Rottenburg an der Laaber, St. Georg

Kirchen aus dem Bistum: St. Georg, Rottenburg / Laaber

Mittelpunkt echter Frömmigkeit


Rottenburg / Regensburg, 27. August 2025

Rottenburg an der Laaber, idyllisch gelegen im Tal des namensgebenden Flüsschens, umgeben von den Ausläufern des niederbayerischen Hügellands, ist ein Ort mit tief verwurzelter religiöser Tradition. Bereits im Mittelalter war Rottenburg Teil bedeutender kirchlicher und klösterlicher Netzwerke und wurde – nach anfänglichen Verlagerungen der Pfarrorganisation aus den umliegenden Orten – im 15. Jahrhundert schließlich zum kirchlichen Zentrum der Region erhoben.

Oberhalb der Altstadt von Rottenburg thront die Pfarrkirche St. Georg, weithin sichtbar durch ihren hoch aufragenden Turm. Sie fungiert als architektonisches, geistliches und gemeinschaftliches Herz der Stadt. Sie ist ein Ort, an dem sich sakrale Kontinuität, bürgerliches Selbstverständnis und festliche Liturgien auf exemplarische Weise verdichten. Ihre heutige Gestalt ist Ergebnis eines tiefgreifenden Neubaus im Stil der Neugotik, der zwischen 1868 und 1869 auf den Fundamenten älterer Bauten errichtet wurde. Der Entwurf stammt von dem bedeutenden Kirchenbaumeister Leonhard Schmidtner, die Ausführung oblag dem Rottenburger Zimmerer Carl Stapfer. 

Der Bau ersetzte einen spätgotischen und zuvor barocken Kirchenbau, der der wachsenden Gemeinde nicht mehr genügte. Die neue Kirche wurde als dreischiffige Pseudobasilika mit hohem Mittelschiff und flacherem Seitenschiffen errichtet. Das markante Sternrippengewölbe, eine Reminiszenz an gotische Formen, überspannt den Raum mit rhythmischer Klarheit. Die vertikale Betonung, insbesondere im Bereich des Altarraums, hebt den liturgischen Fokus architektonisch hervor. Die Fassade mit ihrem neogotischen Maßwerk, Spitzbögen und Maßwerkrosetten verleiht der Kirche eine imposante Präsenz.

Bildwerke und Orgel

Die Ausstattung der Kirche folgt konsequent der Stilrichtung der Neugotik, nimmt jedoch vereinzelt ältere Kunstwerke auf. Der Hochaltar, ein Hauptwerk neugotischer Bildschnitzkunst, zeigt im Zentrum das letzte Abendmahl, flankiert von Prophetenfiguren wie Abraham, Melchisedek, dem Erzengel Michael und dem heiligen Nikolaus. Die Figur des auferstandenen Christus krönt den Aufbau. Zwei prächtig gefasste Seitenaltäre widmen sich der Gottesmutter Maria und dem Herzen Jesu. Der Marienaltar zeigt zudem Johannes Nepomuk und Franz Xaver, was auf die barocke Missions- und Märtyrertheologie verweist.

Hervorzuheben sind auch mehrere spätgotische Holzskulpturen aus dem 15. und frühen 16. Jahrhundert, darunter eine Madonna mit Kind sowie Darstellungen des heiligen Sebastian und anderer lokaler Heiliger. Diese Werke wurden aus der Vorgängerkirche übernommen und stellen ein Kontinuum der Verehrungstradition sicher. Ein fein geschnitzter Kreuzweg mit 14 neugotischen Reliefs führt den Betrachter entlang der Kirchenwände und vermittelt eine szenische Passionserzählung.

Die musikalische Ausstattung der Pfarrkirche ist eng mit ihrer organistischen Geschichte verknüpft. Die heutige Orgel stammt aus dem Jahr 1982 und wurde von Guido Nenninger gefertigt. Sie verfügt über 22 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Disposition vereint französisch-symphonische Klänge mit süddeutsch-barocker Klangfülle. Ihr Gehäuse ist in neugotischem Stil gehalten, korrespondiert harmonisch mit dem Kirchenraum und integriert Elemente früherer Orgeln, etwa Pfeifenmaterial aus der Edenhofer-Orgel von 1907. Der Orgelklang bildet nicht nur die Grundlage der sonntäglichen Liturgie, sondern auch des kirchenmusikalischen Lebens, das sich in Konzerten, Choraufführungen und der Gestaltung hoher Festtage äußert.

Liturgische Höhepunkte in Rottenburg

Die Pfarrkirche St. Georg ist nicht nur Ort der sonntäglichen Liturgie, sondern Bühne und Zentrum eines reichen Festkalenders, der das ganze Jahr über von einer Vielzahl religiöser und kultureller Ereignisse strukturiert wird. Jedes Jahr im September veranstaltet die Pfarrei ein großes Pfarrfest, das mit einem großen Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche beginnt. Danach finden auf dem Kirchplatz und im Pfarrheim ein geselliges Beisammensein mit Mittagstisch, Kuchenbuffet, musikalischer Unterhaltung, Kinderprogramm und thematischen Vorträgen statt. Das Pfarrfest fungiert nicht nur als Feier der Gemeinde, sondern auch als Zeichen gelebter Pfarridentität und generationsübergreifender Zusammengehörigkeit.

