News Bild Kirchen aus dem Bistum: Die Stiftsbasilika Waldsassen

Kirchen aus dem Bistum: Die Stiftsbasilika Waldsassen

Bedeutender Barock in Waldsassen

Home / News

Waldsassen, 21. November 2024

Will man Barock wirklich verstehen, so muss man sich eine Kirche ansehen, die vom Grundstein bis zum Dachziegel in diesem Stil gebaut wurde. Die Stiftsbasilika in Waldsassen ist ein geistliches Gebäude, das geradezu ein Muster für eine Barockkirche darstellt.

Die Stiftsbasilika in Waldsassen gehört zu den bedeutendsten Barockkirchen in Süddeutschland. Wer von Norden kommend die Fulda oder den Main überschreitet, könnte zur Ansicht kommen, ganz Süddeutschland sei fest in barocker Hand. Nicht selten sind einst romanische oder gotische Kirchen in der Vergangenheit mehr oder weniger sanft barockisiert worden. War eine neue Kunstrichtung als Ideal etabliert, wollte man sie überall haben.

Historische und Kunsthistorische Rücksichten haben sich erst in der Moderne langsam etabliert. Will man den Barock und sein Anliegen wirklich verstehen, muss man eine Kirche aufsuchen, die vom Grundstein bis zum Dachziegel barock ist. Die Stiftsbasilika, die inzwischen auch unter dem Patrozinium Maria Himmelfahrt und St. Johannes Evangelist die örtliche Pfarrkirche ist, atmet den Barock förmlich aus jeder Fuge. Und hier erkennt man das Anliegen des Barock als eine lebensfrohe Antwort auf puritanische Strenge. Das Spiel mit Licht und Farbe, mit Höhe und Weite kennzeichnen die Basilika ebenso wie Stuck und Malerei, die den irdischen Menschen das Himmlische schauen lassen. Der Barock zieht den Vorhang zur Seite und lässt einen Endlichen das Unendliche mehr ahnen als wirklich sehen.

Doch zunächst zurück zu den Anfängen. Lange vor dem Bau der heutigen Kirche wurde das Kloster Waldsassen gegründet. Im Jahr 1132/33 kamen Zisterzienser an den Ort. Die Legende erzählt von einem Mönch Gerwig, der mit einigen Gefährten von Regensburg hierher kam. Er baute in der Nähe, in Köllergrün, eine kleine Holzkapelle. Gerwig bekam, so berichtet die Legende, von seinem alten Freund Markgraf Diepold an dieser Stelle so viel Grund gestiftet („Stiftland“), wie er mit einem Esel an einem Tag umreiten konnte. Ein solcher Umritt ist an vielen Stellen als Form der Inbesitznahme durchaus bezeugt und im Mittelalter üblicher Brauch. Historisch gesichert ist: Zisterzienser aus Volkenrode (Thüringen) ließen sich 1133 hier nieder. 1179 wurde die erste, gotische Kirche eingeweiht.

Nach den Wirren der Reformation war ein Neubau notwendig geworden. In den pfälzischen Territorien in Bayern hatte sich der protestantische Glaube durchgesetzt. Daher wurde das Kloster Waldsassen im Jahr 1556 aufgelöst. Später fiel das Land an Kurfürst Maximilian I. Der bayrische Adelige war sehr fromm und leitete die Gegenreformation ein. In München hat er unter anderem die Säule mit der Marienstatue auf dem Marienplatz errichten lassen. In Folge der Rekatholisierung kamen 1661 die ersten Zisterzienser aus Fürstenfeld nach Waldsassen. Diese begannen 1661 mit dem Neubau des Klosters in dem inzwischen modernen Barockstil. Der Grundstein für die neue Kirche wurde 1685 gelegt.

Wichtige Baumeister schufen die Kirche

Bedeutende Kirchenbaumeister wie Georg Dientzenhofer und Abraham Leuthner waren in Waldsassen am Werk. Sie schufen mit der Pfeilerbasilika eine der bemerkenswertesten Barockkirchen Bayerns. An der Ausstattung waren Künstler aus ganz Europa beteiligt. Die Fertigstellung des Baus erfolgte unter Abt Albert Hausner. 1704, also vor 320 Jahren, wurde die Kirche von Weihbischof Franz Ferdinand von Rummel geweiht. 1803 säkularisierte der bayerische Staat das Kloster; die Kirche wurde und ist bis heute Pfarrkirche der Stadt Waldsassen. Am 18. Dezember 1863 wurde das Kloster als Priorat der Zisterzienserinnen von Bischof Ignatius von Senestrey in Regensburg neu gegründet und von Zisterzienserinnen der Abtei Seligenthal in Landshut wiederbesiedelt. Eine eigene kleine Klosterkirche für die Schwestern wurde 1924 erbaut.

