Mariensäule, modern und weiß, links Totale, rechts Detailansicht einer biblischen Szene

Mariensäule des rumänischen Bildhauers Aurel Vlad in Rechberg

28 Motive auf einer Säule


Rechberg, 2. Mai 2025

Der „Wonnemonat“ Mai hat im kirchlichen Bereich, konkret in der katholischen Kirche, als „Marien-Monat“ eine lange Tradition. Dazu gehören Maiandachten und – als ganzjährig sichtbare Sehenswürdigkeiten – die weit verbreiteten Mariensäulen. Eine sehr bekannte steht etwa am Marienplatz in München. Und vor vielen Kirchen, auch wenn sie nicht der Gottesmutter geweiht sind, blickt Maria auf die Menschen herab. Meistens thronen auf diesen Säulen aus unterschiedlichen Jahrhunderten stammende Marienfiguren. Eine gänzlich andere Mariensäule hat im Sommer 2002 der rumänische Bildhauer Aurel Vlad in Rechberg geschaffen. In 28 Bildern zeigt er auf seinem Werk nicht nur Motive aus dem Leben Mariens, sondern aus der ganzen Bibel.

Rechberg ist ein Ortsteil des Marktes Beratzhausen und gehört zur Pfarrei St. Martin Pfraundorf, die seit September 2003 eine Pfarreiengemeinschaft mit der Pfarrei St. Peter und Paul Beratzhausen bildet. Die dort auf einer kleinen Anhöhe erbaute Wallfahrtskirche ist der Heiligen Maria geweiht, Patrozinium ist Mariä Heimsuchung. Das Gotteshaus und die jährliche Wallfahrt dorthin basieren auf folgender Sage: „Ein Herr von Ehrenfels, dessen Burg im Gebiet des Marktes Beratzhausen stand, begab sich eines Tages - der Überlieferung nach im Jahre 801 - in der Gegend des heutigen Ortes Rechberg auf die Jagd. Ein Jagdhund des Ehrenfelsers verfolgte ein Reh und gelangte auf diese Weise zu einem alten Baum. Das laute Bellen seines Hundes führte den adligen Beratzhauser zu dieser Stelle, wo er ein seltsames Bild erblickte. Das verfolgte Reh saß auf seinen Hinterläufen und streckte die Vorderläufe am Baum in die Höhe. Als der Herr von Ehrenfels aufschaute, erblickte er ein Gnadenbild der Hl. Jungfrau im oberen Teil des Baumes. Deshalb schenkte er dem Reh das Leben und beschloss am Fuße des Berges, auf welchem der Baum stand, eine Kirche bauen zu lassen. Der Bau der Kirche geriet jedoch schon bald ins Stocken, denn die Rehe trugen auf ihren Geweihen Nacht für Nacht das Baumaterial hinauf zum Wunderbaum. Aus diesem Grund steht heute die Wallfahrtskirche am Gipfel des Berges, dort wo die Rehe den Wunderbaum fanden.” (Dietmar Kuffer, Sagen, Märchen und Legenden aus dem Gebiet des Marktes Beratzhausen, Beratzhausen 1992, S. 70).

Von dieser Sage hat der Ort seinen Namen, am Deckenfresko der Kirche ist diese übrigens dargestellt. Die Wallfahrt dürfte im späten Mittelalter entstanden sein und war dann durch die Reformation bis 1621 unterbrochen. Die heutige Kirche wurde 1773/74 erbaut. Hinter der Wallfahrtskirche befindet sich eine Mariengrotte, vor der bei der Wallfahrt am ersten Julisonntag die Pilger bei ihrer Ankunft beten.

Szenen aus der Bibel abgebildet

Nicht an die Rechberger Sage, sondern an Erzählungen aus unterschiedlichen Teilen der Bibel erinnert der 1954 in Galati (Rumänien) geborene Aurel Vlad, der bereits 1992 beim ersten Rumänischen Bildhauersymposium in Beratzhausen einen „Kreuzweg“ geschaffen hat. Seine Mariensäule aus bulgarischem Kalkstein hat er schlicht „Ave Maria“ betitelt. Sie ist aus drei Steinquadern zusammengesetzt und weist eine Höhe von 5,40 Meter auf. Vier runde Säulen bilden den Rahmen und sind Grundlage für das Dach. Diese vier Säulen sind für den Bildhauer Symbol für die vier Evangelisten, die wiederum das Fundament der christlichen Kirchen darstellen. Zwischen diesen Säulen sind an jeder Seite sieben Reliefs eingemeißelt, die Motive stammen aus dem Buch Genesis (Ostseite), dem Leben Mariens (Südseite), dem Leben Jesu (Westseite) und der Apokalypse (Nordseite). Man beachte auch, dass der Künstler die heilige Zahl „7“ bewusst in sein Werk einbezieht.

Vom Buch Genesis bis zur Apokalypse des Johannes

Aus dem Buch Genesis zeichnet Aurel Vlad sozusagen die Geschichte der ersten Menschen nach: Adam im Paradies, Adam und Eva, die Vertreibung aus dem Paradies, die Verdammung, die erste Familie, Kain und Abel, Mensch. Aus dem Leben Mariens werden folgende Stationen vorgestellt: Joachim und Anna, Maria Verkündigung, Elisabeth und Maria, die Heiligen drei Könige, die Geburt des Herrn, die Flucht nach Ägypten, Maria und ihr Kind. Unmittelbar daran schließen sich die Stationen Jesu an: Taufe Jesu, das Wunder vom See Genezareth, der Einzug in Jerusalem, das letzte Abendmahl, die Kreuzigung, Pieta, Auferstehung. Der rumänische Künstler bezieht schließlich anhand von Aussagen aus der Apokalypse des Johannes auch Szenen in sein Opus ein, die auf die Zukunft, den in der Bibel prophezeiten jüngsten Tag, hinweisen: Die Offenbarung des Johannes, der Sensenmann, die Kelche des Zorns, das apokalyptische Tier, die Auferstehung der Toten, das jüngste Gericht, das geopferte Lamm.

Kirchliche Segnung am 15. August 2002

Diese 28 Motive aus der Bibel beschreiben für Aurel Vlad auch das Geheimnis des Lebens: die Geburt, das Aufwachsen, die Reife und das Sterben. Seine Statue stellt so die Geschichte des Lebens dar, erzählt aus der Perspektive des christlichen Glaubens. 

Die Idee zu diesem Projekt sowie die Begleitung bei der Umsetzung lag in den Händen des Beratzhausener Kuratoriums für Europäische Kulturarbeit, unterstützt durch die Kirchenverwaltung der Pfarrei Pfraundorf. Der damalige Kuratoriumsvorsitzende Josef Bezold freute sich bei der kirchlichen Segnung am 15. August 2002 durch den damaligen Pfarrer BGR Albert Weihrich über die gelungene Mariensäule, die der Künstler Aurel Vlad als „sein Lebenwerk“ bezeichnete. Insgesamt rund 9.000 Euro brachte das Kuratorium für das Kunstwerk auf. Seither gehört das Kunstwerk auch zu den Sehenswürdigkeiten bei Ausflügen von Gruppen nicht nur aus der näheren Umgebung. Und natürlich wird es bei kirchlichen Anlässen – zum Beispiel Maiandachten – regelmäßig mit einbezogen.

Text: Markus Bauer

(kw)



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