Kongress zur Priesterausbildung im Vatikan
Priester von heute - Priester von morgen
Rom, 8. Februar 2024
Stefan Ulz ist Leiter des Seelsorgeraumes Graz-Südost und seit 2022 Konsultor für das Klerus-Dikasterium. Er hat den aktuellen Kongress zur Priesterausbildung im Vatikan maßgeblich mitorganisiert. Auch Bischof Dr. Rudolf Voderholzer und Prof. Christoph Binninger sind nach Rom gereist, um an der Internationalen Tagung über die Priesterfortbildung mitzuwirken. Im Interview mit Vatican News erzählt Stefan Ulz, was diesen Kongress so einzigartig macht und was er sich davon erhofft.
Vatican News: Was war Ihnen besonders wichtig bei der Vorbereitung auf den aktuellen Kongress?
Stefan Ulz (Pfarrer und Leiter des Seelsorgeraumes Graz-Südost, seit 2022 Konsultor für das Klerus-Dikasterium und Mitorganisator der Veranstaltung): „Uns war es von Anfang an sehr wichtig, dass der Kongress eine partizipative Methode anwendet. Also nicht nur einfach Vorträge, und die anderen hören mehr oder weniger brav zu. Vielmehr haben wir schon im Vorfeld des Kongress alle mit einbezogen. Wir hatten eine Umfrage gemacht weltweit, wo die Herausforderungen, die Themen, die den Menschen wichtig sind, die in der Priesterausbildung und Fortbildung tätig sind, zurückgespielt worden sind. Daraus ist dann das Programm entstanden. Zu jedem Thema gibt es kurz Vorträge, einen Impuls vom Papst, dann Einzelbetrachtung und Gruppenarbeit, also im synodalen Stil, wie es auch bei der Bischofssynode praktiziert wurde. Und die Ergebnisse aus diesen Gruppengesprächen werden jeweils in einem Tablet in den verschiedensten Sprachen festgehalten. Und wir vom Kernteam lesen dann alle Ergebnisse, die Herausforderungen, die möglichen Wege, die zu beschreiten sind und auch Best Practices, und spielen das wieder ins Plenum zurück. Und dadurch entsteht eine sehr gemeinschaftliche synodale Dynamik und ein sehr positives Klima.“
Vatican News: Diese synodale Dynamik, die Sie angesprochen haben, ist ja auch eigentlich eine relativ neue Herangehensweise bei dieser Art von Kongress. Wie wird das denn von den Teilnehmern aufgenommen?
Stefan Ulz: „Das Schöne ist, dass in Wirklichkeit alle sehr dankbar sind dafür. Es sind viele Menschen, die schon lange tätig sind in diesen Bereichen und auch in den Dikasterien tätig. Und ich habe von mehreren gehört, dass sie so dankbar seien, das hätten sie noch nie erlebt. Einen solchen Stil, bei einer Tagung wie dieser, wo doch fast 1000 Menschen dabei sind. Aber dadurch entsteht eine sehr große Teilnahme und alle Anwesenden haben das Gefühl, sie sind Mitgestalter und suchen gemeinsam nach Wegen. Wir teilen gemeinsam die Erfahrungen und daraus entsteht etwas, das nicht aus einem einzigen klugen Kopf heraus gewachsen ist, sondern wirklich aus der synodalen Dynamik.“
Vatican News: Der Papst hat heute in der Audient mit Ihnen gesagt, er habe Angst vor Leuten, die meinen, sie hätten schon alle Antworten parat. Er hat auch dazu eingeladen, weiter zu suchen und sich auf Diskussionen und Dialog einzulassen. Was haben Sie mitgenommen aus dieser Audienz heute Morgen beim Papst?
Stefan Ulz: „Für mich war es beeindruckend, wie der Papst das, was er sagt, selbst lebt. Er sprach beispielsweise von der Zärtlichkeit, im Umgang miteinander, von der Barmherzigkeit. Heute, wenn man ihn erlebt hat heute, dann ist das genau das, was er lebt. Die drei wichtigsten Punkte, die er in seinem Vortrag erwähnt hat, waren eben die Freude des Evangeliums - das erinnert an sein erstes Schreiben, das wir alle kennen - dann die Zugehörigkeit zum heiligen Volk Gottes, also der Priester kommt aus dem Volk und ist für das Volk. Man kann die Freude des Evangeliums nur leben und nur missionarisch sein im Miteinander mit dem gesamten Volk Gottes. Und da hat er eben das Synodale sehr stark verinnerlicht, also dass wir mit dem heiligen Volk Gottes leben. Auch unsere Fort- und Weiterbildung geschieht im Zusammenhang mit allen Gläubigen, den Laien, den Frauen, den Männern. Und das Dritte war dann die Fruchtbarkeit des Dienstes. Da hat er natürlich auch darauf hingewiesen, dass die Fruchtbarkeit Jesu vor allem am Kreuz war. Das ist der Thron, hat er erwähnt. Der Thron ist das Kreuz.
