News Bild Mehr als Ideologie und Blasphemie? Zum Streit um Religion im öffentlichen Raum

Mehr als Ideologie und Blasphemie? Zum Streit um Religion im öffentlichen Raum

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Bereits im Vorfeld des Katholikentags sorgte diese Veranstaltung für Schlagzeilen. Am Donnerstag fand schließlich die prominent besetzte Podiumsdiskussion „Mehr als Ideologie und Blasphemie? Zum Streit um Religion im öffentlichen Raum“ statt, bei der Gäste wie die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) oder der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman A. Mazyek, über das oftmals schwierige Verhältnis von Religions- und Meinungsfreiheit in einer säkularen Gesellschaft diskutierten.

Mitunter kontrovers, aber immer fair und respektvoll sprach die von Christiane Florin („Christ und Welt“) moderierte Runde über so unterschiedliche Themen wie das Verhältnis von Medien und Religionsgemeinschaften, Kreuze in öffentlichen Einrichtungen, das Kopftuchverbot oder die Beschneidungsdebatte aus dem Jahr 2012. Immer wieder wurde auch das Publikum in die Diskussion mit einbezogen.

So betonte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dass ihr persönlich es wichtig sei, dass der säkulare Staat Religion ermögliche, ohne sich dabei auf ein bestimmtes Bekenntnis festzulegen. Religion sei "Privatsache" und deshalb hätten religiöse Symbole wie das Kreuz in Gerichtssälen deplaziert seien. Schließlich werde hier kein göttliches Recht gesprochen.

Hierauf erwiderten sowohl die Philosophieprofessorin Hannah-Barbara Gerl-Falkovitz (Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz) als auch der nordrhein-westfälische CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Sternberg die überreligiöse Bedeutung des Kreuzes als Zeichen für Humanität und richtige Ethik, welches auch von Nichtchristen weitgehend akzeptiert werde. Wirkliche Ablehnung erfahre das Kreuzsymbol im öffentlichen Raum am ehesten von radikalen Atheisten, deren Tonfall in der Öffentlichkeit sowie im Internet vom evangelischen FAZ-Journalisten Reinhard Bingener auf dem Podium scharf kritisiert wurde.

Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darin, dass das Grundgesetz eine religionsfreundliche Verfassung sei. Auch der Vertreter der Muslime, Aiman A. Mazyek, lobte das Grundgesetz ausdrücklich. Er bedauerte jedoch, dass der Islam oft „Projektionsfläche“ in öffentlichen Debatten sei, in denen Religion zunehmend als „Problem“ verstanden werde. Er wünsche sich, dass der muslimische Glaube nicht nur als „Reizthema“ wahrgenommen werde. Als Beispiele nannte er die Diskussion um das Kopftuchverbot oder auch die Beschneidungsdebatte. „Es gibt viele Vorurteile gegen Muslime, die Trennung von Islam und Islamismus ist oft unscharf“, so Mazyek. Auch würden viele Richtigstellungen und Distanzierungen von Muslimen beispielsweise gegenüber der nigerianischen Terrororganisation Boko Haram kaum in den Medien vermeldet.

Eine spontane Frage von Moderatorin Christiane Florin ans Publikum sorgte schließlich sowohl für große Heiterkeit als auch für so manche Erkenntnis: Auf ihre Frage, wer denn noch ein Kruzifix bei sich im Haus hängen habe, meldete sich beinahe der gesamte Saal. So wird  die Frage der Aufhängung von religiösen Symbolen im „privaten Raum“ zumindest bei vielen Katholikentagsteilnehmern erfreulicherweise – noch -  mit ja beantwortet.



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