„Person der Woche“: Abt Thomas M. Freihart OSB, Abt des Benediktinerklosters Weltenburg
Den Himmel über dieser Welt offenhalten
Weltenburg, 10. August 2023
Für die Rubrik "Person der Woche" hat diesmal Abt Thomas M. Freihart OSB, Abt des Benediktinerklosters Weltenburg, im Rahmen eines Gesprächs zur Verfügung gestanden. Das Gespräch führte Prof. Dr. Veit Neumann:
Im Falle von Abt Thomas hatte es sich von vorneweg empfohlen, zur Beschreibung seiner Person vor allem sein Benediktiner-Sein und seine Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten, ja sein geistliches Leben in der Abtei Weltenburg zu betrachten. Deshalb haben wir mit dem Thema des Tagesablaufs im Kloster begonnen.
Die Rekreation, eine Art der Entspannung
„Unser Tag beginnt sehr früh: Wir stehen um 5 Uhr auf“, sagte der Befragte zu Beginn: „Um 5.30 Uhr beten wir die Vigil und die Laudes.“ Um 7 Uhr wird die Heilige Messe öffentlich in der Kirche gefeiert („Menschen können gerne daran teilnehmen“). Es folge das Frühstück und jeder gehe an seine Arbeit. Um 11.45 Uhr wird die Mittagshore gebetet. Das Mittagessen im Refektorium ist unter Schweigen mit Tischlesung einzunehmen. Ab 14 Uhr sodann wenden sich die Mönchen erneut ihrer jeweiligen Arbeit zu. Weiter geht es um 18 Uhr mit der Vesper. Und nach dem Abendessen ist schließlich die Rekreation, eine Art der Entspannung, bei der die Mönche kommunikativ und entspannt beisammensitzen. „Um 19.45 Uhr beschließt die Komplet als Nachgebet der Kirche den Tag.“ Alsdann herrscht „nächtliches Schweigen“.
Die Zeiten des Chorgebetes gliedern somit beständig den Tag, der das „Ora et labora“, das „Bete und arbeite“ verwirklicht. „Das Dritte darüber ist aber das persönliche Gebet“, sagt Abt Thomas. Damit spricht er die „Lectio divina“ an, die Lesung der Heiligen Schrift, die betrachtend zum persönlichen Gebet hinführt.
Dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden
Wenn übrigens ein Mönch beim gemeinsamen Gebet nicht anwesend sein kann, holt er die Gebetszeiten für sich nach. Diese Verpflichtung zur Kontinuität des Gebets wird durch die Profess feierlich übernommen. In der Regel des heiligen Benedikt ist sie grundgelegt. Dort heißt es, dem Gottesdienst solle nichts vorgezogen werden: „Operi Dei nihil praeponatur.“ Kurz: Das Gebet steht über allem.
Im Jahr eine halbe Million Besucher
Für den Außenstehenden stellt sich die Frage, wie ein Mönch, zumal ein Abt wie Abt Thomas mit (den) Menschen in Kontakt sein kann. „In Weltenburg sieht man Tag für Tag hunderte und tausende in unserem Hof, also im Biergarten. Im Jahr kommt eine halbe Million Besucher“, erinnert der Gesprächspartner. Natürlich suchen die Benediktiner „nicht gerade die Menge“; aber es ist doch so, dass die Menschen „schon in Kontakt mit uns kommen“. Die meisten besuchen nicht nur den Biergarten, sondern auch und besonders die Kirche. Die Kirche des Klosters, die auch Pfarrkirche ist, ist bedeutend. Die Gebrüder Asam haben sie gebaut und, zusammen mit ihrer Schwester Salome ausgestattet und ausgemalt. Nicht nur regt die Kirche als geistliches Gebäude zum Nachdenken an. Es gibt vielmehr Kirchenführungen für angemeldete Gruppen.
Der Abt als Bauherr!
Das Kloster hat ca. 100 bis 120 Mitarbeiter, wobei die Zahl saisonabhängig schwanken mag, und dennoch sehr beachtlich ist. Sie arbeiten in der Klosterschenke, in der Verwaltung, in der Küche, in der Landwirtschaft, für das Gästehaus und im Klosterladen. Die Klosterbrauerei selbst ist seit 50 Jahren an die Brauerei Bischofshof verpachtet. Wie viele Dinge ein Abt – hier: Abt Thomas – im Blick haben muss, ergibt sich aus der Tatsache, dass er einer der zwei Geschäftsführer der klostereigenen GmbH ist, die die genannten Aktivitäten bündelt.
Also gilt es, die im Tagesablauf vorgegebenen Zeiten der Arbeit „intensiv zu nutzen“. So sagt es Abt Thomas. In den vergangenen Jahrzehnten wurde ein Großteil der Gebäude und Einrichtungen der Abtei renoviert und umgebaut: der Abt als Bauherr!
