Puppendoktor restauriert geköpfte Madonna von Straubing
Die Medien griffen die Nachricht von der „geköpften Madonna“ in der Straubinger Jesuitenkirche auf und die Empörung war groß. „Mir hat das so leidgetan,“ sagt Marcel Offermann, der Puppendoktor aus Neuss. Und kurzerhand entschließt er sich, die Madonna zu restaurieren. Auf eigene Kosten – aus einer „unheilbar katholischen Familie“ stammend und als Ministrant in der Kaplanszeit von Kardinal Woelki gedient, fühlt er sich der Kirche eng verbunden. Zwei Freunde, Schützenbrüder aus dem Sportverein zeigen eine wunderbare Geste: sie möchten sich beteiligen und übernehmen die Materialkosten. Sie sind Muslime und waren von der zerstörten Madonna tief betroffen. Einer von ihnen ließ nun auch unentgeltlich einen Mitarbeiter mit dem Transporter in Straubing vorfahren, um gemeinsam mit Marcel Offermann die Statue in die Neusser Werkstatt nach Nordrhein-Westfalen zu bringen. „Um 5 Uhr morgens sind wir gestartet,“ sagte Offermann: „am Donnerstagnachmittag gegen 14 Uhr in Straubing“. Hier wurde er von Stadtpfarrer Johannes Hofmann und dem rumänisch-orthodoxen Pfarrer Vasile Reut im Pfarrstüberl von Sankt Jakob empfangen. Die Jesuitenkirche, in der die Madonna stand, gehört zur Pfarrei Sankt Jakob und wurde der rumänisch-orthodoxen Kirchengemeinde „Heilige Konstantin und Helena“ für die liturgischen Feiern überlassen. Und hier passierte am 22. Oktober auch die bisher unaufgeklärte Freveltat, nach der ein Polizist den abgetrennten Kopf mit einem Mund-Nasen-Schutz vor der Kirche fand und im Innenraum die beschädigte Figur dazu.
„Eine heilige Sache“
„Das Gesicht ist sehr schön, sehr lieblich,“ sagte Puppendoktor Marcel Offermann als er den Kopf in Händen hielt. Er schätzt die Madonna auf etwa 100 Jahre und meint, sie könnte um die Zeit des Ersten Weltkriegs entstanden sein. Für ihn ist relevant, dass der Kopf und das Gesicht sehr gut erhalten sind. „Bestzustand“ diagnostiziert er. Ziel ist es, den Kopf wieder so auf die Statue zu setzen, dass man von der Bruchstelle nichts mehr sieht. Den Eifer sieht man dem Restaurator an, wenn er berichtet, wie er die Stabilität mit Eisenstangen in Kopf und Rumpf verstärken will. Der materielle Wert der Madonna ist nicht so hoch, aber sie muss repariert werden, da sind sich alle einig. „Es ist eine heilige Sache. Menschen haben vor der Staue gebetet, Kerzen angezündet. Das ist der besondere Wert,“ sagt Stadtpfarrer Johannes Hofmann, der in Erfahrung gebracht hat, dass die Madonna von der Marianischen Männerkongregation aufgestellt wurde. Pfarrer Vasile Reut fügt hinzu, dass alles was in einer Kirche ist, heilig ist. Er ist sich sicher, dass die Madonna damals nach der Anschaffung gesegnet wurde und deshalb viel mehr ist, als nur Zement und Farbe.
Die Menschen leiden mit
Reut berichtet auch, dass einen Tag nach dem Auffinden der „geköpften Madonna“ Blumen bei der zerstörten Madonna abgelegt wurden. „Die Menschen leiden mit,“ sagt der rumänisch-orthodoxe Pfarrer und berichtet, dass „auch nicht kirchlich geprägte Leute sich solidarisch erklärt haben und der Meinung sind, das geht zu weit“.
Marcel Offermann erzählt, dass er sich während seines Medizinstudiums das Geld mit Puppenreparatur verdiente. Angelernt wurde er dabei von einer Puppendoktorin und er erwarb sich auch ein Zertifikat als Gutachter. Seit Jahren arbeitet er aber auch in der Notfallmedizin als Sanitäter und leitet eine Rettungswache nahe seinem Heimatort. In beiden Fällen ist eine exakte Arbeit nötig. „Ach, jetzt werde ich vom Puppendoktor verarztet, sagen manche Patienten,“ berichtet Offermann lachend. In den Medien ist über ihn berichtet worden, als er nach der Wahl von Papst Benedikt XVI. eine Papstpuppe kreierte. „Die auf 999 Stück limitierte Auflage war innerhalb von 18 Stunden komplett ausverkauft,“ berichtet er.
Vollendung bis März
Die Madonna hat sich wohlverpackt auf den Weg nach Neuss gemacht. Ziel ist es für den Puppendoktor, dass das Werk bis März vollendet ist. Und Stadtpfarrer Johannes Hofmann und Pfarrer Vasile Reut überlegen bereits gemeinsam, der Muttergottes-Statue einen eigenen, noch würdigeren Platz zu schaffen. Dort soll die Madonna noch mehr in den Blick genommen werden. Vielleicht wird es sogar eine kleine Grotte. „Maria führt die Menschen zusammen,“ sind sie sich einig.