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Gedanken anlässlich der Europa-Etappe der Weltsynode in Prag

Wo bleibt die Kraft des Evangeliums?

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Regensburg, 23. Februar 2023.

Kürzlich hat in Prag die Europa-Etappe der Weltsynode stattgefunden. Papst Franziskus hatte die Weltsynode angestoßen. Es sind Unterschiede in Standpunkten bei Themen wie der Sexualität sichtbar geworden. Nicht zuletzt in Deutschland werden sie diskutiert.

Zu der Frage, wie es mit den Ergebnissen der Synode weitergeht, hieß es, der vorläufige Entwurf eines Abschlussdokuments soll weiter redaktionell bearbeitet werden. Wie andere kirchliche Dokumente auch, wird dieses in vielen Punkten ein Dokument des Kompromisses sein. Und wie so oft hören sich Aussagen von Teilnehmern über den bisherigen Stand des Dokuments bzw. über die Etappe sprachlich derart vorsichtig an, um das Wort „uneigentlich“ oder gar „lavierend“ zu vermeiden, dass sich die Frage stellt: Wo bleibt die Kraft des Evangeliums, die jeden rettet, der glaubt, wie der Apostel Paulus an die Römerinnen und Römer schreibt? Diese Frage kann etwa Bischofskonferenzvorsitzendem Georg Bätzing ehrlich gestellt werden. Ehrlich - das bedeutet hier, dass ich wiederholt überlege, wie verschiedene Auffassungen zu wichtigen Fragen der kirchlichen Lehre formuliert werden können, ohne ihnen die innere Substanz zu nehmen. Manche sagen, die Lösung liegt darin, die Lehre der Kirche schlicht zu verkünden. Andere behaupten, die Lösung läge darin, die Lehre weiterzuentwickeln (wobei angelegentlich die Tendenz auffällt, das Gegenteil des Bisherigen anzustreben). 

Der Wille, als Volk Gottes vorwärtszugehen

Bei aller mühsamen Lesbarkeit diplomatisch gehaltener Aussagen über sich entwickelnde Kompromissdokumente ist diese Mühe ein Ausdruck von Geduld, die alle oder mindestens viele Gläubige mitnehmen möchte. Tatsächlich ist es so, dass unsere Kirche keine Kommandokirche ist, wie Kritiker, auch intern, ihr vorzuhalten pflegen. Eine solche Sprache, wie sie Bischof Bätzing spricht, drückt gewiss den Willen aus, als Volk Gottes vorwärtszugehen. Bischof Bätzing sagt zum Beispiel: „Wir brauchen eine neue Hermeneutik des Katholischen, in der Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten unter einem Dach ihren Ort haben und leben dürfen.“ Zu fragen ist, ob damit, sprachlich vorgezeichnet, nicht von der Einheit im Glauben oder sogar von der Einheit des Glaubens Abschied genommen wird. In zentralen Aussagen Verschiedenheiten zu offenbaren läuft der christlichen Einheit entgegen. Ich finde es schade, wenn andere Christen etwas grundlegend anderes glauben als Christen glauben. Manche Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils sind zwar auch Dokumente des Kompromisses. Aber das Zweite Vatikanische Konzil ist uns in seinen Aussagen Richtschnur für die Lehre der Kirche. Daran sollten wir uns halten.

Sprache und Wohlwollen und das Herz

Faktisch sind alle im Wunsch vereint, Kirche zu sein. Jedenfalls dürfen wir das hoffen. Vergessen wir nicht, dass die Kirche auch Teil der Kirche ist, die die Zeiten überdauert, vorher war, sein wird und im Himmel existiert. Weder Papst noch Synode können feste Aussagen des Glaubens ändern. So wird der Glaube zur echten Herausforderung. Von der ansprechenden eigenen persönlichen Lebensgestaltung, um anderen ein Vorbild zu sein, ist dann allerdings noch gar nicht gesprochen. Dass es schön wäre, wenn innerhalb des pilgernden Volkes Gottes und damit in der Kirche auf Erden Ehrlichkeit und Gerechtigkeit herrschten, braucht gar nicht erst erwähnt zu werden. Sie fangen im Kleinen an: in der Sprache, im Wohlwollen und auch im Kummer bzw. Kümmern, wenn anderen die Herzen gebrochen werden. Und in der Ehrlichkeit in allen Dingen.

Prof. Dr. Veit Neumann, Bild: che (Autor), https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Vltava_in_Prague.jpg



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