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Zur Neuigkeit
St. Anna in Gotteszell – ein sakrales Gedächtnis Süddeutschlands
Neue Münsterkirche im Bistum Regensburg
Regensburg, 27. November 2025
Die Kirche St. Anna in Gotteszell gehört zu jenen sakralen Orten, in denen sich die religiöse, kunsthistorische und geistige Geschichte einer ganzen Region bündelt. Mit ihrer Erhebung zum Münster durch Bischof Dr. Rudolf Voderholzer am 16. November 2025 hat dieses bedeutende Gotteshaus eine Anerkennung erfahren, die seine jahrhundertelange Rolle als geistliches Zentrum sichtbar unterstreicht. Wer die Kirche betritt, begegnet einem Raum, in dem sich mittelalterliche Strenge, barocke Bildkraft und klösterliche Tradition zu einem einzigartigen kulturellen Kontinuum verbinden.
Weit mehr als ein regionales Gotteshaus ist die über Jahrhunderte kontinuierlich neu interpretierte, stets weiterentwickelte und mehrfach notgedrungen instandgesetzte Kirche St. Anna in Gotteszell; sie bildet ein konzentriertes Gedächtnis süddeutscher Klosterkultur. Ihr Ursprung liegt im ausgehenden 13. Jahrhundert, als Ritter Heinrich von Pfelling im Jahr 1285 die Gründung eines Zisterzienserklosters initiierte, das 1286 bischöflich bestätigt wurde und 1320 den Rang einer Abtei erhielt. Die Kirche, die als liturgisches Zentrum dieser monastischen Welt entstand, folgt in ihren ältesten Schichten noch ganz der zisterziensischen Architekturauffassung, die Klarheit, geistige Sammlung und formale Zurückhaltung miteinander verbindet.
Um 1339 erhielt das Gotteshaus jene frühgotische Gestalt, die im Grundriss bis heute ablesbar ist. Die dreischiffige, querschifflose Basilika mit ihren drei Ostapsiden folgt der strengen Logik des mittelalterlichen Zisterzienserbaus: ein ruhiger, vertikal gefasster Raum, der ohne dekorative Übersteigerung auskommt und seinen Charakter aus der Konzentration auf Licht, Maß und tektonische Ordnung gewinnt. In dieser Schlichtheit liegt bereits der geistliche Ernst einer Gemeinschaft, die den Raum nicht zur Repräsentation, sondern zur Sammlung verstand.
Zerstörung und barocker Neubeginn
Die dramatischen Ereignisse des 17. Jahrhunderts rissen einen tiefen Einschnitt in diese architektonische Kontinuität. Der Brand von 1629, dessen Flammen die Urkirche und einen Großteil der klösterlichen Gebäude vernichteten, traf die Anlage mitten in einer Zeit, die ohnehin vom Druck des Dreißigjährigen Krieges geprägt war. Aus dieser Zerstörung heraus begann eine Phase des Wiederaufbaus, in der das mittelalterliche Gerüst erhalten blieb, jedoch in den großen theologischen Bild- und Raumwillen des Barocks überführt wurde. Der Wiederaufbau bedeutete zugleich einen geistlichen Neuanfang: Der karge gotische Raum wurde zur Bühne einer neuen Verkündigungssprache, in der Farbe, Licht und Bewegung nunmehr eine zentrale Rolle spielen.
Besonders eindrucksvoll vollendet sich dieser Wandel im Chorraum, wo das monumentale Fresko der Himmelfahrt Mariens den Blick fesselt. Es hebt die architektonischen Linien der Gotik auf und führt sie in eine barocke Bilddramaturgie hinein, die den Raum nach oben hin öffnet. Die spätere Geschichte dieses Freskos – seine Übermalung in einer Phase puristischer Denkmalpflege, seine Freilegung im Jahr 1940 und die behutsame Ergänzung fehlender Partien im frühen 21. Jahrhundert – dokumentiert die wechselnden kunsthistorischen Perspektiven, die dieses Gotteshaus im Laufe der Jahrhunderte durchlaufen hat.
Raumdramaturgie des Barocks
Die barocke Ausstattung fügt sich organisch in diese neue Raumordnung. Der Hochaltar, dessen Zentrum ein Gnadenbild der „Anna selbdritt“ bildet, bewahrt eine Frömmigkeitstradition, die den Ort seit dem Spätmittelalter begleitet. Der um 1760 entstandene Tabernakel, ein Werk im Geist süddeutscher Rokokobildhauerei, entfaltet ein feines Spiel aus Ornament, Symbolik und Konzentration auf das eucharistische Zentrum.
Eine besondere kunsthistorische Kostbarkeit ist die Abendmahlsgruppe im südlichen Seitenschiff: lebensgroße Holzfiguren aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, in einem Halbkreis um Christus angeordnet. Sie führen die dramatische Spannung der Szene nicht über äußere Bewegung, sondern über den stillen, inneren Zusammenhalt der Figuren. Der Betrachter wird damit unmerklich in einen Kreis aufgenommen, der weniger historisches Ereignis als geistliche Gegenwart darstellt.
Außenbau und spätere Ergänzungen
Die äußere Gestalt der Kirche bewahrt trotz barocker Umbauten ihren mittelalterlichen Charakter. Das vierjochige, durch Strebepfeiler gegliederte Langhaus zeigt weiterhin die klare Tektonik des 14. Jahrhunderts. Erst im Jahr 1830 erhielt die Kirche ihren spätklassizistischen Westturm aus Granitquadern, der mit seinem flachen Pyramidendach und der ruhigen geometrischen Fassung einen bewussten Kontrapunkt zur inneren Bildfülle setzt. Fünf Glocken und eine Turmuhr geben dem Bau seine heutige äußere Akzentuierung.
Der geistliche Charakter des Ortes erschöpft sich nicht im Kirchenraum selbst. Die Kalvarienberganlage – mit Kreuzwegstationen, Heiliger Stiege, Kreuzigungsgruppe und Lourdesgrotte – legt gewissermaßen einen zweiten, offenen Andachtsraum über die Landschaft. Hier entfaltet sich jene Verbindung von Natur, Frömmigkeit und barocker Inszenierung, die in vielen ehemals zisterziensischen Orten des Bayerischen Waldes ihre besondere Prägung hinterlassen hat.
Neue Funktion und Erhebung zum Münster
Mit der Säkularisation von 1803 wurde das Kloster aufgehoben, und St. Anna übernahm die Rolle einer Pfarrkirche, die fortan das geistliche Leben der Region prägte. Trotz des Verlustes der monastischen Gemeinschaft blieb der Raum ein Ort liturgischer Kontinuität – nicht zuletzt dank seiner starken künstlerischen Identität.
Mit dem Einbau der großen Konzertorgel im Jahr 1999, einem Instrument mit vier Manualen, wurde die musikalische Tradition des Ortes erneuert. Die hervorragende Akustik des Raumes macht St. Anna heute zu einem anerkannten Ort der Kirchenmusik, an dem Konzerte internationaler Organisten stattfinden und der mittelalterliche wie barocke Geist klanglich in die Gegenwart weitergetragen wird.
In Anerkennung ihrer historischen, künstlerischen und geistlichen Bedeutung wurde die Kirche St. Anna am 16. November 2025 durch Bischof Dr. Rudolf Voderholzer feierlich zum Münster erhoben – ein Titel, der die lange Geschichte dieser Kirche würdigt und ihre Bedeutung für das Bistum Regensburg auf besondere Weise hervorhebt.
Text: Stefan Groß
(sig)
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