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Festveranstaltung für Johann Gregor Mendel

Warum Naturwissenschaft und Schöpfungsglaube vereinbar sind

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Regensburg, 13. September 2022

Viele Aktionen und Veranstaltungen in Tschechien und Deutschland würdigen heuer den 200. Geburtstag Johann Gregor Mendels, Gründers der Vererbungslehre. Mit einer Festveranstaltung „200 Jahre Gregor Johann Mendel (1822 – 1884)“, der ca. 70 Gäste beiwohnten, beging auch die Sudetendeutsche Landsmannschaft dieses Jubiläum im Festsaal des Bezirks Oberpfalz in Regensburg. Dabei sollte besonders die theologische, naturwissenschaftliche und kulturhistorische Perspektive Mendels beleuchtet werden. Einen der drei Vorträge - „Gregor Johann Mendel: Zeuge für den Einklang von Schöpfungsglauben und Naturwissenschaft“ - hielt Bischof Rudolf Voderholzer.

Miteinander von Naturwissenschaft und Schöpfungsglaube

Das Verhältnis von Religion und Wissenschaft beleuchtete Bischof Voderholzer. Der Oberhirte sieht den „Vater der Genetik“ in einer langen Reihe gläubiger Christen, die in unterschiedlichen Forschungsbereichen Bedeutendes geleistet haben: Albertus Magnus (1260 bis 1262 Bischof von Regensburg) war naturwissenschaftlich tätig und versuchte, das naturphilosophische Denken des Aristoteles mit dem christlichen Glauben in Einklang zu bringen. Nikolaus Kopernikus war Astronom und Arzt und widmete sich auch der Mathematik und Kartographie. Ähnlich Johannes Kepler, der sich als Astronom, Physiker, Mathematiker und Naturphilosoph betätigte. Papst Gregor XIII. führte den neuen nach ihm benannten Kalender ein. Der belgische Priester Georges Edouard Lemaître war auch Astrophysiker und gilt als Begründer der Urknalltheorie. Und der Franzose Louis Pasteur – ein bekennender Weltchrist und Zeitgenosse Mendels - schuf grundlegende Fakten in der Bakteriologie sowie im Impfwesen.

„Bis ins frühe 17. Jahrhundert war eine Diskrepanz von Naturwissenschaft und Schöpfungsglaube undenkbar“, betonte Bischof Voderholzer und verwies in diesem Kontext auf den auch aus der Bibel bekannten Begriff „Logos“ („Wort“), der sich als Wortteil bis heute in Wissenschaften (z.B. Biologie, Astrologie) findet. So zeigt auch die Schöpfungsgeschichte die Gestirne, vor allem Sonne und Mond, als Instrumente zur Strukturierung der Zeit. All diese Gelehrten stehen, so Bischof Voderholzer für ein Miteinander von Naturwissenschaft und Schöpfungsglaube. Auch Gregor Johann Mendels Forschungstätigkeit bestand darin, „dem Schöpfer auf die Spur zu kommen“. Besorgt zeigte sich der Bischof am Ende seines Vortrags darüber, dass in jüngster Zeit die Biologie an den Rand gedrückt wird und Vorträge, die vermitteln, dass es nur zwei Geschlechter – männlich und weiblich – gibt, be- und verhindert werden. Namentlich nannte er die Biologin Prof. Dr. Christiane Nüsslein-Volhard, die – auch im Sinne und in der Nachfolge Mendels – immer wieder die Zweigeschlechtlichkeit der Säugetiere betont und deshalb häufig angegriffen wird. Heuer hat sie übrigens die Gregor-Mendel-Medaille der Leopoldina erhalten. Für Mendel wie auch die heute in seiner Tradition tätigen Biologen gilt, so der Bischof abschließend, „der Mut, der Wahrheit die Ehre zu geben.“

Die Referenten mit dem Bezirkstagspräsidenten und dem SL-Landesvorsitzenden. Von links: Prof. Dr. Ulf Broßmann, Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, SL-Landesobmann Steffen Hörtler, Prof. Dr. Widmar Tanner, Prof. Dr. Günter J. Krejs, Bezirkstagspräsident Franz Löffler.

Die Referenten mit dem Bezirkstagspräsidenten und dem SL-Landesvorsitzenden. Von links: Prof. Dr. Ulf Broßmann, Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, SL-Landesobmann Steffen Hörtler, Prof. Dr. Widmar Tanner, Prof. Dr. Günter J. Krejs, Bezirkstagspräsident Franz Löffler.

