„Oh Herr, wenn du kommst“ – Was Advent und Endzeit verbindet
Der Advent ist eine Zeit der Erwartung. Wir warten auf Weihnachten. Besonders deutlich wird das an Kindern, die den Tagen dem großen Fest entgegenfiebern und die Bescherung kaum mehr erwarten können. Für uns Christen ist der Advent eine besondere Zeit der Erwartung. Wir können uns fragen: Worauf warten wir eigentlich? Ergeht sich Weihnachten in einem schönen Familienfest, einigen geruhsamen Tagen, gutem Essen und tollen Geschenken – oder ist da eigentlich mehr? Was erwarten wir? Diese Frage stellt ein Kirchenlied: „Oh Herr, wenn du kommst“ (Gotteslob Nummer 233). Helga Poppe dichtete und vertonte dieses Lied für die Adventszeit: „Oh Herr, wir warten auf dich“ wiederholt der Kehrvers immer wieder und drückt damit eine entscheidende Grundhaltung des Advents aus.
Jesus wird wiederkommen
Dieses Warten auf den Herrn ist nicht nur eine Grundhaltung des Advents – sondern des ganzen christlichen Lebens. Im Glaubensbekenntnis bekennen wir: Jesus „sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“ Jesus wird einst wiederkommen; am Ende der Welt erscheint Christus erneut, um Gericht über diese Welt zu halten. Allgemein ist das eine etwas beängstigende Erwartung. Wir erwarten das große Unheil und Verderben. Dunkelheit wird über die Erde kommen. Das Kirchenlied dreht dieses Bild völlig um: Jesus wird nicht Dunkelheit in eine lichte Welt bringen. Ganz im Gegenteil: „Oh Herr, wenn du kommst, wird es Nacht um uns sein“. Wir könnten vielleicht hinzufügen: Schon jetzt ist es Nacht um uns, schon jetzt erleben wir so viel Elend und Leid. Wir warten auf Jesus Christus nicht als den großen Verderber, der Dunkel bringt. Wir erwarten ihn vielmehr als Retter, der das Licht bringt.
Gott wird alle Tränen trocknen
Wenn Jesus wiederkommt, „dann jauchzt die Schöpfung dir zu“. Dieses Bild ist dem Römerbrief entlehnt, wo es heißt es: „Denn die Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes“ (Römerbrief 8,19). Ja, die Schöpfung liege sogar „in Geburtswehen“ (8,22). So sehr bedarf diese Welt ihrer Vollendung, dass das Erscheinen Jesu Christi von der ganzen Erde voller Sehnsucht erwartet wird. An diesem Ende „hält uns nichts mehr zurück, wir laufen voll Freude den Weg auf dich zu“, singt das Lied weiter. Die Offenbarung des Johannes widmet sich in starken Bildern dem Ende der Welt und der Wiederkunft Jesu Christi: „Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen“ (Offenbarung 21,4). Auf diese Welt dürfen wir uns wirklich freuen; ihr dürfen wir wirklich voll Freude entgegenlaufen.
Die Adventszeit ist durchdrungen von Licht und Schatten; schon die Kerzen am Adventskranz ziehen einen Rahmen um die Tage vor Weihnachten: Wir warten auf das Licht, das uns in Jesus Christus erscheint. Dabei erwarten wir Christen auch den letzten Tag, an dem sich dieses Licht voller Kraft Bahn brechen wird. Vielleicht kann uns dieser Tage gerade das Lied „Oh Herr, wenn du kommst“ daran erinnern, nicht nur das Weihnachtsfest, sondern auch das letzte aller Feste zu erwarten: „Dein Fest ohne Ende steht für uns bereit“, heißt es im Lied.