
Person der Woche: Verleger Fritz Pustet
Aktualität von Büchern
Regensburg, 21. März 2025
Zur Marke „Friedrich Pustet“ gehören Verlag, Druckerei und elf Buchhandlungen in Bayern. Der Leiter des renommierten Verlags, Verleger Fritz Pustet, hat die Redaktion der Katholischen SonntagsZeitung besucht und mit Dr. Veit Neumann über das Buch, Buchhandlungen und Kultur gesprochen.
Verehrter Herr Verleger, lieber Herr Pustet, wie steht es um das Buch?
Das Buch steht nicht schlecht da. Unsere elf Buchhandlungen sind gute „Wasserstandsmesser“. Dort erfahren wir, welche Themen gefragt sind und wie die Umsätze sind. Wenn es bei Pustet so und so läuft, ist es bei anderen und ähnlich strukturierten Buchhandlungen erfahrungsgemäß nicht wesentlich anders. Ein bedeutsamer Kommunikationskanal ist auch die Branchenpresse.
Wie sind die Umsätze?
Die Umsätze, wie sie bis kurz vor Corona waren, erreicht der Buchhandel nicht mehr ganz. Das wird auch in Zukunft so sein. Anderen Branchen ergeht es nicht anders. In unserer Druckerei haben wir in den Corona-Jahren sehr viel gedruckt. Wir haben Kunden gewonnen, die uns erhalten geblieben sind. Während Corona hatten die Leute kaum oder viel weniger Termine und deshalb hatten sie Zeit zu lesen. So kam es zu der bemerkenswert hohen Nachfrage nach Druckerzeugnissen. Wir haben massiv Papier eingekauft. Davon konnten wir profitieren. Bis heute drucken wir für 70 Verlage. Durch die schwierigen Jahre konnten wir uns also gut „durchjonglieren“. Ich sehe die Zukunft nicht so negativ wie andere das tun.

Was ist das Erfolgsgeheimnis des Buches gegenüber dem „Portable Download File“, bekannt als PDF?
Viele Menschen müssen sich jeden Tag im Beruf mit Elektronik beschäftigen und sitzen stundenlang am Bildschirm. Irgendwann ist der Punkt der Erschöpfung erreicht. Dann schätzt man es, wenn man ein Buch zur Hand nimmt. Die Neuro- und die Leseforschung belegen, dass ich mich viel besser mit Print als am Bildschirm in einen langen und anspruchsvollen Text vertiefen kann.
Wie werden Bücher künftig produziert?
In physikalischer Hinsicht ist es kaum noch zu verbessern. Wahrscheinlich wird es in 50 oder sogar 100 Jahren ähnlich ausschauen. Die Druckmaschinen und die Buchbinderei werden sich in Richtung Beschleunigung und Automatisierung ändern.
Und das E-Book?
Seit es das E-Book gibt, bieten wir etwa die Hälfte unserer Titel auch in diesem Format an. Das erwartet der Kunde. Es ist ein Service, aber kein Geschäftsmodell. Die Umsätze sind marginal. Auf 100 verkaufte Printprodukte kommen im Durchschnitt vielleicht drei E-Books.
Wer kauft E-Books?
Das sind zum Beispiel Vielleser oder Menschen, die in der Wohnung wenig Platz haben, natürlich auch Leute, die generell lieber den Reader zur Hand nehmen. Für unser wissenschaftlich-theologisches Buchprogramm sind heutzutage Print-Auflagen von durchschnittlich 200 bis 400 Exemplaren üblich. In diesem Bereich haben wir mit E-Books angefangen. Aber, wie gesagt, die Nachfrage ist sehr überschaubar.
Wie wird das Interesse am Buch an junge Menschen weitergegeben?
