Gedenkstunde am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz
(pdr) In einer gemeinsamen Gedenkstunde haben die Christen und Juden der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. In der Regensburger Dominikanerkirche versammelten sich am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz über 300 Menschen. Nach der Gedenkstunde zündete Bischof Gerhard Ludwig eine Friedenskerze an, die von Pfadfinderinnen der Pfarrei St. Wolfgang in einem Schweigemarsch durch die Regensburger Innenstadt zur Synagoge getragen wurde.
In seinen Worten des Gedenkens unterstrich Bischof Gerhard Ludwig die diabolische Dimension der nationalsozialistischen Ideologie. „Das Ungeheuerliche besteht darin, dass Hitler und seine Schergen den Juden das Menschsein überhaupt aberkannten. Das ergibt sich aus der Terminologie von Ungeziefer und Schädlingen, die schon den Ausrottungswillen verrät. Die Mörder rechtfertigten ihre sadistischen Schandtaten mit der Meinung, sie täten der Menschheit etwas Gutes“. Dies, so der Regensburger Bischof, sei genau die biblische Definition des Bösen und Satanischen. „Der Teufel verkleidet sich als Lichtengel. Der Satan ist Lügner und Mörder von Anbeginn. Lüge und Mord waren die Kennzeichen des Naziterrors. Wahrheit und Leben, die von Gott her kommen, waren die Feinde, denen das diabolische Regime bedingungslos den Kampf ansagte“.
Der Bischof mahnte, in Erinnerung und Gedenken müssten heute alle politischen und juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um „menschenverachtenden Agitationen den Boden zu entziehen. Angesichts des Naziterrors schämen wir uns nicht nur für neonazistische Umtriebe. Wir fordern auch, dass solchen Leuten der Auftritt in den Parlamenten, auf der Straße und im Internet verwehrt wird, weil auch die Leugnung und die Verharmlosung von Auschwitz schon kriminell sind und neuen Verbrechen den Weg bereiten. Als gläubige Juden und Christen müssen wir tapfer die Botschaft von der gottgegebenen, unveräußerlichen Menschenwürde bezeugen und auch irregeleitete Jugendliche und Erwachsene auf den Weg der mitmenschlichen Solidarität zurückführen“.
Den Kampf ums Dasein, so der Bischof weiter, den Hitler als das vermeintliche Grundgesetz allen Lebens ausgemacht habe, „führen wir nicht gegeneinander, sondern miteinander gegen die Armut, die Krankheiten, die Naturkatastrophen. Für den gläubigen Menschen gibt es ein anderes Grundgesetz: Es ist Gottes Gebot der Liebe. Ein Schriftgelehrter fragte einst Jesus nach dem größten und wichtigsten Gebot. Und Jesus antwortete mit den Worten aus der Heiligen Schrift, die uns Christen und Juden gemeinsam ist: Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr: Darum sollst du den Herrn, deinen Gott lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinen Gedanken und mit all deiner Kraft. Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mk 12,29ff).