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Irak: Zehn Jahre nach der IS-Eroberung hoffen die Christen

Zurück in der Ebene von Ninive

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München / Regensburg, 4. August 2024

Zehn Jahre nach der Eroberung von mehrheitlich christlichen Dörfern in der irakischen Ninive-Ebene durch Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) ist ein großer Teil der vertriebenen Christen in ihre alte Heimat zurückgekehrt. Das berichtete der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, Bashar Warda, bei einer Pressekonferenz des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN).

 

Erzbischof Warda ist erleichtert: „2014 waren 13.300 christliche Familien in der Ninive-Ebene registriert, von ihnen sind 11.000 im Land geblieben. 9.000 sind jetzt in die Ninive-Ebene zurück. Dafür sind wir sehr dankbar.“ Auch in Baghdida, auch als Karakosch bekannt, der größten christlichen Stadt im Irak, sei heute wieder die Hälfte der früheren Einwohner ansässig. Der syrisch-katholische Erzbischof von Adiabene im Nordirak, Nizar Semaan, der ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm, beziffert ihre Zahl auf „vielleicht 25 000“. Dennoch sind sich die beiden Kirchenvertreter im Klaren, dass es bei den Christen, die das Land verlassen haben, kaum Hoffnung auf eine Rückkehr gibt.

Viele Junge Christen hätten im Libanon, in Jordanien, der Türkei und in westlichen Ländern eine neue Heimat gefunden, gibt Erzbischof Warda an, sie hätten dort Familien gegründet und kämen nur noch in den Irak, um Verwandte zu besuchen. Andere hätten Angst vor einer neuen Eskalation im Irak, die durch den Konflikt im Heiligen Land und im Libanon geschürt werde. „Die Christen sind sich bewusst, dass sie oft zur Zielscheibe von Fundamentalisten oder zu Kollateralzielen anderer werden“, erklärte Warda.

Erzbischof Bashar Warda

Erzbischof Bashar Warda bei einer Prozession in Ankawa, einem Stadtteil von Erbil.

Rückblickend stellte Erzbischof Semaan fest: „Worte können nicht beschreiben, was wir in den vergangenen zehn Jahren erlebt haben. Die Christen hier sind wie Olivenbäume: Man kann sie abschneiden und verbrennen, aber sie werden weiter Früchte tragen.“ Der IS habe „alles versucht, die Christen zu vernichten. Aber wir sind geblieben und tun als Kirche alles, um ein Zeichen der Hoffnung zu setzen.“

„Wenn die Kirche stark ist, wird die Gemeinde bleiben“

Die verbliebenen Christen seien sehr stark mit der Kirche verbunden, ergänzte Erzbischof Warda. Statt zu Behörden oder öffentlichen Einrichtungen würden sich die Menschen bei Problemen an die kirchlichen Vertreter wenden. Die Gotteshäuser seien mehr als spirituelle Zentren. Für viele Menschen habe die Präsenz ihrer Pfarrer die ausschlaggebende Rolle bei der Entscheidung gespielt, im Irak zu bleiben, so Warda: „Wenn die Kirche stark ist, wird die Gemeinde bleiben. Wenn der Priester geht, wird die Gemeinde gehen.“

„Kirche in Not“ sei mit den Partnern im Irak stolz auf die geleistete Arbeit in den vergangenen zehn Jahren, betonte die geschäftsführende Präsidentin von „Kirche in Not“ (ACN), Regina Lynch: „,Kirche in Not‘ war die erste Organisation, die nach der Vertreibung durch den IS den Christen beigestanden ist. Zuerst haben wir geholfen, die Flüchtlinge im kurdischen Teil des Irak unterzubringen und später die zerstörten Häuser in der Ninive-Ebene wieder aufzubauen.“ Dieses Wiederaufbauprogramm sei eine der größten Hilfsaktionen in der über 75-jährigen Geschichte des Hilfswerks gewesen. Seit 2014 habe „Kirche in Not“ im Irak über 500 Projekte in einem Gesamtumfang von über 56 Millionen Euro unterstützt. Diese Hilfe werde auch fortgesetzt.

Text: Kirche in Not

(sig)

Weitere Infos

Am 6. August 2014 waren IS-Terroristen mit schwerem Gerät auf die mehrheitlich von Christen bewohnten Ortschaften der Ninive-Ebene im Nordirak vorgerückt, nachdem sie zuvor bereits die Stadt Mossul erobert hatten. Über Nacht flohen mehr als 100.000 Christen nach Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan. Nach dem militärischen Sieg über den Islamischen Staat begann 2017 der Wiederaufbau. Auch wenn nun viele Christen in die Ninive-Ebene zurückgekehrt sind, ist die Zahl der Christen im Irak insgesamt kontinuierlich gesunken. Waren es 2003 1,5 Millionen, sind es heute schätzungsweise nur noch 250.000 – weniger als ein Prozent der irakischen Bevölkerung.



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