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Interview mit Caritasdirektor Weißmann: Viele Dienste aus Kirchensteuermitteln

„Die katholische Kirche denkt groß und weit“

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Regensburg, 14. März 2023

Die Caritas ist bekannt und geschätzt als Wohlfahrtsverband. „Aber es ist vielen nicht mehr bewusst, dass wir Kirche sind“, meint Caritasdirektor Diakon Michael Weißmann. Im Interview erklärt er, wie wichtig für Gesellschaft und Staat die Dienste der Caritas der Kirche sind - und warum Kirche nicht das enge Konstrukt ist, als das sie gerne dargestellt wird. „Die katholische Kirche denkt groß und weit.“
 

Die Zahl der Kirchenaustritte steigt seit Jahren. Was bedeutet das für die Kirche? Und was bedeutet das für die Caritas, die Teil dieser Kirche ist?

Michael Weißmann: Das nehme ich durchaus als bedrohlich wahr, denn als Caritas bieten wir viele Dienste und Hilfen an, die aus Kirchensteuermitteln finanziert sind. Da geht es ganz konkret um die Beratungsdienste, die wir haben: angefangen bei der Suchtberatung über die Allgemeine Sozialberatung und die Migrationsberatung bis hin zur Schwangerenberatung. Solche Dienste werden zu mindestens 90 Prozent aus Kirchensteuermitteln finanziert. Und ich kann nur sagen: Diese Dienste sind ausgebucht. Wir könnten im Grunde das Angebot verdoppeln und wären immer noch ausgebucht. Da werden wir wahrgenommen.

Ich habe manchmal die Befürchtung, dass viele Menschen den Zusammenhang zwischen Caritas und Kirche gar nicht mehr herstellen. Caritas ist bekannt als Wohlfahrtsverband. Aber es ist vielen nicht mehr bewusst, dass wir Kirche sind. Mein Engagement zielt darauf ab, diesen Zusammenhang wiederherzustellen und dass Menschen erleben: Es gibt einfach so viel Gutes, ohne das wir wirklich ärmer werden würden. Der Staat könnte das gar nicht alles übernehmen. Er hat weder die Strukturen noch die Erfahrungen dafür. Das sind Dinge, die seit Jahrzehnten bei der Caritas im Bistum Regensburg, aber auch bei der Caritas in Deutschland und weltweit angesiedelt sind. Strukturen und Netzwerke haben sich entwickelt, die nicht wegzudenken sind. Das ist die eine Seite.

Caritasdirektor Diakon Michael Weißmann

Die andere Seite ist: Die Caritas hat auch Wirtschaftsbetriebe. Wir haben Krankenhäuser, Altenheime, Pflegestationen und Kindergärten. Das sind Einrichtungen, die nicht aus Kirchensteuermitteln finanziert werden, sondern die sich selber tragen müssen. Aber wir sind auch hier eine Dienstgemeinschaft von Menschen, die für die Caritas, für die Kirche von Regensburg arbeiten.

Ich bin mein ganzes Berufsleben in diesem System unterwegs gewesen und ich stelle fest: Es ist etwas Besonderes. Es gibt einen anderen Geist als in wirtschaftlich orientierten Unternehmen. Der Umgang und das Miteinander sind besonders. Ich kenne viele Menschen, die ihr ganzes Berufsleben bei der Caritas verbracht haben, mehr als 40 Jahre. Egal ob in der Pflege oder im Beratungsbereich, viele sagen: ‚Das war meine Welt. Das war sinnstiftend und erfüllend.‘ Kirche ist ein großes Ganzes. Kirche ist nicht das enge Konstrukt, als das sie gerne dargestellt wird, auf ein paar Themen reduziert. Die katholische Kirche denkt groß und weit.

Kirchensteuermittel, die verloren gehen, sind Gelder, die der caritativen Arbeit fehlen. Kann Fundraising das auffangen? Muss die Caritas in diesem Bereich aktiver werden?

Ja, das ist ein ganz wichtiges Thema und wir müssen uns über die Drittmittelakquise Gedanken machen. Wir haben seit vielen Jahrzehnten ein bekanntes Spendensystem: die zweimal jährlich stattfindende Caritas-Sammlung. Hier wird man zwar auch manches anpassen müssen, aber gerade bei der Sammlung stelle ich fest: Die Spender sind nicht nur Kirchenmitglieder. Das sind Menschen, die sehen, was Caritas alles leistet. Die auf uns zukommen und Kirche so neu kennenlernen. Darauf lässt sich aufbauen.
 

Interview: Hary Landauer/ mk



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