Regensburg, 9. Oktober 2024
Am 9. Oktober feiert Bischof Rudolf Voderholzer seinen 65. Geburtstag. Dieser Tag ist der Gedenktag des bedeutenden englischen Theologen John Henry Newman, den Papst Franziskus 2019 heiliggesprochen hat.
Der 9. Oktober ist der Tag der Konversion des gefeierten Startheologen und höchst anerkannten Predigers der anglikanischen Kirche zur katholischen Kirche. Allein schon aufgrund dieses Datums ist John Henry Newman, der „Heilige des Wahrheitsgewissens“, für Bischof Rudolf Voderholzer sehr wichtig geworden. Newman zeigt uns, dass es in der Kirche nicht um Äußerlichkeiten, weltliche Macht, irdische Plausibilitäten oder demokratische Mehrheiten geht. Vielmehr geht es um die Weitergabe des Glaubens durch die auf das Fundament der Apostel gegründete Kirche.
Ein exzellenter Theologe
Schon vor seiner Bischofsweihe im Regensburger Dom am 26. Januar 2013 war Rudolf Voderholzer ein sehr anerkannter wissenschaftlicher Theologe, zuletzt als Dogmatikprofessor an der Theologischen Fakultät Trier. Durch seine Lehrtätigkeit und Veröffentlichungen hat er sich einen Ruf als exzellenter Theologe erworben. Papst Franziskus hat Bischof Rudolf deshalb im Mai 2024 zum dritten Mal für eine fünfjährige Amtszeit zum Mitglied im Dikasterium für die Glaubenslehre ernannt. Seit 2008 hat sich Rudolf Voderholzer als Direktor des „Institut Papst Benedikt XVI.“ in Regensburg um die Veröffentlichung der „Gesammelten Schriften“ von Joseph Ratzinger sehr verdient gemacht. Sein bischöflicher Wappenspruch „Christus ist unter euch, die Hoffnung auf Herrlichkeit“, den sich der Neupriester Rudolf Voderholzer bereits als Primizspruch ausgewählt hat, bringt in großer Dichte zum Ausdruck, wie der Bischof von Regensburg seinen Dienst versteht: Er will Zeuge sein für die Gegenwart Christi unter seinem Volk – die Hoffnung schlechthin.
Bei den Menschen sein
Bischof Rudolf Voderholzer legt in seinem Bistum und weit darüber hinaus eine unglaubliche Präsenz an den Tag. Er möchte bei den Menschen sein. Wer einen Blick auf die Homepage des Bistums wirft, sieht, wie vielen Menschen der Bischof Woche für Woche bei verschiedensten Anlässen begegnet. In den Dekanaten und Pfarreien feiert er bei seinen zahlreichen Pastoralbesuchen mit den Gläubigen Gottesdienste und nimmt sich viel Zeit für Gespräche. Er begegnet den Menschen mit großer Freundlichkeit und Zugewandtheit. Ende Juli begleitete er rund 4200 Ministrantinnen und Ministranten aus dem Bistum Regensburg nach Rom zur großen internationalen Wallfahrt. In diesem besonderen Wolfgangsjahr (Geburt des Bistumspatrons vor 1100 Jahren) pilgert der Bischof mit zahlreichen Gläubigen an bestimmten Nachmittagen zu verschiedenen Wolfgangskapellen im gesamten Gebiet des Bistums. In den letzten Jahren hat Bischof Rudolf Voderholzer zu aktuellen Herausforderungen für den Glauben und die Kirche wichtige geistliche Impulse gegeben. Einige dieser Anregungen sollen aufgegriffen werden.
