamt 26 Gruppenabende von etwa drei Stunden Dauer, die jeweils am Mittwoch stattfinden. Die Teilnahme am Ausbildungskurs ist kostenlos. Schwerpunkte der Ausbildung sind die Arbeit an der eigenen Person, ressourcenorientierte Gesprächsführung und die Besprechung von für den Dienst am Telefon relevanten Sachthemen.
Braucht man besondere Vorkenntnisse, um die Ausbildung machen zu können?
Fröhlich: Nein. Wer bei uns arbeitet, wird durch den Ausbildungskurs auf diese Arbeit vorbereitet. Über Fortbildungen, die wir regelmäßig anbieten, wird das Wissen immer wieder aufgefrischt und erweitert. Wer in einer schwierigen Lebenssituation bei uns anruft, tritt in der Regel nicht mit „Fachpersonal“ in Verbindung wie etwa Psychotherapeuten, Pfarrern oder ärztlichem Fachpersonal, sondern mit Menschen wie Du und Ich. Laien quasi, die von uns eine spezielle Ausbildung bekommen.
Wie geht es nach abgeschlossener Ausbildung weiter?
Wagner: Danach geht es direkt mit dem Dienst los. Wir telefonieren zwar während der Ausbildung schon, aber nur in Begleitung von jemandem, der schon länger Dienst macht. Das erste Mal alleine am Telefon zu sein ist schon aufregend. Ich habe damals aber ziemlich schnell die Unsicherheit verloren. Die Ausbildung hilft dabei viel.
Begleiten Sie mittlerweile auch Auszubildende bei ihren ersten Telefonaten?
Wagner: Das habe ich schon einige Male gemacht. Es ist nämlich auch für Mitarbeiter, die schon länger dabei sind, eine Bereicherung. Ich lerne von den Auszubildenden immer wieder neue Ansätze für die Gesprächsführung und denke mir manchmal: Gute Idee, so könnte ich das auch nächstes Mal angehen!
Wie oft telefoniert man eigentlich so im Durchschnitt?
Fröhlich: Wir möchten die Erreichbarkeit 24 Stunden am Tag gewährleisten, deshalb sind wir bestrebt, die Dienststunden möglichst gleichmäßig auf alle Mitarbeiter zu verteilen. Daraus ergibt sich ein monatliches Mindestmaß von zwei Tagschichten, die in der Regel vier Stunden dauern, oder ein Nachtdienst. Und an der Supervision sollte man regelmäßig teilnehmen. Außerdem sollte man bereit sein, etwa drei Jahre ehrenamtlich mitzuarbeiten. Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bleiben aber länger bei uns. Der Dienst am Telefon findet vor Ort in Regensburg statt.
Wagner: Man bekommt auch einiges dafür zurück. Wir sind regelmäßig zu Fortbildungen eingeladen und mehrmals im Jahr zu Gesamtveranstaltungen, bei denen ein Großteil der Mitarbeiter zusammenkommt und die eine tolle Stärkung für die Gemeinschaft sind.
Interview: Katharina Winterlich
(chb/kw)