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Grußwort bei der Eröffnungsfeierlichkeit der neuen jüdischen Synagoge in Regensburg

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Grußwort des Bischofs von Regensburg bei der Eröffnungsfeierlichkeit der neuen jüdischen Synagoge in Regensburg am 27. Februar 2019.

 

Lieber Herr Rabbiner Bloch,

liebe Frau Danziger,

liebe Frau Knobloch,

lieber Herr Dr. Schuster,

liebe ältere Schwestern und Brüder der jüdischen Gemeinde Regensburg,

liebe festliche Versammlung!

„Wie liebenswert ist Deine Wohnung, Herr der Heerscharen“, betet der Psalmist im Blick auf den Tempel (Ps 84,2). Wir freuen uns mit Ihnen und beglückwünschen Sie zum neuen Gotteshaus.

Am 21. Februar diesen Jahres jährte sich zum 500. Mal die Ausweisung der jüdischen Bevölkerung aus Regensburg durch den Magistrat der Stadt. Der Ausweisung der Menschen folgte die Zerstörung des jüdischen Viertels.

Papst Johannes Paul II. hat im Jahr 2000 im Rahmen der großen Vergebungsbitte im Blick auf die älteren Schwestern und Brüder aus dem Volk Israel gebetet:

„Gott unserer Väter,

du hast Abraham und seine Nachkommen auserwählt,

deinen Namen zu den Völkern zu tragen:

Wir sind zutiefst betrübt über das Verhalten aller,

die im Laufe der Geschichte deine Söhne und Töchter leiden ließen.

Wir bitten um Verzeihung und wollen uns dafür einsetzen

dass echte Brüderlichkeit herrsche

mit dem Volk des Bundes.“

Eingedenk dieser Worte nehme ich die Eröffnung der neuen Synagoge zum Anlass, heute nicht nur den Allmächtigen, sondern auch Sie als die entfernten Nachkommen derer, die seinerzeit ihres Zuhauses und ihres Heiligtums beraubt wurden, um Vergebung zu bitten für das Leid, das Ihnen von Menschen angetan wurde, die unter dem Anspruch des biblischen Liebesgebotes und der Bergpredigt gestanden hatten.

Es schmerzt uns, dass sich die Vertreter der Kirche 1519 nicht nur nicht schützend vor die jüdischen Mitbürger gestellt, sondern einige sogar noch Profit aus ihrer Ausweisung gezogen haben; und dass die Christen 1938 in der überwiegenden Mehrheit nicht den Mut aufbrachten, sich öffentlich mit den jüdischen Mitbürgern zu solidarisieren.

Wie froh bin ich, dass wir heute, einträchtig versammelt, diese neue Synagoge eröffnen dürfen. Die jüngere Vergangenheit ist gerade auch in Regensburg reich an Zeichen der Verbundenheit zwischen katholischer Kirche und jüdischer Gemeinde.

Ich erinnere an das geradezu freundschaftliche Verhältnis, das meinen Vorgänger mit den Herren Hans Rosengold und Otto Schwerdt verband. Wie oft wurde mir nicht schon erzählt, wie im Jahr 2006 während des Besuches von Papst Benedikt XVI. bei seinem Bruder hier in der unmittelbaren Nachbarschaft ein Teil des päpstlichen Gefolges im jüdischen Gemeindehaus betreut und verköstigt wurde – selbstverständlich koscher!

Und auch wir, Frau Danziger und Herr Rabbiner Bloch, durften schon mehrfach gemeinsam ein Zeugnis unserer Verbundenheit geben. Ich denke an Ihre Einladung im Rahmen des Katholikentages oder das gemeinsame Gedenken für die Opfer des Nationalsozialismus.

All dies zeigt uns: Wir gehören zusammen, nicht nur in einer zivilen Solidarität als Mitbürgerinnen und Mitbürger der Stadt, sondern vor allem durch die Wurzel des Glaubens. Deswegen kann und darf uns nichts trennen, gerade wenn geschichtsvergessene Kräfte und Bewegungen andeutend oder offen antisemitische Klischees bedienen. Lassen Sie es mich deutlich sagen: Das europäische Abendland steht auf jüdisch-christlichem Boden, und wer heute die einen gegen die anderen auszuspielen versucht, verkennt unsere gemeinsame Heimat und stärkt nur unsere Solidarität untereinander.

Seien Sie gewiss, wir Christen, wir Katholiken stehen an der Seite unserer – wie Johannes Paul II. so schön sagte – „bevorzugten“, unserer „älteren“ Schwestern und Brüder![1]

So freuen wir uns mit Ihnen über den Neubau der Synagoge und gratulieren Ihnen herzlich zum gelungenen Werk. Dieser Bau ist nicht nur ein bemerkenswerter städtebaulicher Akzent und so ein Gewinn für unsere Stadt. Sie ist vor allem ein Ort der Gegenwart des Herrn in seinem Wort, der sich seine Gemeinde versammelt zum dankbaren Lobpreis, zur Stärkung im Glauben und zur Orientierung im Leben.

Es hat mich tief beeindruckt, als Sie gleichsam als offizielles Zeichen der Eröffnung der Synagoge die Thora-Rollen in den dafür vorgesehenen Schrein getragen haben. Sie haben die Rollen umarmt wie ein geliebtes Kind. Die Rollen sind gekrönt wie ein König, wie die Königin Ester. Welch ein Zeichen!

Wir leben in einer Zeit der Säkularisierung, die die Wirklichkeit Gottes und seines Wortes meint entbehren zu können. Viele unserer Zeitgenossen unterstellen eine Konkurrenz zwischen der Wirklichkeit des Herrn und der Freiheit des Menschen. Lassen Sie uns gemeinsam bezeugen, dass das Gegenteil wahr ist. Erst wo der Mensch den Herrn, baruch ha schem, anerkennt, groß sein lässt und aus ganzem Herzen liebt, wird er wirklich frei und selber groß. Mit dem Propheten Jeremia gesprochen: „Dein Wort war mir Glück und Herzensfreude“ (Jer 15,16). Oder mit einem Psalm-Wort, das sowohl der heilige Augustinus, Martin Buber und Papst Benedikt besonders lieben: „Dir nahe zu sein, das ist mein Glück“ (Ps 73,28).

In diesem Sinne wünsche ich der jüdischen Gemeinde Regensburg in ihrer neuen Synagoge immer wieder die Gewissheit seiner Nähe, und durch ihn Einheit und Frieden.

Todah rabah.


[1]„Ihr seid unsere bevorzugten Brüder und, so könnte man gewissermaßen sagen, unsere älteren Brüder“ (Papst Johannes Paul II. während seines Besuchs in der römischen Synagoge im Jahr 1986).



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