News Bild Experten sprechen über die Weitergabe der Verantwortung im Verein
Experten sprechen über die Weitergabe der Verantwortung im Verein

Gelegenheit zum Führen geben

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Regensburg, 20. Juni 2023.

Manche Vereine, auch in der Kirche oder in ihrem Umfeld, leiden darunter, dass die Weitergabe von Führungs- und Leitungsverantwortung nicht rechtzeitig bedacht ist. Dr. Jean Rutherford-Ritzke und Herr Karl Ritzke haben sich zu dem Thema weiterreichende Gedanken gemacht. Sie sprechen darüber im Interview.

Welche Bedeutung hat die Weitergabe von Leitungsverantwortung in Vereinen und Verbänden aus Eurer Sicht?

Viele Vereine und Gemeinschaften, auch kirchliche, leiden unter dem Problem, dass sie veralten und schrumpfen, wenn ältere Mitglieder langsam aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr aktiv mitmachen können oder gar wegsterben. Vereinsvorständen leiden auch unter eine gewissen Tendenz zu einer nostalgischen Rückbesinnung und hören zu wenig auf Jüngere mit neuen Ideen.  Nach einer Zeit interessieren sich Junge nicht mehr für sie. Daher ist für das Weiterleben des Vereins oder der Organisation die Übergabe an Jüngere lebensnotwendig. 

Wie seid Ihr diesem Thema begegnet?

Schon vor einigen Jahren (2014) haben wir dieses Thema im Rahmen unseres Vereins, die Ackermann-Gemeinde Regensburg angeregt und eine Sitzung mit der Jungen Aktion, einem Zweig der Ackermann-Gemeinde, über diese Fragestellung abgehalten und deren Ideen gessammelt. Vor mehreren Jahren (2018) hat das Diözesankomittee Regensburg auch ein Seminar mit Heinrich Wullhorst veranstaltet mit dem Titel „Kerzenstummel oder Leuchttürme: Über das Altern von Vereinen“. Auch dort war die These: Wachsen oder aber absterben von Vereinen? Es gibt dazu ein gleichnamiges Buch des Autors. 

Und wie geht Ihr damit um?

Wir haben uns erst erkundigt, wie man jüngere Mitglieder gewinnt. Was spricht sie an? Wie muss die Werbung für Veranstaltungen aussehen? Inwieweit interessieren sich Jüngere für das Thema „Bayern und Böhmen im Grenzgebiet“, um ein Beispiel zu nennen? Wir haben uns bemüht, jüngere Menschen mit Interesse an Tschechien für den Vorstand zu gewinnen, und zwar aus unserem Kontaktkreis (weitere Vernetzung). Nachdem zumindest ein jüngeres Vorstandsmitglied gewonnen werden konnte, haben wir es ermutigt, weitere Personen in seinem Alter zu gewinnen.  Wie Sie aus dem Foto ersehen werden kann, haben wir jetzt eine gesunde Mischung der Generationen im Vorstand. Wir setzen uns immer noch mit der Frage auseinander, nun weitere jüngere Mitglieder im Verein zu gewinnen, z.B. durch aktuelle Literaturlesungen, Medienarbeit, und nun (neu im kommenden Jahr 2024) Zusammenarbeit mit der Jungen Aktion und auch mit jungen Familien mit Kindern. 

Was könnt Ihr anderen Betroffenen raten?

Zunächst Informiere man sich über Generation X, Y und Z: Was mögen sie, was ist ihnen wichtig, wie kann man sie gewinnen oder ihr Interesse ansprechen? Dazu gehören ganz sicher die digitalen Medien und Social Media. Als nächstes sichten Sie Ihre Möglichkeiten, Kontaktnetzwerke anzuknüpfen. Überlegen Sie, welche Jüngeren in Ihrem Kontaktfeld (z.B. Familienmitglieder des Vorstands oder der Mitglieder) miteinbezogen werden könnten. Wie könnten Sie Ihre Veranstaltungen intergenerationell gestalten? Konsultieren Sie Jüngere, vielleicht auch als Referent für den Vorstand. Sehr hilfreich sind kirchliche Organisationen wie die KEB, Pfadfinder, die Vereinsakademie und professionelle Konsultanten. Kooperationen mit Organisationen, die aus jüngeren Mitgliedern bestehen, können auch sehr nützlich sein. Zur gleichen Zeit aber darf man die älteren Mitglieder nicht aus den Augen verlieren. 

Wie können mit Blick auf den Wechsel alle Beteiligten zufriedenstellend kooperieren? Schließlich gibt es ja manchmal auch Wettbewerbssituationen: Wer es besser kann, soll es machen!

Hier gelten christliche Werte! Kooperation statt Konkurrenz, Frieden und Freundschaft statt Konfrontation und Profilierung einzelner. Was sehr gut bei uns gewirkt hat, sind die Prinzipien Teamarbeit, Subsidiarität bei einzelnen Projekten, auch auf die Jungen hören und ihnen Gelegenheit zum Führen geben, auch Kompetenzen nicht für sich behalten, sondern weitervermitteln. Vor allem hören können. Unsere Maximen lauten: „Dem Alten verbunden, mit Blick auf die Zukunft“, vom Führungskreis zum Leitungsteam werden. 

Fragen: Prof. Dr. Veit Neumann

Bilder: Dr. Ritzke-Rutherford
 



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