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Reisetipp der Redaktion: der Klostergarten von Waldsassen
„Ein Garten wie ein Gebet“
Waldsassen, 25. Juli 2025
Historisches Flair für Besucher aus nah und fern bietet der barocke Klostergarten, der ab 1730 unter Abt Eugen Schmid neu gestaltet wurde. Gerade in den Sommerferien lohnt sich ein Besuch der berühmten Anlage.
Es gibt Orte, die sind kein bloßes Stück Erde – sie sind ein lebendiges Gedicht, geschrieben aus Blatt, Licht und Erinnerung. Der Klostergarten von Waldsassen, am Rande der Oberpfälzer Kleinstadt nahe der bayerisch-tschechischen Grenze, ist ein solcher Ort: ein Garten, in dem Geschichte, Glaube und Natur aufeinander treffen wie Worte in einem leisen Gebet.
Die Anfänge – Zisterziensische Gartenkultur seit 1133
Das Kloster Waldsassen wurde im Jahr 1133 von Markgraf Diepold III. von Vohburg gestiftet und unter die Aufsicht der Zisterzienser gestellt – ein Orden, der aus dem burgundischen Reformkloster Cîteaux (1098) hervorging und asketische Schlichtheit mit wirtschaftlicher Effizienz und tiefer Naturnähe verband. Waldsassen war eines der ersten zisterziensischen Klöster im deutschsprachigen Raum – gegründet durch Mönche aus dem Kloster Volkenroda in Thüringen, das nur wenige Jahre zuvor (1119) entstanden war.
Wie alle Zisterzienserklöster wurde Waldsassen nach dem Prinzip der autarken Lebensführung aufgebaut: mit Mühle, Stallungen, Wein- und Obstgärten – und natürlich einem Klostergarten, der Nützliches und Heilsames vereinte. Der zisterziensische Garten war kein Ort höfischer Zierde, sondern gelebte Theologie: In der Arbeit mit der Erde sah man das Gleichnis des inneren Ackerbodens, den es zu kultivieren galt. Die Pflanzen dienten nicht der Dekoration, sondern dem Leben und der Seele – Arznei, Nahrung und Symbol zugleich.
Barocke Blüte und geistige Erneuerung
Die wirtschaftliche und kulturelle Hochblüte erlebte Waldsassen im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert, insbesondere unter Abt Eugen Tretter (reg. 1681–1723). Unter seiner Ägide wurde die monumentale barocke Klosteranlage neu errichtet: darunter die prächtige Basilika (1685–1704) und die berühmte Stiftsbibliothek mit den geschnitzten „lebenden“ Atlanten von Karl Stilp.
Seine Wurzeln hat der Garten in der barocken Klosterlandschaft des 18. Jahrhunderts: Abt Eugen Schmid ließ ihn ab 1730 neu gestalten. Um den Konvent besser mit dem Gelände zu verbinden, wurde unter Abt Wigand Deltsch zwischen 1760 und 1770 die charakteristische Muttone-Brücke errichtet. Mit der Rückkehr der Zisterzienserinnen im Jahr 1864 erhielt der Garten 1869 eine weitere bedeutende Ergänzung – an der Südseite entstand der Klosterfriedhof, auf dem seither die verstorbenen Ordensschwestern ihre letzte Ruhestätte finden.
Der Klostergarten erhielt in dieser Zeit vermutlich eine barocke Ordnung – mit axialer Wegeführung, geometrisch gefassten Beeten und symbolischer Mitte. Auch wenn keine exakten Pläne erhalten sind, deutet vieles darauf hin, dass Garten und Architektur eine gemeinsame geistige Sprache sprachen: Ordnung, Klarheit, Gottverbundenheit.
Doch mit der Säkularisation von 1803 wurde das Kloster aufgelöst, die Mönche vertrieben, der Besitz verstaatlicht. Der Garten verfiel, seine Pflanzen wucherten oder verschwanden, sein spiritueller Atem verstummte für über ein halbes Jahrhundert.
