Sankt Nikolaus in Kasel: Was eine Kirche über einen Priester sagt
(pdr) Willst Du wissen, wie ein Priester so ist, dann schaue Dir seine Kirche an. Da gibt es die Bastler, die ihr Gotteshaus genau in den Zustand von 1712 zurückrenovieren. Oder die Musiker mit der akustischen Decke und der orchestergeeigneten Orgelempore. In Kasel an der Ruwer, wo der künftige Bischof von Regensburg acht Jahre lang als Seelsorger wirkte, sind es die weihnachtlichen Tannenbäume, die dem Besucher in den Blick fallen, wenn er die Kirche betritt. Äpfel hängen an den Zweigen, Sterne aus Stroh und süßes Brot, also Lebkuchen.
„Der Ursprung des Christbaums dürfte in den spätmittelalterlichen Myterienspielen liegen, die man am 24. Dezember auf den Vorplätzen der Kathedralen aufführte.“ Das erläuterte Rudolf Voderholzer in seiner Weihnachtspredigt. Der Baum und die Äpfel erinnern dabei an den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse im Paradies, dessen Früchte Eva und Adam sich selber genommen haben. Selber wie Gott sein. Leben als ob es Gott nicht gäbe. Selber der Herr sein über Leben und Tod. Selber bestimmen, was gut und böse ist. Rudolf Voderholzer: „In diese Schuldgeschichte sind wir alle verstrickt.“
Der Christbaum ist als Brücke gemeint zwischen der Geschichte des alten Adam und des neuen, Jesus Christus. Diese Brücke ist für die Sinne, man kann sie riechen, sehen und anfassen. Und wenn man ein bisschen weiß von den Hintergründen und Ideen ihrer Botschaft, dann wird aus dem sinnlichen Brückenbaum ein sinnlicher Botschafter des Evangeliums. Dann erkennt man das süße Brot des Lebens, in dem sich Jesus Christus uns anbietet bis an das Ende aller Tage. Dann versteht man die Strohsterne auch als Hinweis auf das Stroh in der Krippe, in dem sich der allmächtige Schöpfergott bettete, als er ganz menschlich zur Welt kam. Dann leuchten die Kerzen auch wie das Licht der Welt, wie Jesus Christus, der am Holz des Kreuzes alle Finsternis des Todes besiegt hat. Dann fängt der Christbaum auf einmal an zu predigen, ohne dass irgendjemand etwas gesagt hätte.
Rudolf Voderholzer verbindet seine Seelsorge und die Frohe Botschaft mit dem Anschaulichen, wie es gerade die Traditionen und Bräuche zum Ausdruck bringen. Oft fehlen nur einige Hinweise und Informationen und schon bestrahlt die ganze Sinnlichkeit eines Festes den Geist, die Quelle, aus der all die Freude und Heiterkeit fließen. Rudolf Voderholzer in seiner Weihnachtspredigt: „Der Christbaum ist nicht Deko, sondern Glaubenssymbol! Lassen wir ihn seine Botschaft wieder sagen, lassen wir den Christbaum zu Worte kommen, indem wir erst einmal selber wieder aufmerksam werden auf seine stille Predigt, indem wir ihm aber dann auch immer wieder selbst die Stimme leihen und anderen die Zusammenhänge erschließen.“