Der Festtag des heiligen Georg, des Schutzpatrons der Kirche, wird jährlich am 23. April mit besonderem liturgischem und gesellschaftlichem Aufwand gefeiert. In der Legende besiegt Georg den Drachen und steht somit für Tapferkeit, Glaubenstreue und Schutz vor dem Bösen. Das Georgsfest umfasst eine feierliche Messe mit liturgischem Hochamt, Kirchenzug mit Fahnenabordnungen, Festpredigt und anschließender Agape. Die symbolische Präsenz des Heiligen in Stadtwappen und Pfarrleben unterstreicht die besondere Bindung zwischen Stadt und Patron.

Der Palmsonntag mit der Segnung der Palmbuschen auf dem Kirchenplatz und anschließender Prozession in die Kirche ist fester Bestandteil der Rottenburger Karwoche. Die Feier der Osternacht mit Entzündung des Osterfeuers, Exsultet, Taufwasserweihe und österlicher Liturgie zählt zu den spirituellen Höhepunkten des Jahres. Das wie Ostern kalendarisch „bewegliche“ Fronleichnamsfest wird mit einer feierlichen Prozession durch die Straßen Rottenburgs begangen: Ein Blumenteppich, eine ganze Reihe von Altärne entlang der Prozessionsroute, Gesang, Musik, Weihrauch und Fahnen schaffen ein Gesamtkunstwerk liturgischer Außenwirkung. Die Prozession endet traditionell mit dem „Te Deum“ und einem feierlichen Segen vor dem Hauptportal der Kirche.

Im Spätherbst ist es Zeit für das Totengedenken. Die stillen Feierlichkeiten zu Allerseelen beinhalten eine sehr bedacht gestaltete Abendandacht mit musikalischer Umrahmung, Totengedenken und Gräbersegnung. Der Kirchenraum ist dann in gedämpftes Licht getaucht, das Gedenken an die Verstorbenen wird durch eine ästhetisch-liturgische Atmosphäre vergegenwärtigt, die Trost und Gemeinschaft vermittelt.

Zu Ehren der Gottesmutter

In der Filialkirche Oberhatzkofen, aber auch in Rottenburg selbst, wird Mariä Himmelfahrt mit großem Ernst und feierlicher Weihe der Kräutersträuße begangen. Der Brauch der Kräuterweihe, dessen Ursprünge ins frühe Mittelalter zurückreichen, verbindet liturgische Handlung mit volksmedizinischer Tradition. Die Gläubigen bringen kunstvoll gebundene Kräuterbuschen, die während der Messe gesegnet und im Haus als Schutzmittel aufbewahrt werden.

In Inkofen, einer der bedeutendsten Filialkirchen der Pfarreiengemeinschaft, wird Mariä Lichtmess mit besonderer Feierlichkeit begangen. Die Kerzenweihe und Lichterprozession sind zentrales Element des Festes, das liturgisch den Abschluss der Weihnachtszeit markiert und symbolisch für die Erscheinung Christi im Tempel steht. Die Kerzen, oft mit Bienenwachs und kunstvoller Verzierung, werden nach Hause genommen und das Jahr über bei Hausandachten und besonderen Anliegen verwendet.

Gemeindeleben & sakrale Infrastruktur

Die Pfarreiengemeinschaft Rottenburg besteht neben der Stadtpfarrkirche aus mehreren Filial- und Nebenkirchen, darunter die Kirchen Mariä Himmelfahrt in Oberhatzkofen, Mariä Lichtmess in Inkofen, St. Stephan in Gisseltshausen und zahlreiche Kapellen. Diese bilden eine vitale kirchliche Infrastruktur, die nicht nur für liturgische Feiern genutzt wird, sondern auch in der religiösen Sozialisation der Gemeinde – insbesondere in der Erstkommunion- und Firmvorbereitung – eine tragende Rolle spielt.

Die Pfarrkirche St. Georg in Rottenburg an der Laaber ist in ihrer architektonischen Ausdruckskraft, liturgischen Dichte und festlichen Begehung ein Monument städtischer Frömmigkeit. Ihre neugotische Formensprache, das anspruchsvolle Bildprogramm, die reiche Musiktradition und die intensive Festkultur verbinden sich zu einem lebendigen Ort des Glaubens, der weit über die Liturgie hinauswirkt. 

Die Vielfalt der Festtage – vom Patronatstag über Fronleichnam bis hin zur Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt – verleiht dem kirchlichen Jahr in Rottenburg seine eigene rhythmische Struktur und symbolisiert jene Verwobenheit von Glauben, Gemeinschaft und Geschichte, die der Stadt ihren besonderen geistigen Charakter verleiht. Diese vielfältige Nutzung der Räume – von Andachten über Vortragsabende bis hin zu spirituellen Konzerten – macht deutlich, dass die sakralen Orte Rottenburgs weit über ihre liturgische Funktion hinaus identitätsstiftend sind.

Text: Stefan Groß

Bild: Elcom Stadler unter Lizenz CCA3.0.

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