Dr. Jiří Petrášek steht in der Bischöflichen Zentralbibliothek in Regensburg und hält ein Buch in der Hand.

„Scientia ludus“: Projekt „Mobiles Scriptorium“

Wissenschaft als Spiel


Regensburg, 26. Mai 2025

„Mobiles Scriptorium“ heißt das Herzensprojekt von Dr. Jiří Petrášek, der in der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg arbeitet. Mit dem Projekt möchte er die Schreibkultur über Europa hinaus in einem weiteren kulturellen Rahmen zeigen, erklärt er. Das „Mobile Scriptorium“ gehört zu der Reihe „Scientia ludus“, die derzeit entsteht. Der Name „Scientia ludus“ ist nicht zufällig gewählt, er spielt auf Comenius‘ „Schola ludus“ (Schule als Spiel) an. Daran knüpft Dr. Petrášek an – bei dem „Mobilen Scriptorium“ steht eine spielerische Wissensvermittlung im Vordergrund.

In einem großen Raum im Zentralbischöflichen Archiv sind auf zehn Tischen Siegel, Pergamente, Federkiele, Tafeln und weitere Gegenstände verteilt. Insgesamt besteht das „Scriptorium“ aus drei Doppelstationen: Handschrift und Codex Gigas, Urkunde und Siegel sowie Schrift und Beschreibstoff. Interessierte sollen anhand der Schreibkultur die eigenen Wurzeln verstehen, so Dr. Petrášek. Anhand der Stationen möchte er die kontinuierliche Entwicklung und Tradition von Schrift erklären, wobei einige Innovationen auf die Antike und das Alte Babylon zurückgehen.

Um die Entwicklung der Schreibkultur anschaulich zu vermitteln, gehören Originale, Faksimiles, zum Teil eigens angefertigte Repliken und Pergamente, Bronzeurkunden, Tontafeln und Handschriften zu dem Repertoire des „Scriptoriums“. All diese Objekte, die normalerweise hinter Glasvitrinen verschwinden, dürfen und sollen angefasst und ausprobiert werden, erklärt Dr. Petrášek. „Das ist handlungsorientierte Pädagogik, die spielerisch und interaktiv gebaut ist“, erzählt er. Beim „Mobilen Scriptorium“ stehe das spielerische Lernen im Vordergrund. Dr. Petrášek betont stolz: „Für mich ist das ein Herzensprojekt“. Als Student habe ihn schon irritiert, Zusammenhänge nur theoretisch aus Büchern zu erlernen. Deshalb sei ihm wichtig, dass Menschen Gegenstände anfassen. Der Wissenschaftler erklärt, dass für ihn dadurch Zusammenhänge verständlicher würden. So habe er beim Schreiben mit einem Federkiel begriffen, aus welchem Grund lateinische Abkürzungen auf eine bestimmte Weise geschrieben werden. Gerade in der heutigen Zeit würden wir in einer Art an technologischer Evolution leben, so Dr. Petrášek, in der man alles digital bekomme. Deshalb bedeutet es ihm sehr viel, ein Stück Geschichte in Form einer Handschrift oder eines Traktats in der Hand halten zu können, das vor 700 oder 800 Jahren geschrieben wurde.

Das „älteste“ Stück im Schreibkoffer ist die Replik des Gilgameš Epos, so Dr. Petrášek, der aus dem 2. Jahrtausend vor Christi stammt. Auch eine kleinere Gipsreplik des Rosetta-Steins ist im „Scriptorium“ vorhanden. Die Stationen enden bei Beginn des Buchdrucks. Das „Mobile Scriptorium“ entwickelt Dr. Petrášek kontinuierlich weiter. Neu hinzugekommen ist das Modul Fragment. Je nach Zielgruppe, Zeit und Platz passt der Wissenschaftler das Projekt an und bringt das Material im Koffer und Bollerwagen zum jeweiligen Ort. Zu der Grundausstattung gehört die „Werkstatt“, bei der das spielerische Lernen im Vordergrund steht. Interessierte können hier beispielsweise mit Federkielen, Bambusfeder oder mit Griffel auf Wachstafel schreiben, Siegelabdrucke und Wappen ausmalen oder die eigenen Initialen malen. 
Auf Einladung hin präsentiert Dr. Petrášek das Projekt seit Dezember 2023. Bisher zeigte er das „Mobile Scriptorium“ zehn bis zwölf Mal im Rahmen von Veranstaltungen wie der Nacht der Bibliotheken, dem Tag der Archive, dem Schreiberhaus in Regensburg oder vor Schulklassen. Das „Scriptorium“ präsentiert er auch in tschechischer Sprache.

Weitere Informationen zu Dr. Jiří Petrášek finden sich bei der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg.

Text und Fotos: Lea Grosser

(jas/lg)



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