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Fachtagung von Caritas und Maltesern zum Thema „assistierter Suizid“

In zugewandter Kommunikation Lebensperspektiven eröffnen

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Bayern/Regensburg, 9. November 2023

Tötung auf Verlangen oder begleitetes Sterben? Die Möglichkeit eines assistierten Suizids wird von vielen lebensmüden Menschen in Betracht gezogen. In Belgien wie in Deutschland wird Tötung auf Verlangen bzw. assistierter Suizid aufgrund des individuellen Autonomieanspruchs von der Gesellschaft vielfach positiv gesehen. Dagegen wird in der öffentlichen Diskussion die Rolle der Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte bei Suizidassistenz fast gar nicht beachtet. Bei dem Fachtag in der Katholischen Akademie für Pflege- und Sozialberufe Regensburg ermöglichten belgische Kollegen aus Pflege und Rechtswissenschaft den 75 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Einblick in eine Gesellschaft und ihr Gesundheitssystem, das bereits 20 Jahre Erfahrung mit einer gesetzlichen Regelung für Tötung auf Verlangen als Leistung des Gesundheitssystems hat.

Der belgische Krankenpfleger François Trufin berichtete eindrucksvoll von seinen Erfahrungen im Umfeld mit Tötung auf Verlangen: „Ich kenne Ärzte mit langer Berufserfahrung, die mir erzählten, dass sie manchmal im Traum die Gesichter der Menschen, die durch ihre Handlung getötet wurden, vor sich sehen. Die Ärzte haben in ihrer professionellen Rolle gehandelt und den Anspruch der Sterbewilligen erfüllt, doch als Menschen tragen sie enorme psychische Belastungen mit sich.“ Jan Philipp Gerhartz vom Malteser Hilfsdienst betont: „Wir brauchen in unseren Einrichtungen einen ehrlichen Umgang mit Todeswünschen, denn viele betagte Menschen haben das Bedürfnis, über ihr Lebensende und den Tod zu sprechen. Es ist unsere Aufgabe als Träger, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut zu schulen und zu begleiten, wenn sich ein Mensch mit seinen Nöten ihnen anvertraut.“ Denn Trufin berichtet auch von Patienten, hinter deren Todeswunsch ein bisher unausgesprochener Wunsch steht, als Mensch gesehen zu werden.

Am Nachmittag stellten verschiedene Träger aus Deutschland ihre Arbeitshilfen vor, die sie Pflegekräften und Hospizdiensten für die Begegnung mit Menschen mit Todeswünschen zur Verfügung stellen. Anna Pabst, Referentin für Hospiz und Palliativversorgung beim Landes-Caritasverband Bayern, zeigte sich erfreut, wie gut die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die gemachten Erfahrungen und vorgestellten Konzepte in den Austausch kamen: „Es ist uns gelungen, durch den Fachtag heute die Sprachfähigkeit zum Thema Suizidassistenz einzuüben. Das Thema und der gesellschaftliche Wandel, der damit einhergeht, werden uns aber auf Dauer beschäftigen. Wir als Caritas und Malteser nehmen die Sorgen der Menschen, die in unseren Einrichtungen leben und arbeiten, ernst. Das Wichtigste ist, miteinander im Gespräch zu sein und in einer Haltung der Offenheit und des Zuhörens verstehen zu lernen.“
 

Bischof Voderholzer: Einen geschützten Raum für das Leben anbieten

2020 hatte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Die Sterbehilfe in Deutschland soll gesetzlich neu geregelt werden. Dies steht noch aus. Bischof Rudolf Voderholzer sieht bei einer Enttabuisierung des assistierten Suizids und bei fehlender gesetzlicher Schranken die Gefahr, dass die angestrebte und erhoffte Selbstbestimmung des Menschen schnell umschlagen könne in eine knallharte Fremdbestimmung. Der Druck auf unheilbar kranke Menschen würde sich ungeheuer erhöhen, „nun von dieser Möglichkeit doch auch bitte Gebrauch zu machen, zumal angesichts hoher Kosten und eines Fachkräftemangels im Pflegebereich“, befürchtet Bischof Rudolf. Er fordert: „Katholische Einrichtungen müssen Inseln der Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens bleiben.“

Gemeinsam mit der Bundesleitung des Malteserhilfsdienstes nahm Bischof Rudolf Voderholzer im Juni 2023 angesichts der öffentlichen Debatte Stellung: Nicht nur die Mitwirkung, sondern auch die Duldung von Suizidassistenz in katholischen Einrichtungen und Diensten müssten ausgeschlossen sein. Bei einer gesetzlichen Regelung müsse es eine „institutionelle Schutzraumklausel geben, die es allen Trägern auf der Grundlage eines Lebensschutzkonzeptes ermöglicht, nicht nur die Mitwirkung, sondern auch die Duldung des assistierten Suizids in ihren Einrichtungen auszuschließen.“

Gemeinsames Ziel aller katholischen Träger und Einrichtungen sei es, auf Basis ihres Glaubens den versorgten und begleiteten Menschen, insbesondere einsamen, schwachen und kranken Personen, einen geschützten Raum für das Leben anzubieten und zudem in der Gesellschaft für den Schutz des menschlichen Lebens einzutreten. „Eine solche Kultur der Lebensbejahung will Menschen in Krisen Lebensperspektiven eröffnen. Wir brauchen eine offene, zugewandte und respektvolle Kommunikation, eine seelsorgliche Begleitung, einen Ausbau von suizidpräventiven Angeboten und Strukturen sowie eine Sensibilisierung, Qualifizierung und Unterstützung der Mitarbeitenden.“

Hier die Stellungnahme des Bischofs und der Bundesleitung des Malteserhilfsdienstes im Wortlaut:
Forderung einer Schutzraumklausel für kirchliche Einrichtungen


Text zur Fachtagung: Landes-Caritasverband Bayern e. V./ Malteser Hilfsdienst e.V.  

(Maria König)

 



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