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Zur Neuigkeit
Kirche als Kitt: Raum für Dialog in neuem Gesprächsformat im Diözesanzentrum
Gemeinsam diskutieren
Regensburg, 30. November 2025
Unter dem Backstein-Gewölbe des Tagungsraumes im Diözesanzentrum Obermünster fand am Samstag das Gesprächsforum „Kirche als Kitt – wider die gesellschaftliche Spaltung“ statt. Die Veranstaltung bot nicht nur Raum für Reflexion und wissenschaftliche Bereicherung, sondern auch für konstruktiven Dialog über den sozialen Zusammenhalt – mitten in einer Zeit, in der Öffentlichkeit und Kirche gleichermaßen mit Polarisierung und Vertrauensverlust ringen.
Ein Band als Impuls: Vorstellung der Publikation „Kirche in Gesellschaft“
Eingeladen hatten die Fachstelle Kirche in Gesellschaft und die Hauptabteilung Seelsorge des Bistums Regensburg in Kooperation mit dem Akademischen Forum Albertus Magnus und der KEB im Bistum Regensburg. Den Auftakt des Studiennachmittags gestaltete OR Dr. Walter Zahner, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge, der den neuen Sammelband „Die Rolle der Kirche in der heutigen Gesellschaft“ (Verlag Schnell & Steiner) vorstellte. Diesen hatte er gemeinsam mit Sebastian Graef und Christine Maschke von der Fachstelle Kirche in Gesellschaft im Nachgang an das „1. Regensburger Symposium zu Kirche in Gesellschaft“ im vergangenen Jahr herausgegeben. Dr. Zahner erläuterte, wie der Band nicht nur theologische oder kircheninterne Fragen versammelt, sondern bewusst ein Angebot an die Gesellschaft macht — als Einladung zu Dialog und Verständigung. Er hob hervor, dass gerade in der aktuellen gesellschaftlichen Situation dieser Diskursraum von großer Bedeutung sei: Die Kirche könne und solle Orientierung geben, ohne zu vereinnahmen; sie könne Brücken bauen, und das Bistum Regensburg setze mit diesem Format ein klares Zeichen als engagierter und dialogfähiger Akteur. Damit schaffe das Bistum nicht nur in kirchlichen, sondern auch in gesellschaftlichen Debatten einen gewichtigen Raum.
Überfordert „Victim-Culture“ unsere Streitkultur?
Im ersten Fachvortrag analysierte Prof. Dr. Maria-Sibylla Lotter (Lehrstuhl für Praktische Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum) die Gefahren einer zunehmend inflationären „Victim-Culture“. Lotter machte deutlich, wie eine überbetonte Aufmerksamkeit für subjektive Verletzlichkeit oder individuelle Betroffenheit zwar gute Impulse für Solidarität geben könne, gleichzeitig aber dazu führe, gesellschaftliche Debatten zu polarisieren. Besonders kritisch beleuchtete sie die Tendenz, Konzepte wie etwa den Trauma- oder Gewaltbegriff über die eigentliche Bedeutung hinaus zu erweitern und so letztlich auszuhöhlen. Ebenfalls warnte sie von der Gefahr, real existente gesellschaftliche Herausforderungen, zum Beispiel Ungleichheit, Machtmissbrauch oder strukturelle Konflikte, zunehmend mit persönlicher Betroffenheit oder gar ursprünglich literaturwissenschaftlich inspirierten und damit abstrakten Narrativen zu erklären, die die Realität nur schwer abbilden könnten, und weiter zu einer Entkoppelung von realen Sachverhalten und diskursiver Verhandlung führten. Solche Verschiebungen, so ihr Argument, mündeten nicht selten in einer Verwischung von Begrifflichkeiten, was wiederum die Klarheit gemeinsamer Debatten gefährde. Lotter plädierte daher für eine Sprache der Differenzierung und Präzision als Beitrag zu gesellschaftlicher Versachlichung und gegenseitigem Respekt.
Vertrauen wiederherstellen: eine christlich-ethische Perspektive
Als kurzfristiger Ersatz für den erkrankten Kollegen Prof. Dr. Clemens Breuer übernahm Prof. Dr. Jochen Ostheimer (Lehrstuhl für Christliche Sozialethik an der Universität Augsburg) das Wort. In seinem Vortrag „Im Vertrauen – Überlegungen zum Umgang mit gesellschaftlichen Konflikten“ rückte er das Thema Vertrauen in den Mittelpunkt. Ostheimer betonte, dass gerade in unserer Zeit, in der Misstrauen, Entfremdung und Enttäuschung weit verbreitet sind (nicht zuletzt durch eigene kirchliche Versäumnisse wie Missbrauchsskandale) bewusst für eine andere Haltung entschieden werden müsse. Vertrauen sei kein naiver Optimismus, sondern eine ethisch verantwortete Grundhaltung: Die Bereitschaft, anders Denkenden mit Respekt und Offenheit zu begegnen, sich der Realität zu stellen und Verantwortung zu übernehmen. Gerade für die Kirche habe dieser Ansatz existenzielle Bedeutung als Gegenmodell zu Misstrauen, Entfremdung und gesellschaftlicher Entsolidarisierung.
In der abschließenden offenen Diskussionsrunde griffen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zentrale Themen auf: Wie kann Kirche heute dazu beitragen, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern? Welche Rolle spielt Sprache – in Wort und Tat – in Debatten über Gerechtigkeit, Verantwortung und Versöhnung? Wie entwickelten sich diese Trends ausgehend von den neueren Nachkriegs-Schulen an amerikanischen Universitäten?
Deutlich wurde gerade an diesem gemeinsamen Abend im Diözesanzentrum Obermünster: Der Diskurs war nicht von Fronten geprägt, sondern von gegenseitigem Zuhören und Ernstnehmen. Unterschiedliche Positionen wurden mit Wohlwollen und Ernsthaftigkeit vertreten — ein lebendiger Ausdruck dessen, was der Titel versprach: „Kirche als Kitt“. Viele Teilnehmer beschrieben den Nachmittag als bereichernd, zum Nachdenken anregend und ermutigend. Das Gesprächsforum im Obermünster zeigte eindrücklich: Kirche kann dort wirksam sein, wo gesellschaftliche Brüche drohen: nicht durch Absolutheit, sondern durch Dialog im besten Sinn, durch gemeinsames Nachdenken und Diskutieren, und durch Vertrauen auf das Wohlwollen des Gegenübers.
Text: Sebastian Graef/Fachstelle Kirche in Gesellschaft
(kw)






