München / Regensburg, 13. März 2025
Unter den Opfern der jüngsten Massaker in der syrischen Küstenregion am vergangenen Wochenende befinden sich auch Christen. Dies teilten Menschen aus der Hafenstadt Latakia, die dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) nahestehen, mit. Sie müssen aus Sicherheitsgründen anonym bleiben.
Der 7. März ist nach diesen Berichten der Betroffenen für die Kinder, Frauen und Männer in Latakia, Tartus, Baniyas, Dschabla und den umliegenden Gemeinden „ein sehr schwarzer und schmerzhafter Tag“ gewesen. Unter den Opfern seien auch zwei Angehörige der evangelischen Gemeinde, die in ihrem Auto getötet wurden, sowie der Vater eines Priesters aus Baniyas. Im mehrheitlich von Christen bewohnten Dorf Belma, „wo es keine Waffen gibt und die meisten Einwohner Senioren sind, haben die Menschen zwei Tage Terror erlitten“, berichteten die Ansprechpartner. Auch sei es zu Plünderungen und Raubzügen in größerem Umfang gekommen.
Die Mehrheit der Opfer der jüngsten Gewalteskalation seien jedoch Angehörige der Religionsgruppe der Alawiten, darunter viele Zivilisten. Die Massaker hätten sich infolge eines Hinterhaltes alawitischer Milizen ereignet, bei dem etwa 20 Angehörige der neuen staatlichen Sicherheitskräfte getötet worden seien. Doch auch dieser Hinterhalt wurde nur gelegt, weil zuvor alle Alawiten pauschal verdächtigt wurden und weil sie nicht mehr bezalt wurden – also Not litten.
Kirchen verurteilen Gewalt
Die christlichen Kirchen Syriens sehen die Eskalation mit größter Sorge. Bischof Hanna Jallouf, Apostolischer Vikar von Aleppo und Vertreter der Christen des lateinischen Ritus in Syrien, schrieb: „Wir schließen uns der Stimme aller ehrlichen und patriotischen Menschen in diesem Land an und betonen unsere Ablehnung jeglicher Form von Gewalt, Rache und Vergeltung aus konfessionellen und religiösen Gründen. Wir appellieren an die Behörden des Landes, diese Angriffe, die mit allen menschlichen, moralischen und religiösen Werten unvereinbar sind, rasch zu beenden.“
Es ist dabei bedeutend, dass er ausdrücklich „die Behörden“ nennt. Im Vorderen Orient, wo auch das zählt, was nicht ausgesprochen wird, bedeutet dies eine klandestine Anerkennung des Standpunktes Alawiten, die zuerst angegriffen wurden. Die Erklärung erinnert Jallouf dementsprechend auch an das Versprechen von Präsident Ahmed al-Sharaa, diejenigen, die Zivilisten angreifen, zur Rechenschaft zu ziehen und „die notwendigen Veränderungen herbeizuführen, um das Land in Richtung Sicherheit zu führen“.
Jungfrau Maria: allen Religionen heilig
Die syrischen Kirchen bekräftigen das Bekenntnis zur territorialen Einheit Syriens und lehnt jeden Versuch ab, das Land zu spalten. Der griechisch-orthodoxe Patriarch Johannes X. von Antiochien beklagte in einer Predigt am vergangenen Sonntag die Gewalt in der Küstenregion und erinnerte daran, dass in einem Stadtteil von Baniyas bei den Unruhen auch religiöse Symbole geschändet worden seien. Er ruft zur Gemeinschaft aller Gutwilligen auf: „Die Ikone der Jungfrau Maria wurde zerschlagen, mit Füßen getreten und entweiht. Sie ist die Jungfrau Maria, die neben uns auch alle Muslime verehren und der im Koran ein ganzes Kapitel gewidmet ist.“
Die Geschäftsführende Präsidentin von „Kirche in Not“ (ACN), Regina Lynch, erklärte angesichts der jüngsten Ereignisse: „In diesem Moment des Schmerzes und des Leids wenden wir uns der einzig wahren Quelle des Friedens zu, dem Gebet. Wir müssen jetzt mehr denn je für die Heilung und eine gute Zukunft Syriens beten. Möge Christus diese leidgeprüfte Nation erhellen!“
Text: Kirche in Not
(sig)