Eggenfelden / Regensburg, 4. April 2025
Ein besonderes Jubiläum feierte die Interdisziplinäre Frühförderstelle (IFS) Rottal-Inn: Seit 50 Jahren begleitet die Einrichtung der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF) Kinder und ihre Familien. „Mit der Frühförderstelle leistet die KJF einen unverzichtbaren Dienst für junge Menschen und damit einen wichtigen Dienst für Familien in der Region – und das auf dem Fundament des christlichen Menschbildes“, stellte der Vorsitzende der KJF Domkapitular Michael Dreßel in einer Andacht zum Auftakt der Jubiläumsfeier heraus. „Allen, die dazu beitragen, gilt mein besonderer Dank!“, so Dreßel weiter.
Die IFS unterstützt bei Auffälligkeiten im Verhalten, Regulations- und Bindungsstörungen, Problemen in der Sprachentwicklung, der motorischen Entwicklung, Konzentrationsmangel sowie bei bestehender oder drohender Behinderung – und das seit 50 Jahren in der Region Rottal-Inn. Wie wertvoll dieses Angebot für die Familien ist, zeigten die Beiträge der Festrednerinnen und Festredner. Ohne Unterstützer, Kooperationspartner und Förderer geht es indes nicht. So bedankte sich IFS-Leiterin Christine Dornberger-Uttendorfer herzlich bei allen, welche die IFS in fünf Jahrzehnten fachlich und mit Spenden unterstützten, allen voran die Aktionsgemeinschaft Kind in Not mit ihrem Vorsitzenden Josef Auer.
„Die Kolleginnen und Kollegen begleiten und fördern Kinder von Geburt an und stehen Familien bei, die sich um die Entwicklung ihrer Kinder sorgen. Für diesen wertvollen Beitrag danke ich Ihnen allen herzlich“, wendete sich KJF-Direktor Michael Eibl an die Leiterin der Frühförderstelle Christine Dornberger-Uttendorfer und ihr Team. „Mit ihrem ganzheitlichen Ansatz unterstützen sie die Kleinsten in ihrer Entwicklung und ermöglichen ihnen Teilhabe. In den vergangenen 50 Jahren haben Sie für unzählige junge Menschen die Grundlagen für ein selbstbestimmtes Leben gelegt. Darauf können alle, die daran mitgewirkt haben, sehr stolz sein“, so Eibl weiter. Für die Versorgung von Familien im Landkreis Rottal-Inn seien gerade die Frühen Hilfen für Kinder wichtig, denn „je früher, desto wirkungsvoller“, fügte Eibl hinzu.
Dass die IFS eine „stolze Bilanz“ ziehen kann, betonte auch Edeltraud Plattner, stellvertretende Landrätin, in ihrem Grußwort: „Für jedes Kind, das Probleme hat oder in einer Familie aufwächst, in der es Probleme gibt, ist wichtig, dass es nicht Teil einer Statistik oder eine Nummer ist, sondern es hat ein eigenes Schicksal mit einer eigenen Geschichte. Deshalb ist die Zahl der betreuten Kinder für mich zweitrangig, auch wenn es zweifellos sehr viele waren. Für mich ist es von größter Bedeutung, dass damals wie heute jedes Kind, das die Interdisziplinäre Frühförderung begleitete, ganz individuell betrachtet wurde und dass ihm ebenso individuell geholfen wurde. Diese Hilfe, abgestimmt auf die Bedürfnisse von Kindern und Familien, ist die große Leistung dieser Einrichtung.“
Regelmäßige Fortbildungen und Austausch mit den Kooperationspartnern
IFS-Leiterin Christine Dornberger-Uttendorfer ging auf die aktuellen Entwicklungen ein: „Um unsere Frühförderstelle stetig weiterzuentwickeln und den Bedürfnissen der Kinder, Eltern und Kindertagesstätten gerecht zu werden, organisieren wir regelmäßig gemeinsame Fortbildungen und Austauschtreffen mit den Kooperationspartnern sowie den Kinderarztpraxen. Zuletzt haben wir unser Angebot zu den Themen Late-Talker und Mobile Sonderpädagogische Hilfen erweitert. Dazu haben sich 50 Pädagoginnen und Pädagogen aus dem Landkreis angemeldet. Das alles wäre nicht möglich, ohne die engagierte Beteiligung und Unterstützung meiner Kolleginnen und Kollegen.“
Sehr herzlich bedankte sich Gabriele Frauscher, die Gesamtleiterin des Heilpädagogischen Zentrums Rottal-Inn, bei allen ehemaligen und aktuellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Frühförderstelle: „Sie leisten sehr engagierte und professionelle Arbeit, die immer an den Bedürfnissen der Familien ausgerichtet ist. Als Gesamtleiterin des Heilpädagogischen Zentrums erlebe ich die IFS als einen starken Teil unserer Einrichtung, den ich nicht missen möchte. Wir profitieren voneinander, sowohl fachlich als auch bei der langfristigen Bindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gemeinsam decken wir ein sehr breites Spektrum für die Unterstützung von jungen Menschen ab – von der Geburt bis zum 21. Lebensjahr.“
