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Interview mit Dekan Ralf Heidenreich

Wir müssen für unsere Jugend da sein!

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Wald, 27. Juli 2023

Im Gespräch mit Dekan Ralf Heidenreich sprachen wir in seiner Pfarrei in Wald darüber, wie man in der heutigen Zeit junge Menschen für den Glauben gewinnen kann und welchen Mehrwert die Kirche gegenüber dem Staat hat.

 

Warum sind Sie Priester geworden?

Ich bin Priester geworden, weil ich das Gefühl hatte, das ist das Richtige. Nach einigen Wegen, die ich eingeschlagen hatte, habe ich dann irgendwann gemerkt, jetzt muss ich es mal probieren. Der Wunsch und das Gezogen-Werden waren so stark, dass ich mich irgendwann bewusst mit dieser Berufung auseinandersetzen musste. Nach meiner Lehre zum Maschinenbauer und dem Wehdienst habe ich gespürt, dass ich einen anderen Weg gehen muss. Während meines Theologiestudiums habe ich gemerkt, dass dies die richtige Entscheidung war. Die Beziehung zu Christus ist intensiver geworden, und ich habe mich von ihm an der Hand genommen gefühlt, dass letztendlich die Entscheidung zum Priester fiel. Ich weiß noch, wie mir damals Regens Dachauer gesagt hat: „Ich will, dass sie Priester werden.“ Das war für mich ein besonderes Zeichen. Ich bereue diese Entscheidung nicht. Sie erfüllt mich ungemein. Priester zu sein, das ist tatsächlich das, was ich machen und sein will, was der Sinn meines Lebens ist, das, was mir von Gott gegeben ist. Dass ich ihn verkünden und durch ihn und in ihm leben kann, gibt meiner Seele Kraft und einen Sinn.

Was schätzen jetzt am meisten nach der Corona Pandemie?

Ich schätze nach der Pandemie, dass es mit kleinen Schritten wieder Vorwärts geht. Menschen kommen langsam wieder als Kirche in den unterschiedlichen Bereichen zusammen und bereichern das Alltagsleben. Es gibt neue Denkanstöße durch die Corona-Pandemie in den Gemeinden und bei den Gläubigen selber. Nun füllen sich auch die Kirchen wieder, der Wunsch nach liturgischer, gottesdienstlicher Gemeinschaft ist da und er wird wieder stärker.

Wie kann man junge Menschen für den Glauben gewinnen?

Dies ist eine Frage, die ich auch selber immer stelle und die mich umtreibt. Oft hört man ja bei jungen Leuten, dass sie nicht in die Kirche gehen und nicht an Gott glauben, weil sie alles im Leben haben, weil sie übersättigt mit vielem sind und sich selber vieles leisten können. Sie wollen selber ihr Leben gestalten, ohne Bevormundung. Dennoch, so kann man Umfragen von Meinungsinstituten entnehmen, ist diese Jugend letztendlich gar nicht so glücklich. Viele haben Angst vor der Zukunft. Wenn es diese Zukunftsängste gibt, dann müssen wir für die jungen Menschen da sein. Und dieses Da-Sein ist ein Auffangen, das aber authentisch geschehen muss. Wir dürfen nicht wie andere mit der Welle schwimmen, sondern wir müssen wie so etwas wie ein Fels in der Brandung sein. Wie ein liebender Vater oder eine liebende Mutter da sein in den Nöten des Lebens und zur rechten Zeit das rechte Wort haben, und dass wir sie liebend annehmen und dass sie sich dennoch entfalten können. Es gibt viele Wege, junge Menschen anzusprechen. Jeder Seelsorger, alle Eltern und Großeltern, ja jeder Christ ist gerufen, auf seine eigene Weise etwas dazu beizutragen, dass der Glaube lebendig gelebt und dadurch weitergegeben wird.

Wird der Glaube in den Familien noch gelebt?

