Neutraubling, 13. Juni 2023
Im Interview macht der Dekan von Donaustauf Schierling, Josef Weindl, deutlich, wie wichtig es gerade nach der Pandemie ist, Kindern und Familien gute Angebote zu machen, um den Glauben zu stärken.
Warum sind Sie Priester geworden?
Kurz bevor ich ins Gymnasium kam, hatte ich einen Fahrradunfall und lag neun Wochen in einem Gipsbett im Krankenhaus. Da hatte ich viel Zeit zum Denken. In dieser Zeit ist mir meine persönliche Beziehung zu Gott bewusst geworden. Während meiner Zeit am Gymnasium habe ich dann junge Priester kennen und schätzen gelernt. Da kam gelegentlich der Gedanke in mir auf, dies auch zu werden. Da ich einerseits technisch interessiert, andererseits auch gerne in einem Jugendverband und einem sozialen Arbeitskreis tätig war, stand ich irgendwann vor der Frage: Willst du dein Leben mit Fernsehern oder mit Menschen verbringen? Dann habe ich mich für die Menschen und den Beginn eines Theologiestudiums entschieden. Dabei ist der Wunsch, Pfarrer zu werden, immer mehr gereift. Und ich habe es bis heute nicht bereut.
Was schätzen Sie am meisten nach der Corona-Pandemie?
Am meisten schätze ich, dass das Leben wieder normal geworden ist, dass wir wieder ohne Einschränkungen und Ängste zusammenkommen können, unsere Mitmenschen nicht als potentielle Gefahr wahrnehmen müssen, wieder die Hand geben können usw.
Wie kann man aktuell junge Menschen für die Kirche gewinnen?
Das aktuelle Image der Kirche in der Öffentlichkeit macht es schwierig, junge Leute für Glaube und Kirche zu gewinnen. Aber in unserer Pfarrgemeinde bemühen wir uns sehr um die Kinder und Jugendlichen und die Familien. Wir bieten Eltern-Kinder-Gruppen und zwei kirchliche Kindergärten an. Dann feiern wir fast jeden Monat einen Sonntagsgottesdienst als Kinder- und Familiengottesdienst (mit Kinderchor) und einen als Jugendgottesdienst (mit Jugendchor). Einmal im Monat gibt es auch einen Krabbelgottesdienst im Pfarrsaal. Jeden Dienstag laden wir Kinder zum Kinderchor und zum Schülergottesdienst ein, was auch gut angenommen wird. Darüber hinaus laden wir jedes Kind einmal im Jahr zu einer besonderen Feier in einen Gemeindegottesdienst ein. Voraus geht immer ein Elternabend und eine Probe in der Kirche.
Die erste Feier ist der Kindergartenabschluss, bei dem die Kinder eine Malbibel geschenkt bekommen. In der 1. Klasse feiern wir die Vater-unser-Übergabe, bei der die Kinder ein schönes Bild mit dem Text des Vaterunsers überreicht bekommen. In der 2. Klasse feiern wir die Tauferinnerung mit ihren mitgebrachten Taufkerzen. In der 3. Klasse bereiten wir die Kinder in Tischgruppen auf die Erstbeichte und Erstkommunion vor und feiern mit ihnen die Vorstellung der Erstkommunionkinder, die Kreuzübergabe und die Erstkommunion. In der 4. Klasse feiern wir die Glaubensbekenntnis-Übergabe, bei der die Kinder ein schönes Bild mit dem Text des Glaubensbekenntnisses bekommen. Zu Beginn der 5. Klasse feiern wir einen Gottesdienst mit dem Motto: „Jeder geht seinen Weg, in der Pfarrgemeinde bleiben wir beisammen!“ Und gegen Ende der 5. Klasse feiern wir die Firmung. Dazwischen finden Gruppenstunden statt zur Vorbereitung auf die Firmung. In der 6. Klasse laden wir die Heranwachsenden zu einem Recall-Besinnungs-Wochenende ein. Darüber hinaus versuchen wir junge Menschen durch eine engagierte Ministrantenarbeit zu gewinnen und an die Pfarrgemeinde zu binden.
Wir haben derzeit ca. 80 Ministrantinnen und Ministranten, 20 Gruppenleiter und etwa 20 Jugendliche in unserem Jugendchor. Dadurch gelingt es uns, junge Leute oft bis 20 Jahre und länger an die Pfarrgemeinde zu binden. Manche bleiben dann weiter in der Pfarrgemeinde engagiert und machen bei musikalischen oder sozialen Projekten mit. Andere finden wieder nach einer längeren Pause zur Pfarrgemeinde und zum Glauben zurück.
Meine Erfahrung zeigt, dass viele Kinder und Jugendliche durchaus ansprechbar sind, vor allem, wenn es etwas zu tun oder zu erleben gibt. Das Ministrieren, das Singen in einem Kinder- oder Jugendchor und Gruppenstunden sind dazu gute Möglichkeiten, die allerdings auch ein gutes personelles Angebot voraussetzen.
Wie ist die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen?
Ohne Ehrenamtliche geht in einer Pfarrgemeinde wenig bis gar nichts. Wir haben in der Pfarrei Neutraubling 80 Angestellte in Pfarrhaus, Pfarrbüro, Kirche, Kindergärten und ambulanter Krankenpflege. Darüber hinaus engagieren sich in unserer Pfarrgemeinde etwa 350 Ehrenamtliche in verschiedenen Bereichen: Wir haben 5 Chöre mit jeweils ca. 25 Sängerinnen und Sängern, betreiben eine eigene Tafel und eine Kleiderstube für Bedürftige und bieten von Montag bis Donnerstag eine Hausaufgabenbetreuung für Migrantenkinder an. Die Leitung von Frauengruppe, Kolpingfamilie, Seniorenkreis, Ministrantengruppen, Eine-Welt-Kreis, Kirchenschmuckteam und die Erstkommunion- und Firmvorbereitung geschieht ausschließlich durch Ehrenamtliche.
Welche Angebote machen Sie im Dekanat älteren Menschen?
Fast jede Pfarrei bietet regelmäßige Seniorentreffen an. Auf Dekanatsebene sind wir dabei, auch im vergrößerten Dekanat wieder eine Seniorenwallfahrt anzubieten.
Wird der Glaube in den Familien noch gelebt – und wie unterstützen Sie die Familien?
Nach meinem Eindruck spielen Glaube und Religion in den meisten Familien derzeit nicht so eine große Rolle – trotz bester Absichten. Deswegen sind wir sehr bemüht, die Kinder und Familien regelmäßig zu besonderen Feiern einzuladen, z.B. zu den genannten Katechesefeiern, Ministrantenfeiern und Ehejubiläen.
Fragen und Foto: Stefan Groß