Das Bischofsamt
In seiner Predigt im Fuldaer Dom zum Abschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2017 hat Bischof Rudolf Voderholzer auf den heiligen Bonifatius als Vorbild für heutige Christen verwiesen: In den Briefen des „Apostels der Deutschen“ ist „zeitlos Gültiges“ zu finden. Bonifatius hat mit Nachdruck die Verantwortlichkeit jedes Einzelnen in der Kirche betont. Nur wer mit seiner ganzen Person für den Glauben einsteht, nur wer zu erkennen gibt, dass er sich als Bote dem sendenden Gott und nicht dem Zeitgeist, den Erwartungen der Medien oder sonstigen vorläufigen Instanzen verantwortlich weiß, wird bei anderen Menschen Glauben wecken. Wichtig sind „Menschen, die brennen und so das Feuer des Glaubens weitergeben können“ (Rudolf Voderholzer in seinem Buch „Zur Erneuerung der Kirche“, Regensburg 2020, S. 99). Bonifatius ermutigt uns, die persönliche Verantwortung für den Glauben in den Blick zu nehmen. In diesem Zusammenhang beschreibt Bischof Voderholzer, wie er das Bischofsamt sieht: „Es kann in der Kirche keine anonyme Leitung geben. Die personale Inpflichtnahme darf nicht durch Gremien oder Synoden aufgehoben werden, durch letztlich anonyme Größen, hinter der die persönliche Zeugenschaft und auch die persönliche Verantwortlichkeit zu verschwinden droht“ (ebd.). Es geht um die – auf das persönliche Zeugnis verpflichtete – Sendung des apostolischen Dienstes.
Über das Gebet
Die reiche Gebetstradition Israels und der Kirche weiß, dass das reife Beten nicht auf das Bitten beschränkt ist, sondern vom Danken und vom Lobpreis Gottes getragen ist. Wir haben Gründe, dankbar zu sein: für unser Leben, für die Gemeinschaft, für unsere Berufung in der Kirche, für diesen heutigen Tag, dafür, dass Gott auf mich schaut. Es kommt nicht von ungefähr, dass unser Gebetbuch „Gotteslob“ heißt. Das Gebet beginnt nicht mit einer Bitte für uns in unseren Nöten, sondern mit einem Wort, das auf die Verherrlichung Gottes zielt, mit einem Wort der Anbetung und der Lobpreisung. „Vater, geheiligt werde dein Name.“
In seiner Predigt bei der Annaberg-Festwoche in Sulzbach-Rosenberg hat Bischof Voderholzer 2013 auf das dortige Gnadenbild der „Anna selbdritt“ (Jesus mit seiner Mutter Maria und seiner Großmutter Anna) hingewiesen. „Ich mag diesen Bildtypus sehr gerne, nicht nur, weil ich selber dem Glaubenszeugnis meiner Mutter und Großmutter vieles verdanke, sondern weil hier sehr schön zum Ausdruck kommt, dass der Glaube von Generation zu Generation weitergegeben wird“ (ebd., S. 236). Kirche ist eine Erzählgemeinschaft, die die Kunde von Gottes Großtaten lebendig erhält. Die jüdisch-christliche Tradition weiß um die große Bedeutung gerade auch der Großeltern bei der Weitergabe des Glaubens, die vor allem auch die Weitergabe des Betens ist. „Lassen Sie die jungen Menschen teilhaben an Ihrem Glauben und an Ihrem Beten, erzählen Sie, was Ihnen der Glaube und das Beten im Leben bedeutet. … Ihr echtes und glaubwürdiges und in Liebe vorgebrachtes Zeugnis wird seine Wirkung nicht verfehlen“ (ebd., S. 237).
Aufgaben der Weltchristen
Die Berufung der Laien bzw. – wie Bischof Rudolf Voderholzer gerne sagt – der „Weltchristen“ besteht nach Auffassung des Zweiten Vatikanischen Konzils darin, dass die Getauften und Gefirmten mit ihren beruflichen Kompetenzen in den verschiedensten Bereichen des Lebens Sorge tragen für den Aufbau des Reiches Gottes. Die Weltchristen haben ihre eigene Berufung in der Kirche und nehmen auf ihre Weise am Priestertum Christi teil (vgl. „Lumen Gentium“, Nr. 10). Die Stärkung der Laien durch das Konzil „geht nicht auf Kosten der Verantwortlichkeit der Bischöfe“ (Zur Erneuerung der Kirche, S. 145). Die Fruchtbarkeit und Glaubwürdigkeit der Kirche hängen vom Miteinander der verschiedenen Ämter und Berufungen ab.
