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Entwicklung und Elemente der Liturgie, Teil 5

Die Heilige Messe: Gloria und Tagesgebet

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Regensburg, 09. Februar 2024

Nach der Eröffnung der Heiligen Messe, dem Schuldbekenntnis und den Kyrie-Rufen singt die Kirche an bestimmten Tagen das Gloria: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.“ Dieser Gesang stammt aus der alten Kirche. Ursprünglich war er im Stundengebet vorgesehen. Womöglich handelte es sich um einen Gesang, der in seiner Verwendung dem heutigen „Te Deum“ ähnlich ist. Auch das „Te Deum“ stammt aus dem Stundengebet, wird als „Großer Gott, wir loben dich“ aber zu vielfältigen kirchlichen Anlässen gesungen, ohne einen festen und verpflichtenden Ort in der Liturgie zu haben. So dürfte es sich auch bei Gloria verhalten haben, das irgendwann aber seinen Weg in die Messe fand. Der Papst und schließlich die Bischöfe sangen das Gloria – vielleicht zunächst nur an Weihnachten, dann aber auch an Sonntagen und Heiligenfesten. Die Priester durften das Gloria nur an Ostern singen, dann auch am Tag ihrer Primiz. Diese Unterscheidung zwischen Bischöfen und Priestern wurde im Mittelalter aufgegeben. Das Gloria wird in allen Sonntagsmessen, an Hochfesten und Festen gesungen – nur nicht im Advent und in der Fastenzeit.

 

Die „große Doxologie“

Der Hymnus beginnt mit einem Schriftzitat. „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens“, singen die Engel zur Geburt Jesu (Lk 2,14). In diesem Gesang verherrlicht die im Heiligen Geist versammelte Kirche den Vater und Christus als das Lamm Gottes und fleht um Erbarmen (Grundordnung des Römischen Messbuchs 53). Das Gloria wurde auch die „große Doxologie“ genannt. Während die „kleine Doxologie“ – „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist“ – zahlreiche liturgische Gebete wie etwa die Psalmen beendet, ist das Gloria als „große Doxologie“ der große Lobgesang Gottes und hat seinen Platz nur in der Feier der Heiligen Messe. Die versammelte Gemeinde preist den Gott, der sie versammelt hat. Wie sie schon im Kyrie um das Erbarmen Gottes gebeten hat, ruft sie abermals um Vergebung, wenn sie an Christus gerichtet spricht: „Du sitzest zur Rechten des Vaters; erbarme dich unser.“

 

Gloria oder Gloria-Lied?

Es ist erlaubt, das Gloria durch ein Gloria-Lied zu ersetzen. Von lateinischen Orchestermessen abgesehen, ist es weitläufig nicht mehr üblich, das Gloria-Gebet zu sprechen oder zu singen. An seiner Stelle werden die Gloria-Lieder bevorzugt, die manchmal Nachdichtungen des eigentlichen Hymnus darstellen, manchmal dessen Thematik eher frei aufgreifen. Das führt dazu, dass das eigentliche Gloria in vielen Gemeinden in seinem ursprünglichen Wortlaut gar nicht mehr gebetet wird. Eine Entwicklung, die man sicherlich auch bedauern darf.

 

Die „Kollekte“ oder auch das „Tagesgebet“

Nach dem Gloria folgt in jeder Messe das „Tagesgebet“, das der Priester nach der Aufforderung „Lasset uns beten“ spricht, und das vom Volk mit dem „Amen“-Ruf bekräftigt und bestätigt wird. Für dieses Gebet ist auch der Begriff „Kollekte“ üblich, der den Charakter des Gebetes ausdrückt: Das Gebet ist „collecta“ – eine Zusammenfassung des Gebets aller Gläubigen. Zwar spricht der Priester dieses Gebet allein; es ist aber nicht sein privates Gebet. Die Kollekte sammelt vielmehr das stille und unausgesprochene Gebet der versammelten Gemeinde und fasst es zusammen.

 

Gleiche und wechselhafte Teile der Messe

Der zweite Begriff für dieses Gebet unterstreicht einen anderen Aspekt: Es ist insofern ein „Tagesgebet“, als dieses Gebet ein besonderes, eigens zu diesem Tag passendes Gebet ist. Alle Sonntage, Hochfeste und Feste verfügen über ein eigenes Tagesgebet. Die Liturgie kennt hier also das geradezu entgegengesetzte Prinzip zu Kyrie und Gloria. Kyrie, Gloria, Sanctus und Agnus Dei haben immer den gleichen Wortlaut, sie werden weder angepasst noch verändert. Das gilt beispielsweise – mit Ausnahme einzelner Einschübe – auch für die Hochgebete. Andere Texte sind dagegen immer unterschiedlich, sie werden dem jeweiligen Tag entsprechend ausgesucht. Dazu gehören der Eröffnungsvers, aber auch das Tagesgebet, das Gabengebet und das Schlussgebet. Auf diese Weise verbindet die Liturgie der Kirche immer gleiche Texte mit solchen, die den jeweiligen Charakter des Tages betonen. Im Tagesgebet am Weihnachtstag bittet die Kirche beispielsweise: „Lass uns teilhaben an der Gottheit deines Sohnes, der unsere Menschennatur angenommen hat.“ Während also an Weihnachten das Geheimnis der Menschwerdung thematisiert wird, ist es am Ostersonntag jenes der Auferstehung, wenn es dort an Gott gerichtet heißt: „Am heutigen Tag hast du durch deinen Sohn den Tod besiegt.“

 

Reicher Schatz der Liturgie

Der Text dieser Gebete ist charakteristisch für die römische Liturgie. Die Sprache ist knapp und wirkt eher nüchtern. Gott wird beispielweise nicht mit überbordenden Attributen angesprochen. Oft heißt es schlicht: „Allmächtiger, ewiger Gott“, „Barmherziger Gott“ oder „Gott, unser Vater“. Die Tagesgebete atmen den Geist der Jahrhunderte. Unzählige Male wurden sie im Lauf der Zeit gebetet. Diesen reichen Schatz der Liturgie gilt es zu erschließen.

 

Mit dem Tagesgebet endet die Eröffnung der Heiligen Messe. Die Gemeinde hat sich im Namen Gottes versammelt. Sie hat im Kyrie um sein Erbarmen gerufen, im Gloria den Vater gepriesen und in der Kollekte ihre Gebete zum Vater gesandt. Sie ist bereit für den ersten Hauptteil der Messfeier: Den Wortgottesdienst.

Text: Benedikt Bögle (jf)

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