Seit zwei Jahren gibt es in fast jeder Buchhandlung das Programmsegment „New Adult“ oder „Young Adult“. Die Inhalte wenden sich an junge Erwachsene. In diesem Bereich wird auch mit Influencern gearbeitet, die empfehlen: Da ist das tolle Buch erschienen, toller Einband, viele Finessen, marmorierter Farbschnitt usw. Junge Leute kaufen das tatsächlich gerne. Die Hoffnung geht dahin, dass sie, wenn sie in die „bürgerlichen Jahrgänge“ wachsen, sagen, wir werden anspruchsvoller in Bezug auf die Inhalte und bleiben dem Buch treu.
Sie beobachten Entwicklungen soziologischer Art?
Wir fragen immer wieder unsere Buchhändler, die unmittelbar und ganz konkret im Verkauf stehen. Wir sehen vieles durch die Brille der eigenen Produkte. Wir kennen unsere Leserschaft und ihre Bedürfnisse. Wir schätzen sie.
Was bedeutet für Sie Regionalität?
Wir agieren bayernweit mit deutlichem ostbayerischem Schwerpunkt. Unsere Buchhandlungen liegen in der Mehrzahl an der Donau und ihren Zuflüssen. Den Markt und die Mentalität der Leute kennt man. Als Buchhändler sind wir an unseren meisten Orten schon seit Jahrzehnten ansässig. Wichtig sind insbesondere unsere Filialleiter. Sie haben alle bei Pustet gelernt. Sie kennen einfach die DNA, sie verkörpern sie. Sie stehen im Laden und sitzen nicht im Backoffice. Sie begrüßen ihre Kunden mit „Herr Meier“ und „Frau Müller“.
Wie wichtig ist das tatsächlich für die Kunden?
Das ist für unsere Kunden wichtig, und es ist gut, wenn unsere Mitarbeiter wissen, wer welchen Geschmack wofür hat, sodass eine gute Beratung stattfinden kann. Das sind wichtige Soft Skills. Als kleinerer Mittelständler muss man seine Kunden kennen, und den Markt. In den Buchhandlungen versucht man tagtäglich, das Geschäft mit Herzblut, Leidenschaft und Standvermögen zu betreiben. Allerdings muss man alle zehn bis zwölf Jahre Geld in die Hand nehmen und schauen, dass der Laden wieder schön ausschaut. Das erwarten die Kunden.
Wie beschreiben Sie Ihr Verlagsprogramm?
Es besteht aus Bayerischer Geschichte, Archäologie, Kunstgeschichte und dann aus guter, fundierter Theologie in einer gewissen Bandbreite. Pro Jahr bringen wir 60 bis 70 Bücher auf den Markt, die wir alle betreuen, produzieren und bewerben.
Welche Bedeutung hat Theologisches und Kirchliches bei Ihnen?
Geschichtlich gesehen bildet die Liturgie den Kern des Verlags und stellt damit in gewissem Sinne seine DNA dar. Das sind die Ausgaben für die kirchliche Liturgie, die wir mit Herder und weiteren Verlagen herausgeben. Dann gib es die Handbücher für die Praxis und Reihen, konkret für die Liturgie: Kindergottesdienste gestalten, Gottesdienste zur Fastenzeit, Familiengottesdienste im Advent, Gottesdienste von Sankt Martin bis Dreikönig, auch Flurgottesdienste und vieles mehr.
Und die Wissenschaft jenseits einer deutlichen Praxisbezogenheit?
Wir haben den theologischen Wissenschaftsbereich ausgebaut. Ohne unbescheiden sein zu wollen, darf ich doch sagen, dass wir eine angesehene Adresse sind. In den vergangenen zehn Jahren sind weitere wissenschaftliche Reihen dazugekommen, nicht nur in der Theologie. Wir haben Konzentrationsprozesse innerhalb der Theologie vorgenommen. Wir haben das Programm gestrafft und gleichzeitig Wert darauf gelegt, in den Bereichen des religiösen Buches weiter gut präsent zu sein: konzentrieren, nicht abstoßen. Dieses kombinierte Vorgehen hat sich auch in ökonomischer Hinsicht als sinnvoll herausgestellt. Ähnlich sind wir mit Blick auf den Bereich Geschichte vorgegangen. Haben wir früher etwa Biographien mit thematischen Bezügen zu ganz Europa verlegt, so haben wir uns in den vergangenen Jahren fast ausschließlich auf Bayern konzentriert, wozu auch Bücher zur bayerischen Bischofsstadt Regensburg zählen.
