Regensburg, 29. Februar 2024
Das EU-Lieferkettengesetz hat heute im Ständigen Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten keine ausreichende Mehrheit erlangt. Eine Verabschiedung in dieser Legislaturperiode ist damit unwahrscheinlich geworden.
Armin Paasch, Menschenrechtsexperte bei Misereor, kommentiert dies wie folgt:
„Die Ablehnung des aktuellen Vorschlags zum EU-Lieferkettengesetz im Rat ist eine moralische Bankrotterklärung. Für Profit und Wachstum europäischer Konzerne nimmt der Rat weiterhin Ausbeutung und Umweltzerstörung in Kauf und verweigert Betroffenen die Chance auf Schadensersatz. Europäische Werte gelten offenbar nur dann, wenn sie uns nichts kosten. Durch die angekündigte Enthaltung ist die deutsche Bundesregierung vom Pionier zum Bremsklotz geworden und hat in anderen Mitgliedstaaten Fliehkräfte ausgelöst, die heute im Rat zum Scheitern geführt haben.
Die Hauptverantwortung trägt Bundeskanzler Olaf Scholz, der sich geweigert hat, dem Gesetz gemäß Koalitionsvertrag und kraft Richtlinienkompetenz zuzustimmen. Damit ignoriert er die Appelle des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, eines Friedensnobelpreisträgers, hunderter Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, der Grünen und der SPD und beugt sich stattdessen der FDP und einigen Wirtschaftsverbänden. Laut einer gestern veröffentlichten INSA-Umfrage befürworten 68 Prozent der deutschen Bevölkerung das EU-Lieferkettengesetz, nur 18 Prozent sind dagegen.
Der vorläufige Erfolg der FDP-Blockade ist ein Pyrrhussieg auf dem Rücken der Ärmsten und der Natur. Ihre Klientelpolitik widerspricht dem Willen der eigenen Anhängerschaft, die das EU-Lieferkettengesetz laut INSA-Umfrage zu 67 Prozent befürwortet. Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann hatten nach der Trilog-Einigung überraschend ihr Veto eingelegt und gegenüber anderen Mitgliedstaaten aktiv für eine Ablehnung geworben.“
Nachdem der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten den vorliegenden Text nicht gebilligt hat, müssen die Trilog-Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament erneut aufgenommen werden. Aufgrund der zeitlichen Verzögerung ist eine Verabschiedung vor den Wahlen zum Europäischen Parlament damit unwahrscheinlich geworden.
Text: misereor