Als Lehrer glücklos, dafür Begründer der Genetik

Unter dem Titel „Gregor Johann Mendel. Vom einfachen Bauernjungen zum forschenden Mönch, Prälaten und Abt“ zeichnete Prof. Dr. Ulf Broßmann, der Bundeskulturreferent der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Mendels Leben und Wirken nach, das am 20. Juli 1822 in Heinzendorf im Kuhländchen begann. Im Jahr 1843 trat er ins Augustinerkloster St. Thomas in Alt-Brünn ein und nahm den Mönchsnamen Gregorius an. Nach dem Studium der Theologie sowie der alten Sprachen, Landwirtschaft, Obst- und Weinanbau erhielt er 1847 die Priesterweihe. Glücklos war er danach in seiner Tätigkeit als Lehrer, weshalb er sich ab 1856 intensiv den systematischen Versuchsreihen für Vererbungslehre (Kreuzung von Erbsen) widmete, die aber vom Ausschuss des Naturforschenden Vereins Brünn nicht anerkannt wurden. Anerkennung fand er jedoch bei seinen Ordensbrüdern, so dass er sich auch anderen Forschungsfeldern (Bienen, Obstbäume, Wetterbeobachtungen usw.) widmen konnte. Mit der Wahl zum Abt Ende März 1868 musste Mendel diese Tätigkeiten hintanstellen. Am 6. Januar 1884 starb er. „Zu Lebzeiten sind seine Forschungsergebnisse nicht anerkannt worden, erst ab ca. 1900 gibt es Bestätigungen von Mendels Arbeiten“, fasste Broßmann zusammen. Er betonte Mendels Bedeutung gleichermaßen für Glauben, Kultur und Wissenschaft – und darüber hinaus seine Toleranz, so dass er bis heute als Brückenbauer zwischen Deutschen und Tschechen sowie als Beispiel für Verständigung und Versöhnung und „größter Sohn des Kuhländchens“ betrachtet werden kann.

Heutige mRNA-Impfstoffe ohne Mendel undenkbar

Die Rezeption von Mendels Forschung stellte Prof. Dr. Widmar Tanner, Emeritus für Zellbiologie und Pflanzenphysiologie an der Universität Regensburg, in seinem Vortrag zum Thema „200 Jahre Johann Gregor Mendel: die von ihm gelegten Grundlagen und die moderne genetische Forschung“ vor. Kurz vor seinem Tod schrieb Mendel 1883: „Mir haben meine wissenschaftlichen Arbeiten viel Befriedigung gebracht, und ich bin überzeugt, dass es nicht lange dauern wird, da die ganze Welt die Ergebnisse dieser Arbeit anerkennen wird“. Ein Zeitgenosse Mendels, der Schweizer Mediziner Friedrich Miescher, hatte 1868 im Zellkern einen neuen Stoff, das Nuklein (Nukleinsäure/DNA), entdeckt. Um 1900 wurden seine Forschungen wiederentdeckt und weiterentwickelt. Einige Meilensteine nannte Tanner: 1944 Oswald Avery – DNS (Desoxyribo-Nuklein-Säure), Anfang 1950er Jahre Rosalind Elsie Franklin – Doppelhelixform der DNS, 1953 James Watson und Francis Crick – DNA-Modell. Als jüngsten Aspekt nannte der emeritierte Lehrstuhlinhaber die mRNA (messenger-RNA), d.h. Boten-Ribonukleinsäure. Bei den Corona-Impfstoffen haben bekanntlich die neu entwickelten mRNA-Impfstoffe bisher dominiert.

Die acht Sänger des Renner Ensembles umrahmten die Veranstaltung mit Liedern von Pavel Křížkovský.

Die acht Sänger des Renner Ensembles umrahmten die Veranstaltung mit Liedern von Pavel Křížkovský.

Lieder eines Ordensbruders Mendels zur Umrahmung

Grußworte sprachen der Chamer Landrat und Bezirkstagspräsident Franz Löffler, Dr. Andreas Wehrmeyer, Direktor des Sudetendeutschen Musikinstituts, und Prof. Dr. Günter J. Krejs, der Präsident der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaft und Künste. Mit Bezirkstagspräsident Löffler traf sich Bischof Voderholzer am Rande der Veranstaltung zum Gedankenaustausch. Acht Sänger des Renner Ensembles umrahmten die Festveranstaltung mit drei Liedern für Männerchor von Pavel Křížkovský, einem Ordensbruder Mendels. Mitbeteiligt an der Veranstaltung waren neben dem Bundesverband der Sudetendeutschen Landsmannschaft das Sudetendeutsche Musikinstitut, die Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaft und Künste sowie die Heimatpflege der Sudetendeutschen.

Text und Fotos: Markus Bauer/jas

Der Regensburger Diözesanbischof Dr. Rudolf Voderholzer im Gespräch mit Bezirkstagspräsident Franz Löffler.

Der Regensburger Diözesanbischof Dr. Rudolf Voderholzer im Gespräch mit Bezirkstagspräsident Franz Löffler.



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