Der Kirchenraum hat eine Gesamtlänge von 82 Metern. Zum Vergleich: die Gesamtlänge des Regensburger Doms beträgt 128 Meter. Höhe und breite der Basilika betragen 23 Meter, die Kuppel erreicht eine Höhe von 28 Metern. Das Hauptschiff der Basilika Waldsassen ist mit Kapellen und Emporen ausgestattet. Vorbild war der Prager Barock. Das Gewölbe ist baulich eng an den Passauer Dom angelehnt. Es war Giovanni Battista Carlone, der zuvor den Stuck im Innenraum des Passauer Domes geschaffen hatte, der nun auch die Basilika in Waldsassen verzierte. Die Deckenfresken sind zweigeteilt. Im Chor zeigen sie in fünf Bildern Szenen der überlieferten Gründungsgeschichte des Klosters Waldsassen. An der Decke des Langhauses sind Szenen aus dem Leben Jesu dargestellt.

Der Prager Maler Johann Jakob Steinfels schuf diese Fresken. Die Kuppel ist ausgemalt mit einer Mariendarstellung. Maria breitet ihren Mantel über zahlreiche Heilige aus. Eine Besonderheit findet sich in der Altarwand, die aus hellem Salzburger Marmor gearbeitet ist: Ein Kugeltabernakel. Die Globusform des Tabernakels verweist auf die weltumspannende Lehre Christi. Der Marienaltar im Norden, links vom Hochaltar, zeigt ein Altarbild von Johann Andreas Wolff, das die Himmelfahrt Mariens darstellt. Der Hochaltar aus schwarzem Marmor wurde 1696 von Giovanni Battista Carlone geschaffen. Er dominiert die Stirnwand des Chorraums. Das Hauptaltarbild zeigt die Kreuzigung Christi und das kleinere ovale Bild darüber stellt den Gottvater mit der Weltkugel und Engeln dar. Es stammt von dem Franzosen Jean Claude Monot, der zu der Zeit in Prag lebte. Unter dem Kirchenschiff liegt eine Krypta.


Heilige aus Rom werden in Waldsassen verehrt

Ein besonderer Reliquienschatz gehört der Basilika. Es handelt sich um zwölf reich geschmückte und verzierte Reliquien von Katakombenheiligen aus Rom. Davon sind zehn Ganzkörperreliquien, die sich im Hauptschiff der Basilika finden. Die von den Gläubigen verehrten Heiligen sind frühchristliche Märtyrer aus den Katakomben Roms. Ihre Reliquien wurden zwischen 1707 und 1765 von Adalbert Eder, einem Laienbruder des Zisterzienserinnenklosters, aufwendig verziert. Es handelt sich hierbei um die größte Reliquiensammlung ihrer Art. Jährlich am ersten Sonntag im August feiert man in Waldsassen das „Heilige-Leiber-Fest“ zur Verehrung der zehn Ganzkörperreliqiuen. In den Jahren 1688 bis 1765 kamen diese Reliquien von Rom nach Waldsassen und Abt Alexander Vogel erhielt vom Generalabt der Zisterzienser die Erlaubnis zu einem eigenen Fest, das nun schon seit über 250 Jahren in Waldsassen gefeiert wird. Es mag aus heutiger Sicht sonderbar wirken, die Knochen von Verstorbenen zu verehren, doch da der Leib eines Menschen auch nach dem Tod zu diesem Menschen gehört, verehrt der, der die Reliquien verehrt, den Heiligen selbst. Die Märtyrer gaben mit Leib und Seele Zeugnis für Christus. Weil sie um das Ja Gottes zu ihrer ganzen Existenz wussten, konnten sie ihr Leben hingeben. „Die kunstvoll verzierten Reliquien“, so schreibt die Webseite der Pfarrei Waldsassen, „weisen uns hin auf ‚die Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll‘ (Röm 8,18), wenn wir auferstehen zum ewigen Leben. Mit diesem Ziel vor Augen sollen auch wir ‚Heilige Leiber‘ sein, Menschen, die mit Leib und Seele zu Christus gehören und von ihm Zeugnis geben“.

Im Jahr 1969 erhob Papst Paul VI. die Stiftskirche zur Basilica minor. Das ist ein seit dem 18. Jahrhundert verliehener besonderer Ehrentitel, den der Papst einem bedeutenden Kirchengebäude verleihen kann. Die Erhebung einer Kirche zur Basilica minor soll die Bindung der einzelnen Kirchen an den römischen Bischof stärken. Ferner soll die Bedeutung der Basilica minor für das Umland hervorgehoben werden.

Text: Peter Winnemöller

(kw)

Weitere Infos

In der Reihe Kirchen aus dem Bistum Regensburg stellen wir ab sofort Kirchen, Klöster und Kapellen vor, die sich im weiten Einzugsgebiet der Diözese befinden.



Nachrichten