"Es geht um die Würde des Menschen" - Bischof Rudolf Voderholzer über Moral in der Wirtschaft
Bei einem Wirtschaftsempfang in Altötting sprach Bischof Dr. Rudolf Voderholzer über das Thema „Kirche und Wirtschaft – Zwei sich fremde Welten?“ Trotz vieler Gesprächsanfragen aus dem Teilnehmerkreis nahm er sich die Zeit für ein Interview mit dem Newsletter der IHK München und Oberbayern, "Wirtschaft Aktuell". Er plädiert für eine neue Ethik-Partnerschaft von Kirche und Wirtschaft.
Die Fragen stellten für die IHK Gerti Oswalt und Martin Armbruster.
Sie plädieren dafür, den Sonntag sinnvoll zu nutzen. Heißt das Smartphones abschalten?
Das wäre eine Art Fasten. Sicher auch eine Möglichkeit. Der Versuch, ohne die süchtig machenden digitalen Medien auszukommen. Ich weiß nicht, ob ich es am Sonntag ganz ohne Handy schaffen würde. Ich plädiere aber für ein vernünftiges Maß. Für unser Seelenheil wäre es gut, an diesem Tag mal nicht im Internet zu surfen – und dafür einen Spaziergang zu machen oder zu beten.
Wie wichtig sind sichere Arbeitsplätze für Familiengründungen?
Zahlen habe ich keine. Aber ich höre immer wieder: Junge Menschen verzichten auf Heirat und Familie, weil sie keine sicheren Arbeitsplätze haben. Natürlich brauchen wir heute mehr Flexibilität und Mobilität. Da wird mal ein Firmensitz oder die Produktion verlegt. Das ist alles sehr turbulent geworden. Aber man muss auch an die Familien denken. Wir standen in unserem Ordinariat selbst vor der Frage: Sollen wir Reinigungskräfte von der Zeitarbeit nehmen oder zu höheren Kosten dafür Leute fest einstellen? Wir haben uns für die Einstellung, die teure Variante, entschieden. Das hat sichere Arbeitsplätze geschaffen.
Werden Sie weiter für den Schutz des Sonntags werben?
Das Thema habe ich schon auf dem Katholikentag angesprochen. Dafür nutze ich jede Gelegenheit.
Für wie wichtig halten Sie das Thema Moral in der Wirtschaft?
Moral ist wichtig für das Zusammenleben überhaupt. Das gilt erst recht für die Wirtschaft. Menschen, auf die man sich nicht verlassen kann und deren Wort nichts gilt, die bringen nur Unheil über die Welt. Deswegen bin ich froh, dass es dieses Ideal des Ehrbaren Kaufmanns gibt. Da sehe ich ganze große Schnittmengen zwischen Kirche und Wirtschaft.
Wo sehen Sie diese Schnittmengen genau?
Das Wohl und die Würde des Menschen müssen im Mittelpunkt stehen. In der Wirtschaft geht es um den Ausgleich zwischen dem Eigeninteresse und dem Allgemeinwohl. Unternehmertum auf Basis der sozialen Marktwirtschaft tut sicher allen gut. Ein ungezügelter Kapitalismus wirkt schädlich. Gerade in den letzten Jahren hat sich doch klar gezeigt: Es gibt bewährte Prinzipien der Sozialethik, der sozialen Marktwirtschaft und der Nachhaltigkeit. Wenn wir uns daran halten, können wir neue Krisen verhindern. Dann werden sich Gesellschaft und Wirtschaft zum Wohle aller entwickeln.