In ihrem Festvortrag „Das Selbstverständnis der Frühförderung: Lebenswelten neu denken“, ging Teresa Landwehrmann, Mitglied im Fachteam der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern, auf die Wechselwirkung zwischen Teilhabe und Frühförderung ein: „Die Frühförderung der Zukunft begründet sich über den Teilhabebedarf. Sie muss deshalb transparent darlegen, wie sie, ausgehend vom Entwicklungsstand, Teilhabechancen erhöhen kann. Eine hilfreiche Bewertung des Entwicklungsstandes muss daher das Kind und sein Potential erfassen. Dieser Entwicklungsraum entsteht zwischen dem Kind und seiner individuellen Lebenswelt. Daraus begründet sich das Selbstverständnis der Frühförderung als inklusive Schnittstellenarbeit, die Umwelt und Kind miteinander verbindet.“
Eine „Jahrhunderttat für Bayern“
Die Interdisziplinäre Frühförderstelle Rottal-Inn wurde 1975 durch die Aktionsgemeinschaft Kind in Not gegründet, zunächst als Pädagogische Frühförderung, ausgelegt für 15 Kinder. Federführend war Franz Randak, der damalige Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft. Ein Jahr später übernahm die KJF die Trägerschaft. Zum 25. Jubiläum blickte die Frühförderung im Landkreis Rottal-Inn bereits auf ein Vierteljahrhundert „Pionierarbeit“ zurück. Damals erfolgte die Behandlung und Förderung von 166 Kindern noch zum Großteil im Elternhaus, unter Einbeziehung der Mütter. Weitere ambulante Maßnahmen fanden in den eigens dafür geschaffenen Räumen statt. Franz Randak bezeichnete die Frühförderung als „Jahrhunderttat in Bayern“, die in Eggenfelden schon fünf Jahre vor der flächendeckenden Einführung im Freistaat begonnen habe.
2002 beteiligte sich die Frühförderstelle an der Woche für das Leben und organisierte ein Gesprächsforum, bei dem Eltern, deren Kinder in der IFS gefördert werden, einen emotionalen Appell für „mehr Akzeptanz und Wertschätzung von menschlicher Vielfalt“ an die Öffentlichkeit richteten. 2004 stand der Umzug ins Franz-Randak-Haus an, was die räumliche Situation der Einrichtung verbesserte, die inzwischen 140 Kinder betreute. Eine wichtige Überleitung in ein optimales Versorgungsmodell war der Bayerische Rahmenvertrag für Früherkennung und Frühförderung: Damit wurden heilpädagogische und medizinische Leistungen gebündelt und optimal aufeinander abgestimmt angeboten.
2007 entstanden zwei Außenstellen der IFS in Pfarrkirchen und Simbach, um die Angebote der IFS auch in der Fläche des Landkreises und für die Eltern möglichst wohnortnah verfügbar zu machen. Seit 2011 berät und unterstütz die Frühförderstelle auch Kindertagesstätten mit dem Integrativen Fachdienst, um sie beim Thema Inklusion zu unterstützen und Kindern mit erhöhtem Förderbedarf die Teilhabe am Kindergartenalltag zu ermöglichen. In den letzten Jahren haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IFS gezielt Elterngruppen und Eltern-Kind-Gruppen etabliert, die auf großes Interesse stoßen.
Die Frühförderstelle in Zahlen
Die Zahl der Kinder, die in der IFS gefördert werden, ist seit 2020 stark gestiegen, von 391 auf 673 im Jahr 2024. Besonders während der Corona-Pandemie war ein erhöhter Bedarf zu verzeichnen. Gleiches gilt für die offenen Beratungsangebote: Sie haben sich seit 2016 nahezu verdoppelt auf zuletzt 290. Entsprechend dazu ist die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf 40 gestiegen. Im Jahr 2024 erbrachten sie pro Woche über 900 Stunden Therapieleistungen in den Bereichen Psychologie (30), Heilpädagogik (682), Logopädie (83) und Ergotherapie (127). Zusätzlich arbeitet die Einrichtung mit externen Therapie-Praxen zusammen, um den Bedarf abzudecken. Von 1975 bis 2007 leitete Hana Hofmann die Frühförderstelle, Anneliese Weber führte die Einrichtung bis 2021. Seitdem ist Christine Dornberger-Uttendorfer im Amt.
Text: Sebastian Schmid, Christine Allgeyer
Fotos: Christine Allgeyer
(lg)