Bischof Voderholzer unterstützt synodale Prozesse, bei denen sich alle Beteiligten „ihrer je eigenen Berufung vergewissern und sich verpflichten, diese künftig zum Aufbau des Reiches Gottes in der Welt und zu einer Intensivierung ihrer je eigenen Christusbeziehung zu pflegen“ (ebd., S. 146). Das „Höchste“, das jemand in der Kirche erreichen kann, besteht nicht in einem wie hoch auch immer angesiedelten Amt, sondern in der Entfaltung der in der Taufe geschenkten Gnade zu einem Leben in Heiligkeit und Gerechtigkeit. Deshalb ist es notwendig, auf „heilige Laien“, die als nachahmenswerte Vorbilder dienen können, hinzuweisen – auf heilige Mütter, Väter, Ingenieure, Politiker oder auch Journalisten. Die Glaubwürdigkeit der Kirche wächst dann wieder, wenn die Menschen bei uns Christen einen tiefen Glauben und, allem voran, gelebte Heiligkeit erleben. Die Kirche muss sich nicht neu erfinden. Vielmehr ist es notwendig, dass sich die Glieder der Kirche immer wieder neu zu Christus hin bekehren und nach der Verwirklichung der Heiligkeit, die uns in der Taufe schon geschenkt ist, streben.
Berufungspastoral
In der kirchendistanzierten Öffentlichkeit gilt es als ausgemacht, dass sich der Priestermangel durch die Änderungen der Zulassungsbedingungen schnell beheben ließe. Bischof Voderholzer ist jedoch der Überzeugung, dass der Priestermangel vor allem ein Zeichen für einen tiefer liegenden Glaubensmangel ist. Er ist ein Symptom, wie das Fieber. Das Fieber ist nicht selbst die Krankheit, sondern weist auf eine Entzündung hin. Letztlich hängt alles am Glauben an Jesus Christus. Wo der Glaube an Leidenschaft und Begeisterung verliert, wird auch die Bereitschaft schwinden, alles für ihn einzusetzen. Wo eine lebendige Liebe, eine Herzensbeziehung zu Jesus Christus da ist, wird der Mut wachsen, den Ruf in die besondere Nachfolge, die immer spannend und provozierend ist, zu hören und ihm zu folgen. Die Berufungspastoral muss damit beginnen, eine Begeisterung für den Glauben zu wecken. „Die beste Berufungspastoral ist eine lebendige und überzeugende Glaubensverkündigung“ (ebd., S. 66).
Gottes Ruf zur Entscheidung
Es gibt manche Tage im Jahr, die wir besonders zur Besinnung und zum Rückblick nützen können. Am Geburtstag beginnt für den einzelnen Menschen ein neues Lebensjahr. An der Jahreswende, dem Beginn des neuen Kalenderjahres, besteht ein gemeinsamer Anlass für alle, innezuhalten, den Lauf der Dinge zu bedenken und auf den Herrn der Zeiten zu schauen. So hat Bischof Rudolf Voderholzer in seiner Silvesterpredigt 2018 auf die „Ewigkeitsbedeutung des jeweiligen Augenblicks“ hingewiesen. Gott hat uns ins Dasein gerufen, um uns Menschen Anteil zu geben an seiner Herrlichkeit. „Die Menschwerdung Gottes, seine Entscheidung für uns, ruft auch uns in die Entscheidung“ (ebd., S. 18). Die zu jeder Zeit erforderliche Erneuerung der Kirche „ist nicht von einer Anpassung an zeitgeistdiktierte Vorstellungen oder durch Verbilligung der biblischen Botschaft zu erwarten“ (ebd., S. 21). Ein Blick in die Geschichte der Kirche zeigt eindeutig, dass wahre Erneuerung immer aus einem tieferen Gehorsam gegenüber dem Evangelium, aus einer tieferen Liebe zu Christus, aus einer verstärkten Bemühung um Glaubensverkündigung sowie aus einer radikaleren Christusnachfolge erwachsen ist.
Text: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml, Leiter der Hauptabteilung Orden und Geistliche Gemeinschaften im Bistum Regensburg
(kw)