Wiedergeburt – die Zisterzienserinnen und der neue Klostergarten
1864 wurde das Kloster neu belebt – diesmal durch Zisterzienserinnen, die aus dem Kloster Seligenthal bei Landshut nach Waldsassen kamen. Mit ihnen zog wieder klösterliches Leben ein – und mit ihm das Wissen um Kräuter, Heilpflanzen und Gartenpflege. Doch es dauerte bis zum späten 20. Jahrhundert, ehe das alte Ideal des spirituell-symbolischen Gartens wieder sichtbar wurde.
1997 wurde der Klostergarten in seiner heutigen Form feierlich eröffnet – als Teil des Umweltbildungsprojekts „NaturErlebnisGarten“, das in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Umweltministerium, der Diözese Regensburg und der Stadt Waldsassen entstand. Seither ist er ein Ort des Wissens, der Stille und der Begegnung mit der Schöpfung.
Aufbau und Symbolik – ein Garten des Denkens und Staunens
Der Garten umfasst heute rund 4.500 m², gegliedert nach dem Vorbild des mittelalterlichen hortus conclusus – des „eingeschlossenen Gartens“, wie er seit dem 12. Jahrhundert als marianisches Sinnbild des Paradieses gilt. Ein zentraler Brunnen markiert die Kreuzmitte – die vier Hauptachsen erinnern an die vier Paradiesströme oder die vier Evangelien.
Die einzelnen Bereiche folgen jeweils einer inneren Logik:
1. Der Apothekergarten
Über 200 Heilpflanzen wachsen hier: Arnika, Schafgarbe, Wermut, Baldrian, Engelwurz. Viele dieser Kräuter wurden bereits in der Physica der Hildegard von Bingen beschrieben – ein botanisch-medizinischer Kanon, der über Jahrhunderte die Klostermedizin prägte.
2. Der Bibelpflanzengarten
Mehr als 80 Pflanzen aus dem Alten und Neuen Testament – darunter Feige, Wein, Ölbaum, Granatapfel, Myrte, Ysop – sind hier versammelt. Sie werden durch Bibelzitate ergänzt, die ihre spirituelle Bedeutung erschließen.
3. Der Tast- und Duftgarten
Barrierefrei angelegt, ist dieser Bereich besonders für blinde und sehbehinderte Besucher konzipiert. Pflanzen wie Lavendel, Minze oder Salbei lassen sich erfühlen, riechen, ertasten – eine sinnliche Begegnung mit der Schöpfung.
4. Der Färberpflanzengarten
Mit Krapp, Färberwaid, Reseda, Indigo und anderen Pflanzen, die einst Mönchshabit und Altartuch färbten – ein Rückgriff auf das alte Handwerk der klösterlichen Weberei und Färberei.
5. Der Hildegard-von-Bingen-Garten
Ein eigener Bereich ist den Lehren der großen Äbtissin gewidmet, die im 12. Jahrhundert nicht nur theologisch, sondern auch medizinisch bahnbrechend wirkte. Ihre Idee der Viriditas – der „Grünkraft“ – durchzieht diesen Garten wie ein lebendiger Puls.
6. Obstwiesen und Klosterwald
Am Rand des Gartens öffnet sich der Raum zur Natur hin – mit alten Obstsorten, Bienenweiden, einem Weidentunnel und einer kleinen Waldecke. Hier verschwimmen Grenze und Freiheit – Kultur und Schöpfung.
Ort der Bildung, Ort der Stille
Der Klostergarten ist Teil des Zertifizierten Umweltbildungszentrums und wird jährlich von Tausenden Schülern, Familien, Pilgern und Erholungssuchenden besucht. Es finden Kräuterführungen, Seminare, Meditationen und spirituelle Gartenführungen statt. Der Garten ist zugleich Museum, Schule und kontemplativer Raum – ein Ort, an dem das Wissen der Jahrhunderte in Blättern und Blüten weiterlebt.
Der Klostergarten von Waldsassen ist keine museale Rekonstruktion, sondern ein lebendiger, atmender Ort. In ihm blüht das Wissen um Heilung, Ordnung und göttliche Gegenwart in irdischer Gestalt. Wer hier verweilt, wird nicht belehrt, sondern erinnert – an das, was Mensch und Natur verbindet: die Demut vor dem Wachsen, das Staunen über das Kleine und die Freude am Zyklus des Lebens.
Text: Stefan Groß
(kw)