Früher festgelegte gesellschaftliche Milieus streben auseinander. Was heißt das für Sie?
Es gesellen sich neue Religionen dazu und spielen eine Rolle im gesellschaftlichen Diskurs, konkret etwa der Islam. Es handelt sich insgesamt um neue Sinnangebote, die wir einbeziehen möchten, zum Beispiel mit der Publikationsreihe „Theologisches Forum Christentum Islam“.
Wie läuft es derzeit eigentlich in der Druckerei?
Dort arbeiten etwa 170 Leute. Unser Verlag Pustet ist nur einer von 70 Verlagen, für die wir drucken. Das Druckgeschäft ist nicht leicht, die Konkurrenten werden miteinander verglichen, die Preise hart verhandelt.

Welche Rolle spielt heute der Papierpreis?
Der Papierpreis war in Corona-Zeiten 2021 und 2022 sehr viel höher. Er ist zurückgegangen, aber nicht mehr auf das Vor-Corona-Niveau.
Wie wichtig ist Regensburg für Pustet, wie wichtig Pustet für Regensburg?
Wir sind Mitglied der IHK Regensburg. Als sie vor etwa 185 Jahren gegründet wurde, war Pustet durch meinen Urururgroßvater eines der gründenden Unternehmen. Pustet ist das einzige, das aus dieser Zeit heute noch besteht. Darauf bin ich ein bisschen stolz. Es ist Glück und auch ein Wohlwollen des lieben Gottes dabei, dass es uns seit bald 205 Jahren gibt. Ich begreife uns als Teil von Regensburg und seiner jüngeren Geschichte.
Auch in dem Sinne, dass Sie von der Symbolhaltigkeit Regensburgs profitieren?
Regensburg hat sich zu einer Touristenstadt entwickelt, das haben wir im Blick. Regensburgs Geschichte hat viel Stoff für Publikationen. Auch und nicht zuletzt die Regensburger haben ein Interesse an der Vergangenheit ihrer Stadt.
Sie verstehen sich auch als Kulturbildner?
Ich versteh mich und uns schon ein bisschen als kleines Rädchen im Regensburger Kulturbetrieb.
Welches ist Ihr Lieblingsbuch?
Ich wollte schon immer eine kluge Biographie über Kaiser Karl V. lesen. Vor einem Jahr ist bei Beck (der ein guter Druckkunde bei uns ist) ein Buch von dem Historiker Heinz Schilling erschienen. Das habe ich gelesen, 400 Seiten, tolles Buch, auch stilistisch. Jetzt lese ich eines von einem Oberpfälzer, Tobias Haberl, Journalist der „Süddeutschen Zeitung“, es heißt „Unter Heiden – Warum ich dennoch Christ bin“. Ich stehe fast jeden Tag um 6 oder kurz nach 6 Uhr auf. Dann habe ich eine halbe Stunde Zeit zu lesen.
Meinem akademischem Großvater wird das Diktum zugesprochen: „Was ist Theologie? Theologie ist, was wir machen.“ Es geht um praktisch ausgeführte Theologie. Sind Sie in diesem Sinne ein Theologe?
Ich bin kein Theologe. Was diesen Bereich betrifft, bin ich, um es so zu sagen, ein Quereinsteiger. Ich bin diplomierter Geograph. Im Laufe des Hauptstudiums habe ich entschieden, dass ich ins Unternehmen gehe. Aber es war mir wichtig, dass ich einen ordentlichen Abschluss habe. Und den habe ich an der Universität Regensburg erworben.
Interview: Dr. Veit Neumann
Fotos: Verlag Friedrich Pustet
(chb)