Daraus wächst Fruchtbarkeit und wir Priester, wenn wir aus der Freude des Evangeliums leben, wenn wir im Volk integriert sind und synodal gemeinsam unterwegs sind. „Camminare“ hat er immer gesagt: Gemeinsam unterwegs sein, dann entsteht auch eine besondere Fruchtbarkeit für das Evangelium. Und dann hat er abweichend vom Text gesagt - das hat man gesehen, dass er den Text beiseitegelegt hat - dann hat er noch Anliegen gennant, die ihm ganz besonders am Herzen zu liegen scheinen. Das waren eben Barmherzigkeit und Vergebung. Gott vergibt. Das müssen wir den Menschen erfahrbar machen und die Zärtlichkeit Gottes, die sich in der Barmherzigkeit zeigt, allen, allen Menschen immer wieder spürbar machen."
Vatican News: Sie haben es erwähnt, es ist ein sehr großer Kongress mit vielen Teilnehmern, vielen Priestern, die dann in ihre Welt, in ihre Diözesen, auf der ganzen Welt zurückkehren. Könnte man denn auch sagen, dass hier im Herzen der Kirche, im Vatikan, gerade auch ein bisschen etwas Revolutionäres passiert, was das Priesterbild und die Aufgabe des Priesters betrifft?
Stefan Ulz: „Ja, ich denke schon. Also vor allem diese Zugehensweise, dass die Kirche eben vom Papst synodal gewünscht wird und zwar, dass wir alle aufgrund unserer Taufe und Firmung berufen und gesandt sind, Kirche zu leben, zu gestalten. Da gehören die Priester dazu, wie alle anderen auch. Und er möchte, dass die Priester auch tatsächlich synodal denken, synodal agieren. Und bei diesem Kongress versuchen wir das schon vor der Methodik her zu praktizieren. Und ich höre immer wieder Stimmen von Leuten, die hier arbeiten, dass es das noch nie gab und dass das wirklich ein Unikum ist. Und auch, dass wir als Klerus-Dikasterium in Kooperation gemeinsam mit anderen Dikasterien den Kongress gestalten, das scheint doch neu zu sein. Und man spürt aber, dass dadurch eine ganz positive Dynamik hineinkommt.“
atikan News: Darf ich fragen, was war Ihnen persönlich denn jetzt bei diesem Kongress auch besonders wichtig?
Stefan Ulz: „Also wichtig war mir und war uns auch vom Vorbereitungsteam, dass beim Kongress nicht nur Bischöfe teilnehmen, nicht nur Experten in der Theologie oder nicht nur Priester und Ordensleute, sondern dass wir auch schon im Kongress bewusst Frauen einladen, die in diesem Bereich tätig sind, dass wir Experten einladen im Bereich Humanwissenschaften, Psychologinnen und Psychologen. So wird bei den Referentinnen und Referenten auch eine große Vielfalt sichtbar, die eben das Volk Gottes ausmacht. Und dass wir immer auch bei jeder inhaltlichen Einheit Erfahrungsberichte, also Best Practices, sichtbar machen, wo schon etwas von dem gelingt, wo synodale Kirche schon gelebt wird, weil Beispiele immer am besten überzeugen.“
Vatican News: Wie wird es jetzt weitergehen? Morgen gehen Sie wieder zurück, alle in ihre Diözesen auf der ganzen Welt. Wie soll diese neue Entwicklung auch weiter getragen und weiter begleitet werden?
Stefan Ulz: „Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Und zwar war uns bewusst von Anfang an, dass dieser Kongress nur eine Initialzündung sein kann für einen neuen Weg im Umgang auch mit den Priestern und für die Priesterausbildung, Fortbildung, Weiterbildung. Die Idee ist jetzt schon realisiert, dass es eine ganz neue Homepage gibt für das Klerus-Dikasterium, wo es auch einen sehr partizipativen Teil geben wird. Ein theologischer Teil, wo alle eingeladen sind, auch ihre Best Practices, ihre Erfahrungen miteinander zu teilen. Auch die Materialien von diesem Kongress werden dort hochgeladen. Das bedeutet sozusagen, dass der Dialog jetzt beginnt, aber weitergeführt wird. Und die Idee ist freilich auch, dass lokal dann ähnliche Erfahrungen gemacht werden wie hier auf Weltebene, so dass dann in den einzelnen Bischofskonferenzen, Ländern und unterschiedlichen Kulturkreisen diese Erfahrung wiederholt wird mit den Priestern vor Ort. Weil natürlich gilt dann, immer vor Ort zu schauen, wie es dann konkret zur Umsetzung gebracht werden kann.“
Vatikan News: Vielen Dank und viel Glück weiter bei der Aufgabe.
Das Gespräch führte Christine Seuss.
(vatican news)
Foto: Jakob Schötz