News Bild Gottesburg, Jerusalem, Thronsaal – Prof. Dr. Ludwig Mödl berichtete von Bewegungen hinter den Kunststilen

Gottesburg, Jerusalem, Thronsaal – Prof. Dr. Ludwig Mödl berichtete von Bewegungen hinter den Kunststilen

Home / News

Kunststile sind nicht einfach Spielereien, sondern sie drücken Lebensgefühl aus, mit dem religiöse und theologische Sehnsüchte in Verbindung stehen. Das hat Prof. Dr. Ludwig Mödl, Münchner Pastoraltheologe, am Montagabend bei einem Vortrag im Akademischen Forum Albertus Magnus gesagt. Das Thema des Vortrags lautete „Das Theologische hinter den Kunststilen“. Ort war – nachdem der Pfarrgarten von St. Emmeram kurzfristig überschwemmt worden war – die Wolfgangskrypta der Basilika.

Kunst, Volksfrömmigkeit und Predigt sowie geistliches Leben sind die Forschungsschwerpunkte des praktischen Theologen Mödl, der derzeit als Alterskaplan in München wirkt und in der Vergangenheit in Luzern, Eichstätt sowie an der Ludwig-Maximilians-Universität in der bayerischen Landeshauptstadt tätig war. In Regensburg nun zeigte Prof. Mödl die hinter den Kunststilen wirkenden theologischen Prozesse und Strömungen auf. Insbesondere wurden diese Stile im Kirchenbau sowie in der kirchlichen Kunst entwickelt, von wo aus sie strahlten und uns bis heute häufig vor Augen stehen. Die Ausführungen Ludwig Mödls waren hilfreich, den tieferen Sinn der Kunststile in und an den Bauten zu erkennen.

In der Romanik wurden die Kirchen als Gottesburgen entworfen, die gegen das Böse stehen. Ludwig Mödl: „Das Gottwidrige musste draußen bleiben.“ Der auferstandene Christus nimmt unser Leben in die Ewigkeit hinein, damit es im Reich Gottes verwandelt werden kann. Ausfluss des geänderten Lebensgefühls war ab dem 12. Jahrhundert die Gotik: und mit ihr die Schöpfungen der Kathedrale als Abbild des himmlischen Jerusalem. Durch die Glasfenster wird die Kathedrale zur Welt draußen durchlässig. Alles weist im Sinne des Zeichens darauf hin, dass Gott in der Schöpfung ist, allerdings auch darauf, dass es die Grausamkeit des Leidens in der Kreuzigung Christi gibt. Die Frömmigkeit der Anbetung ist ebenfalls hier verortet. Insgesamt ist der gotische Kirchenraum der mystische Kirchenraum für den Gott, der ins Menschliche gekommen ist.

Die Renaissance rückt zwar den Menschen weiter ins Zentrum, ist aber nicht vom religiösen Thema gelöst. Jedoch werden alle Überzeugungen hinterfragt, nachdem sich die Sicht auf die Welt geweitet hat. Der Raum der Kultur, den Renaissance-Bauten unter Bezugnahme auf antike Vorbilder öffnen, soll die Anwesenheit des Reiches Gottes spiegeln. Dieses Konzept erweitert das Barock durch die Zugaben von Bewegung, Licht und Farbe, allerdings in der steten Spannung aus endlich und unendlich. Gleichzeitig entstehen, durch das Konzil von Trient (1545-1563) motiviert, Inszenierungen religiöser Identität. Kirchenräume wirken daher wie der Thronsaal Gottes.

Die weiteren Entwicklungen spiegeln, im Gegensatz zu den jeweils reformorientierten Änderungsprozessen bis dahin, rationale wie auch gefühlsbezogene Erkenntnismodelle. Auf Johann Michael Sailers Einfluss geht die Stärkung der Vorstellung zurück, alle Wirklichkeit sei organisch geprägt. Die Tübinger Schule fügt die Idee der Geschichte hinzu. Die Tendenz geht dahin, sich des eigenen Handelns zu versichern. Ganz in diesem Sinne erfolgen Rückgriffe auf frühere Stilepochen, die allerdings durchaus weiterentwickelt werden. Der Jugendstil überwindet den Historismus und lässt die Natur zu Dekor werden. Funktionalismen erhalten schließlich Einzug, die bis heute wirken.

Zuvor hatte Prof. Dr. Sigmund Bonk, Direktor des Akademischen Forums, auf verblüffende Zusammenhänge verwiesen: dass nämlich beim gotischen Kirchenbau das Verhältnis der Zahlen 3 und 4 zueinander eine maßgebliche Rolle spielen. Prof. Bonk zog keine geringere Linie als die von Otloh von St. Emmeram über Bernhard von Clairvaux bis hin zur Gotik, die von Bernhard maßgeblich geprägt wurde. So findet sich ein Stück der Entstehungsgeschichte der Gotik selbst im berühmten Benediktinerkloster St. Emmeram. Und hierselbst fand die Einführung in die Welt hinter den Baustilen statt.



Nachrichten