Neujahr: Mehr als nur ein Tag zur Erholung
An Neujahr feiert die Kirche das Hochfest der Gottesmutter Maria. Das ist auch das Ende der Weihnachtswoche. Autor Benedikt Bögle erklärt, was die Lesetexte zu Weihnachten zu sagen haben.
Als Feiertag hat der 1. Januar heute eigentlich keine große Bedeutung mehr. Hauptsächlich ist es ein Tag, der die Erholung von den mehr oder weniger ausufernden Feierlichkeiten am vorhergehenden Silvesterabend ermöglicht. So die Wahrnehmung mancher. Aber: Ein Gottesdienstbesuch kann auch an diesem Tag nicht schaden. Denn ursprünglich handelt es sich beim Neujahrstag um einen christlichen Feiertag. Große Feiertage beging die Kirche früher stets mit einer sogenannten Oktav, also mit acht Tagen des Feierns. Übrig geblieben sind nur noch zwei solcher Oktaven, nämlich zum Osterfest sowie an Weihnachten. Der achte Tag des Weihnachtsfestes ist der 1. Januar. Eine ganze Woche lang feiert die Kirche jeden Tag Weihnachten. Die Geburt Jesu ist so wichtig, dass es nicht mit einem einzigen Tag getan ist.
Jesus und das Gesetz
Zugleich feiert die Kirche das „Hochfest der Gottesmutter Maria“. Sie steht unter anderem im Evangelium (Lukas 2,16-21) im Mittelpunkt. Die Hirten haben den neugeborenen Jesus verlassen, „Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach“ (Lukas 2,19). Nach acht Tagen – das würde in der Chronologie der Weihnachtsfeiertage Neujahr bedeuten – brachten Maria und Josef ihren Sohn in den Tempel. Dort wurde Jesus beschnitten, wie es dem jüdischen Gesetz entspricht. Das hört sich erstmal nicht sonderlich spektakulär an, hat es aber in sich. Denn das bedeutet: Jesus unterstellt sich dem Gesetz wie alle anderen. Gott macht für sich also keine Ausnahme. Er macht sich in allem den Menschen gleich.
Mensch wie wir
Das ist ein wichtiger Nachtrag für Weihnachten. Schon dort war klar, dass Jesus für sich keine Sonderstellung beanspruchte. Er wird nicht Königen gleich in einem Palast geboren, sondern in einem ärmlichen Stall, einer Notunterkunft. So sehr also die Umstände seiner Geburt auf den ersten Blick gar nicht zu Gott passen wollen, so wenig scheint es angemessen zu sein, dass er sich selbst dem Gesetz unterwirft. Aber so ist Gott: Er kehrt menschliche Erwartungen um. Er ist anders als wir meinen möchten.
Darauf geht auch die zweite Lesung (Galaterbrief 4,4-7) ein. Jesus wird als ganz normaler Mensch geboren. Das will Paulus nochmal unterstreichen: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen“ (Galater 4,4-5). Er wurde also von einer Frau geboren, ganz normal, so wie alle Menschen. Zugleich war er auch dem Gesetz unterstellt – ganz normal, wie alle Menschen. Er nimmt für sich keine Sonderpositionen in Anspruch, er teilt das Leben der Menschen radikal. An anderer Stelle überbietet Paulus das gar noch und schreibt: „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“ (Philipperbrief 2,7-8)
Ein naher Gott
Aber auch für das neue Jahr hat der Gottesdienst am 1. Januar etwas zu bieten. Die erste Lesung beinhaltet den sogenannten Aaronssegen (Numeri 6,22-27): „Der Herr segne und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.“ Dieser Segen berichtet von einer radikalen Anwesenheit Gottes. Gott ist nicht nur fern, er ist auch anwesend. Er ist den Menschen gnädig. Und genau diese Anwesenheit ist ja auch die Botschaft von Weihnachten.