Das Theologiestudium habe ihn allerdings durchaus nicht auf diese Dinge vorbereitet: „Das muss man erst im Laufe der Jahre lernen.“ Wobei im Falle des Abtes begünstigend hinzukam, dass er einem Bauernhof (in der Oberpfalz in der Diözese Eichstätt) entstammt.
Kloster im Bistum als geistliches Zentrum
Wo er das Kloster Weltenburg in der Diözese Regensburg sieht? Als Firmspender im Auftrag des Herrn Bischof, wie er sich ausdrückt, ist der Abt wiederholt in der Diözese „unterwegs“. Das erwähnte er bereits früh in unserem Gespräch. Aber die Verortung im Bistum bedeutet schon noch viel mehr: Das Kloster ist nämlich im Bistum Regensburg ein geistliches Zentrum, ein Ort, wo das Chorgebet gehalten, die Eucharistie gefeiert und wo auch Beichtmöglichkeiten angeboten werden. Wer ein geistliches Gespräch sucht, ist ebenso willkommen. Dann auch „wirken wir durch unser Gästehaus in die Diözese“ – es bietet „Besinnung, Bildung, Freizeit“. P. Michael und Frater Matthias aus dem Konvent tragen hier Verantwortung. Geboten ist ein eigenes Programm der Erwachsenenbildung, mit etwa 20 jährlichen Veranstaltungen. Darüber hinaus besuchen zahlreiche kirchliche Gruppen das Gästehaus: der Frauenbund, Kolping und ganze Pfarrgemeinderäte, um nur einige zu nennen. Und, klar, als Benediktiner kommen die Mönche auch in Weltenburg „unserem Auftrag der Gastfreundschaft für Einzelgäste nach, welche Besinnung und Erholung suchen und hier auch, in diese Sinne, Urlaub machen können“. Nicht zu vergessen sind die Beleggruppen von Firmen und Behörden, „die unser Haus nutzen“, weiß der Abt: „Auch sie schätzen die klösterliche Atmosphäre.“
Zur Aushilfe unterwegs zu den Pfarreien
Schließlich und vor allem prominent betten die apostolischen Tätigkeiten der Abtei diese in die Diözese ein: Das ist die Pfarrseelsorge, in deren Rahmen vier Dörfer betreut werden. P. Stephan ist der Pfarrer. „Wir Patres sind immer wieder zur Aushilfe unterwegs zu den umliegenden Pfarreien des Dekanats“, fügt Abt Thomas Freihart hinzu. Zum Apostolat gehört übrigens nicht weniger der Klosterladen mit der Buchhandlung, wo Menschen Literatur und religiöse Artikel finden. Und die oberhalb des Klosters gelegene Frauenbergkapelle, die gerne aufgesucht wird, ist ein ruhiger Ort, „etwas abgelegener, ein in jedem Fall besinnlicher Ort“. Es ist eine Jahrhunderte alte kleine Marienwallfahrt. Diese ist eine sehr geschichtsträchtige Stätte, denn die Grundmauern der Krypta stammen von der bischöflichen Burg des heiligen Wolfgang aus dem 10. Jahrhundert.
Alles auf Gott ausrichten
Abt Thomas ist ein freundlicher Mensch, dessen klar gesetzten Ausführungen ich gerne zuhöre; dem man gerne folgt. Seine Darlegungen sind stets klar gegliedert, wie sein geistliches benediktinisches Leben gewiss auch. Als ich in einem letzten Teil die Frage vorbringe, welche Aufgaben das Mönchtum heute habe, spricht der Abt, so mein Eindruck, nochmals klarer; beginnt mit einem Satz, den er anschließend auslegt, um kurz darauf zu schweigen: „Unser Auftrag ist es, den Himmel über dieser Welt offenzuhalten.“ Auf dass in allem Gott verherrlicht werde: dass alles eine Ausrichtung auf Gott erhalte. So lautet nämlich der Wahlspruch der Benediktiner. Letzter Satz: „Das ist in unserer Zeit wichtig: dass es das zweckfreie Dasein gibt, das auf Gott hin verweist.“
Über sich eigentlich gar nichts gesprochen
Über sich selber hat Abt Thomas Freihart im Laufe unseres Gesprächs nicht viel, eigentlich gar nichts gesprochen. Und doch zeigt sich ein geistlicher Mensch, der seine Geistlichkeit im Strom des Benediktinischen im Inneren der Kirche in Treue und freundlicher Unaufdringlichkeit sowie in Klarheit verwirklicht. Und das, eingebettet wie die Abtei selbst, in der Diözese Regensburg.
Text: Prof. Dr. Veit Neumann, Bilder: Abtei Weltenburg