Ja und nein. Ich meine, dass der Glaube da gut praktiziert wird und dort vielleicht oberflächlich gelebt wird – je nach Familiensituation. Mein Eindruck ist, dass die Menschen in der heutigen Zeit mental mehr gefordert sind als vielleicht vor dreißig oder fünfzig Jahren. Damals war die körperliche Belastung höher, es gab weniger Freizeitangebote. Heute werden sie von vielen Angeboten buchstäblich überwältigt. Sie gleichen – um ein weiteres Bild zu bringen, einem Blatt auf dem See, das vom Wind hin und her getrieben wird. Man meint, sein Glück darin zu finden, von einem Event zum anderen zu hetzen, von einer App in die andere zu schalten, oder in der Freizeit möglichst vielfältig gestalten zu müssen. Das führt zu einer Unruhe sowohl mental wie körperlich. Der Sonntag ist der ideale Tag für Familienunternehmungen und ergehen sich in Aktionismus. Am Montag ist man erschöpft vom anstrengenden Sonntag. Vielleicht ist das Getriebensein auch ein Grund, warum der Glaube derzeit nicht mehr so gelebt wird in den Familien.

Wie steht es mit der Verbands- und Ministrantenarbeit?

In unseren Pfarreien gibt es eine sehr aktive Jugend- und Ministrantenarbeit. Wir veranstalten regelmäßig gemeinsame Treffen, die von der Jugendstelle ausgerichtet werden. Was uns am Herzen liegt, ist, ein Wir-Gefühl zu schaffen. Mit all unseren Verantwortlichen, den pastoralen Mitarbeitern, den Oberministranten und Gruppenleitern können wir unterschiedliche Angebote machen, die in ihrer Vielfalt viele junge Menschen ansprechen. Die Ministranten sind eine Stütze in der Pfarrei. Und darauf legen wir auch unser Augenmerk.

Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen?

Die Zusammenarbeit ist sehr wichtig und gut. Ohne die Ehrenamtlichen ginge es ja gar nicht. Sie sind eigentlich das Rückgrat, ja, die Stützen einer lebendigen Gemeinde. Oft geschieht diese Arbeit im Verborgenen – und wenn sie nicht mehr gemacht wird, fällt es auf. Leider nimmt die Gesellschaft dieses Engagement nicht immer wahr. Ich bin all dem Menschen dankbar, die ihren Dienst aus Leidenschaft tun, die darin etwas sehr Wertvolles sehen und damit auch Christus und seiner Kirche – also den Menschen – etwas zurückgeben wollen, etwas, das sie selber empfangen haben.

Mit der Katechistenausbildung strebt unser Bistum einen guten Weg in die Zukunft an. Und gerade mit Blick auf die neuen Strukturen der Dekanate ist die Verantwortungsübergabe sehr wichtig. Bestimmte Kompetenzen zu übertragen, ist unausweichlich. Wichtig ist, dass dabei die Glaubwürdigkeit nicht auf der Strecke bleibt. Nur wer im Glauben lebt, der kann auch Vorbild und Wegbegleiter sein.

Welche Angebote machen sie an ältere Menschen?

Wir machen Hausbesuche und Seniorennachmittage und treten immer wieder per Post in Kontakt. Darüber hinaus holen wir die Menschen auch vor Ort ab, besuchen sie zu Hause. Gerade zu Fest- und Geburtstagen ist uns dieser persönliche Kontakt sehr wichtig. In einem Flächenland wie dem unsrigen ist das manchmal nicht so einfach. Viele ehrenamtliche Helfer aus den Pfarreien nehmen sich der älteren Menschen gerne an, denn sie kennen aus ihrer Nachbarschaft so manche Lebenssituationen.

Welchen Mehrwert hat die Kirche gegenüber dem Staat, was zeichnet sie aus?

In der Kirche weht der Geist Gottes! Er selber hat die Kirche als „Familie Gottes“ ins Leben gerufen und er bleibt in ihr. So wirkt Gott durch die Menschen auf vielfältige Weise in die Welt hinein und gibt ihr eine besondere Note, einen eigenen Geschmack – als Salz der Erde oder das Licht der Welt. Die Christen, die Kirche lebendig mitgestalten, werden von diesem Geist beseelt und angetrieben. Dabei wirken sie zur Ehre Gottes und zum Heil der Mitmenschen – auch über die Grenzen der Kirche hinaus. Solche Menschen schauen nicht auf die Uhr, fragen nicht nach Entlohnung, weil Gott selbst ihr Lohn ist. Sie sind getragen vom Vorbild Gottes: Barmherzigkeit, Hingabe und Liebe.

Fragen: Stefan Groß



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